Die Sonnenposition (German Edition)
Glühwürmchens, richtig verteilte.
Er schloß die Tür der Lichtbox und nahm zunächst ein Dunkelbild des leeren Kastens auf. Dies war entscheidend, um Hintergrundflimmern und Störsignale berücksichtigen und später eliminieren zu können. Dann steckte er die Schnauze der Maus wieder in den Nasenkegel, befestigte ihren kleinen Körper an einem Sicherheitsnetz, folgte routinemäßig den Anweisungen.
Das Tier wird schwach belichtet aufgenommen, um seine Körperposition und die Lage der Organe zu bestimmen.
Ein Biolumineszenzbild wird sofort im Anschluß aufgenommen.
Nach der Bilderserie nochmals ein Dunkelbild.
Auf dem Computerbildschirm legte Odilo die Dunkelbilder übereinander. Das Dunkelfeld wies erhebliche Unregelmäßigkeiten auf, es zeigte verzitterte Wellen wie auf einer Meeresoberfläche bei wenig Wind. Er lud das Biolumineszenzbild hoch und subtrahierte von diesem das gemittelte Dunkelbild. Das Lichtsignal brach ellipsenförmig aus der Schwärze; kein Mond, eher ein Loch, ein Glutkern, der sich vorfrißt und alles zu entzünden droht; ein Loch, das den Blick, der vom Schwarz abprallte und auf sich selbst zurückgeworfen wurde, in sich hineinzog, in eine gleißende äußerste Ferne.
Bestimmen Sie eine Region des Interesses, um das Signal zu messen und zu integrieren.
Er zeichnete die Region des Interesses ein, lud das Lichtbild hoch und legte das Biolumineszenzbild darüber, ließ den Hintergrund transparent werden.
Die Maus lag ausgebreitet auf dem Sicherheitsnetz, die Beine von sich gestreckt, den Schwanz locker zwischen den Hinterbeinen. Die Fußsohlen waren nach oben gekehrt und zeigten ihre Nacktheit, die Ohren fast durchscheinend, der Kopf leicht angehoben aufgrund des Nasenkegels, der Nacken warf feine speckige Falten.
Auf den übereinandergelegten Aufnahmen war das Lichtsignal in Regenbogenfarben dargestellt. Die höchste Intensität markierte ein roter Fleck, umgeben von gelben, grünen, türkisfarbenen Ringen, die am Rand in ein zerfranstes Violett ausliefen. Im Hintergrund ließ sich das Innere der Lichtbox erkennen, das Metallgehäuse mit seinen Vorrichtungen, über das wie ein Tennisnetz quer das Netz mit der Maus gespannt war. Der bunte Fleck an ihrem Oberschenkel wirkte übertrieben, wie eine Comiczeichnung, die auf einem realistischen anatomischen Foto die Aufschlagstelle des Balls markiert.
Mittags brachte ihm eine Kollegin aus den Niederlanden, die ihn nicht interessierte, eine Ochsenschwanzsuppe aus dem Automaten im Foyer. Er löffelte die Brühe mit höflicher Todesverachtung, nickte zu den Ausführungen der Kollegin, registrierte alarmiert, daß sie unter Kopfschuppen litt, die den Kragen ihrer dunkelblauen Bluse sprenkelten, er duldete gleichwohl, daß sie das gebrauchte Plastikgeschirr für ihn entsorgte, verabschiedete sie und desinfizierte seinen Arbeitstisch.
Die Maus wird sanft erwärmt, bis die Venen der Schwanzwurzel leicht geschwollen sind. Hier erfolgt die Injektion.
Für die Aufnahmen, die über eine Zeitspanne von 30 Minuten bis zu einer Stunde erfolgen sollten, wird die betäubte Maus auf den Rücken gelegt, mit Hand- und Fußfesseln versehen, der Schwanz abgedeckt.
Wie äußerst verlangsamte Blitze kriecht nun das Licht die Leisten der Maus hinauf, durchzieht die Lymphbahnen bis zur Achsel, illuminiert die Lage der Lymphknoten in normalem Gewebe.
Die Maus wird in ihren Käfig zurückgesetzt. Üblicherweise erholen sich die Tiere innerhalb von fünf Minuten.
Mein sogenanntes Bereitschaftszimmer im Schloß ist in Wahrheit ein Dauerbereitschaftszimmer, ich stehe Tag und Nacht zur Verfügung, ich wohne hier. Außer dem Bereitschaftszimmer, in dem ich schlafe, wurde mir ein Büro zugeteilt, das zugleich als Therapiezimmer dient. Ich empfange hier die Patienten zu Einzelgesprächen. Für die Gruppentherapie ist das Büro zu klein, diese findet im Speisesaal statt und beginnt damit, daß alle Teilnehmer die Tische zur Wand rücken und in der Mitte einen Stuhlkreis bilden. Schon an dieser minimalen Initiative entzünden sich die ersten Konflikte, und wir beginnen in medias res. Ich bin mir mit meiner Chefin nicht einig, ob wir diese Initialinitiative durch Verlegung der Gruppensitzungen in die Bibliothek lieber vermeiden oder im Gegenteil das Initiatorische noch verstärken sollen, indem wir die Patienten auffordern, die Tische nach den Gesprächsrunden und also vor den Mahlzeiten in ihre alte Ordnung zurückzurücken. Hierfür ist bislang das Küchenpersonal
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