Die Spiele des Computer-Killers
darunter bist du genauso. Weiße Haut. Dunkles Haar. Dunkel geschminkte Augen, Lippen.«
»Es ist ein hartes Leben als Opfer der Mode«, sagte ich und wandte mich rasch ab, um vom Bett aufzustehen, aber er war schneller. Er zog mich zu sich zurück, und fleckige Lippen spannten sich in einem raren, magnetischen Lächeln über seine sahnig weißen Zähne. Ich berührte mein Gesicht mit einem Finger, um eine Träne abzuwischen, und der fahle Puder blieb an meiner Hand haften. Er beugte sich über meine Schulter und küßte mich. Ich schmeckte süßen Lippenstift und fühlte die fleischige Rolle seiner Zunge. Er küßte mich erst sanft, dann hart, sehr, sehr hart.
»Mein Gott, Georgina.«
»Hallo.«
»Was zum Teufel ist passiert?«
»Nichts.«
»Du siehst aus wie ein Zombie.«
»Danke.«
»Fehlt dir auch nichts?«
»Nö.«
Ich hatte im trüben Lichtschein aus dem Flur nach etwas zu trinken gesucht und war über Richard gestolpert. Er war mit seinem Kopfhörer über den Ohren auf dem Sofa eingeschlafen, und jetzt hatte er die volle Zimmerbeleuchtung eingeschaltet, und ich stand im grellen Licht, unbehaglich blinzelnd wie ein Buschbaby, das vom Scheinwerfer eines Kameramanns überrascht wurde. Er spähte mir ins Gesicht.
»Hast du geweint?« fragte er.
»Nein.«
»Dein Haar ist naß. Dein Hals. Meine Güte, deine Augen.«
»Meine Augen?«
»Was ist passiert?«
Es war zwei Uhr nachts, und ich wollte nicht darüber reden. Jeder Nerv in meinem Körper schien an meiner Haut zu nagen. Mir war schlecht, mein Hals war wund, und in meinem Kopf hatte ich das Gefühl, irgend etwas mit einem harten Schnabel versuche sehr angestrengt, herauszukommen. Ich entschied mich gegen den Gin. Ich brauchte Wasser. Richard folgte mir in die Küche.
»Georgina... «
»Laß es, Richard. Bitte.«
Er wartete, während ich mir ein Glas vollaufen ließ und es hinunterstürzte. Ich würgte, füllte das Glas noch einmal und versuchte es wieder. Das Schlucken fiel mir schwer; also ließ ich mir diesmal Zeit, ruhte mich ab und zu aus und ließ den Kopf über der Spüle hängen.
» Georgina...«
»Herrgott nochmal... laß es gut sein.«
»Okay. Okay.«
Ich rührte mich nicht vom Spülbecken weg, und er rührte sich hinter mir nicht von der Stelle. Er wartete und sagte dann mit sanfter Stimme: »Deine Mutter hat dreimal angerufen. Sie wollen dich sehen.«
»Großartig. Hast du Paracetamol? Morphium?«
Er wühlte zwei Pillen aus seinem Medizinschrank und reichte sie mir. Ich schluckte sie mit Mühe herunter, spülte das Glas aus und stellte es auf die Ab tropfplatte. Es hatte Zeiten gegeben, da hätte ich es einfach mit all dem andern Dreck in der Spüle stehen gelassen, aber Richard schätzte, auch wenn er in anderen Dingen ein bißchen schlampig war, eine saubere, aufgeräumte Küche. Er kochte gern. Seine Wohnung, seine Regeln.
»Ich hab’ sie erst Weihnachten gesehen«, sagte ich.
»George, wir haben August.«
»Und?«
Er verdrehte die Augen. »Ich hab’s dir ausgerichtet.
Okay?«
»Okay.«
»Kann ich irgend was für dich tun?«
»Nein... vielen Dank.«
Er wandte sich ab und verzog sich brummend in sein Zimmer. Ich nahm das Glas, ließ noch einmal Wasser hineinlaufen und ging in meins. Ich legte mich hin und ließ die Nachttischlampe brennen. Die Dunkelheit hatte ich ausprobiert, und sie hatte mir nicht gefallen. Wenn das Licht brannte, konnte ich sehen, daß dies mein Zimmer war, vollgestopft mit meinem Krempel, und mein PC, der in der Ecke auf dem Schreibtisch stand. Ich überlegte, ob das Fenster wohl zu war. Hoffentlich — denn ich hatte Angst, aufzustehen und nachzusehen.
Richards Gesicht schaute über mein Oberbett. Ich drehte mich um und wühlte meinen Kopf ins Kissen, wo die helle Sonne durch einen Spalt zwischen den Vorhängen einen dicken Strich malte.
»George. George. Wach auf. Georgina.«
Ich zog mir die Decke übers Gesicht.
»George, wach auf. Du mußt aufwachen. Komm, Schätzchen. Es ist Sonntag morgen.«
Sonntag morgen. Was war mit dem Samstag passiert? Rasch setzte ich mich auf, vergaß aber nicht, dabei die Bettdecke vor mich zu halten.
»Wie lange habe ich geschlafen?«
Richard antwortete nicht. Sein Gesicht war ganz runzlig vor lauter Sorge.
Meine Stimme brach, als ich wieder sprechen wollte. »Was starrst du mich so an?«
»Dein Gesicht.«
»So toll?«
»Na, ich persönlich stand nie so sehr auf Außerirdische.«
Ich wickelte mich in das dicke Oberbett, schob mich vom Bett, hoppelte
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