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Die Sonnenposition (German Edition)

Die Sonnenposition (German Edition)

Titel: Die Sonnenposition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Poschmann
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spannt, und mir gefielen Kühlerfiguren. Grundsätzlich aber interessierte ich mich für abwesende, für unauffindbare Automobile, ich interessierte mich hauptsächlich für ihre Abwesenheit.
    Auch Odilo interessierten sie nicht die Spur. Er kaufte sich in seinen letzten Jahren Neuwagen, er glaubte es seinem Status oder seiner Mutter schuldig zu sein, aber die Modelle begeisterten ihn nicht. Wir waren Dilettanten.
    Ich trat an den Parkplatzrand, dicht ans Gebüsch. Aus dem Gebüsch stiegen leuchtende Punkte, Glühwürmchen, die ich gerne berührt hätte. Ich versuchte, eins mit der Hand zu haschen, aber es gelang mir nicht, es zu fangen.
    Ich setzte mich ins Auto und konzentrierte mich auf dieeckigen Ziffern meiner Digitaluhr. Die Balken sprangen um und um und formierten sich zu immer neuen Zahlwerten, zu einem Schlag-auf-Schlag, zum Gang der Dinge.
    Ich stellte einen Fuß auf den anderen, saß in armseliger Verlegenheit wie als Junge, wenn die kleinen Mädchen, Freundinnen meiner Schwester, mich nicht mitspielen ließen.
    Ich war beleidigt, und ich war gern beleidigt. Ich suhlte mich in diesem Beleidigtsein.
    Ich wollte gar nicht, daß er wieder auftauchte, ich wollte ihn nicht entschuldigen, wollte mit böser Lust, daß er mir übel mitspielte, mich ausnutzte und überging. Je länger ich auf ihn wartete, desto strahlender wurde meine moralische Überlegenheit.
    Sorgen? Ich glaubte nicht, daß ihm etwas passiert war, nicht einmal, daß er sich verirrt hatte. Er war vielleicht abgelenkt worden. Es störte ihn nicht, mich warten zu lassen.
    Peinigend allenfalls: durch dieses Beleidigtsein eine Verbindung mühsam aufrechtzuerhalten, die von seiner Seite aus nicht existierte. Das Unverbindliche unserer Beziehung erinnerte mich an den Hall auf Klinikgängen, an die leeren Flure mit ihren Linoleumböden und der sachlichen Beleuchtung. Odilo versetzte mich, und es gab mir einen Vorgeschmack, wovon?
    Ich schaltete den Verkehrsfunk ein und lauschte dem Reden von Unfallstellen, Umleitungen, Krankenwagen und Stau, lauschte dem Knarzen und Knistern in einer Stimme, die davon unberührt blieb.
    Fast wünschte ich, daß ihm etwas passiert wäre, damit nicht alles auf die Mißachtung meiner Person hinausliefe, aber dann wünschte ich wieder, es sei ihm nichts passiert, und zwar nicht, damit ihm eben nichts passiert war, sondern damit ich ihn ins Unrecht setzen konnte und mich, beleidigt, ins Recht.
    Auf einmal war ich überzeugt, daß er bereits seit einer gewissen Zeit alleine Erlkönige jagte. Daß er regelmäßig in den Wald fuhr. Ohne mich zu fragen, ohne mich einzuladen.
    Daß er es vor mir verheimlichte, um mich zu übertreffen.
    Odilo gelang es letztendlich besser, sich unauffällig zu bewegen. Ich, mit einer gewissen Leibesfülle begabt, produzierte hier und da Geräusche, trat im Wald auf ächzende Ästchen und ließ Zweige hinter mir peitschend zurückschnellen. Odilo trat kaum in Erscheinung. Dennoch dachte ich, daß sein Erfolg gering sein mußte, da er den falschen Spuren folgte. Er ließ sich hinreißen von einem windigen Huschen, dem Schwanken eines Busches, vom Licht, das sich veränderte, zu Schatten wurde, Schatten, der über einen umgestürzten Baumstamm glitt. All das nahm er als Fingerzeig. Blütenstaub, im Rinnstein zu gelben Striemen geweht. Staub überhaupt. Baustellenstaub, Schuttladungen am Waldrand. Schallschutzbüsche.
    Draußen ging der Tag zu Ende, Stille senkte sich herab, Wind kam auf.
    Ich klopfte im Kampf gegen das knackende Radio den Walkürenritt auf das Armaturenbrett und wartete, daß sich aus der Weite des Parkplatzes eine Gestalt formte.
    Stellte mir vor, wie er durch die anbrechende Nacht ging, von der Gruppe, also von mir, abgesondert. Ich spürte ihm nach. Ich jagte ihn in Gedanken, er vermischte sich mit allem Abwesenden, mit der Formlosigkeit, mit dem Wind. Ich jagte ihn, wollte ihm Fallen stellen. Geräuschlose Fallen. Fotofallen. Tellereisen und Schlingen. Fallgruben, mit Zweigen getarnt.
    Mystische Jagd: Der Erzengel Gabriel, allegorischer Jäger, treibt mit seinen Hunden das Einhorn auf die Jungfrau Maria zu. Pausbäckige Putten führen das Rudel an langen Leinen,lassen ein Spruchband flattern, auf dem sich der Schriftzug Ave Maria enthüllt.
    Maria neigt sich sanft dem Tier zu, sie zieht es durch körperlose Berührung, durch ihren Liebreiz an sich. Das Einhorn, das Christus symbolisiert, ergibt sich dem Treiben der Jäger, schreitet vertrauensvoll auf Maria zu und legt seinen

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