Die Spiele des Computer-Killers
daß ich wach war. Meine Sinne waren träge, schwer von Campari und Wein am Mittag. Im Zimmer war es dunkel; nur das düstere Zwielicht einer Straßenlaterne fiel herein. Er spürte, daß ich mich regte, hörte aber nicht auf; er bewegte sich nur langsamer, als wolle er mich nicht wecken. Ich zog es vor, die Augen zu schließen und ihn weiter wiegen zu lassen, aber mit halbem Blick erfaßte ich seine kreideweiße Hand, die mein kreideweißes Handgelenk umklammerte, und ich erschrak. Ich blieb liegen und schaute zu, bis ich mit weit offenen Augen in sein Gesicht sah.
Er starrte mich an, und seine Augen standen in hartem Kontrast zu einer staubigen Maske. Ich schaute hinunter auf meinen eigenen kreideüberstäubten Körper. Er war fah-1er als das Mondlicht, und ein starker, leicht ekliger Parfümduft stieg davon auf, daß es mir fast den Atem nahm. Mein Mund war trocken wie Glaspapier, meine Lippen feucht und klebrig. Ich schmeckte Pflaumen und Bittermandeln. Seine Hände lockerten ihren Griff, strichen weich zu meinen Schultern herauf, berührten dann meinen Hals. Er streichelte sanft meine Haut mit bleichen Fingern, die sich streckten und unter mein Haar schoben und es auf dem Kissen ausbreiteten, bevor sie zurückkehrten und meine Kehle umfaßten, erst behutsam wie ein Kind, das einen Vogel umfaßt, aber dann zu fest, viel zu fest zum Atmen.
»David?«
»Sssch.«
»David?«
Langsam begann er, mir die Luft abzudrücken, bis mein Instinkt einsetzte und ich ihn heftig nach oben stieß. Dann lockerte er seinen Griff ein wenig.
»Mach die Augen zu. Halt still«, sagte er. Seine dunklen Lippen glitzerten im Zwielicht, und ich fand meine halberstickte Stimme wieder.
»Um Gottes willen, was machst du denn da?«
»Sprich nicht. Halt still.«
»Geh von mir runter. Bitte. Bitte.«
»Sssch. Es ist alles in Ordnung.«
»Nicht, David. Du erwürgst mich.«
»Sprich nicht. Es ist alles in Ordnung.«
Aber so fühlte es sich nicht an. Es war überhaupt nicht in Ordnung. Panisch begann ich mich zu wehren, aber als ich mich erneut aufbäumte, drückten seine Hände härter zu. Er quetschte langsam und unerbittlich, bis nicht mehr das feinste Pfeifen durch meine Kehle ging. Meine Augen schienen sich nach außen zu wölben wie der Hals eines Ochsenfroschs, der sich bläht wie eine Kaugummiblase. Ein schrecklicher Schmerz flutete durch meinen Kopf, und ich hörte, wie ich grunzte, fühlte, wie ich ohnmächtig wurde. Dann ließ der Druck nach, und die Luft fuhr pfeifend durch meine Kehle. Ich japste und japste wie ein ertrinkender Schwimmer, der an die Oberfläche kommt. Aber er drückte wieder zu, und ich konnte nichts tun als in sein irres, ekstatisches Gesicht zu starren und zu einem Gott zu beten, den ich vor langer Zeit vergessen hatte. Ich betete, aber wer mir in den Sinn kam, war meine Mutter, die auf einer Wolldecke mit rotem Schottenmuster saß und Tee aus einer Thermoskanne einschenkte. Ich hörte es, hörte, wie sie mich rief, während mir die pralle Mittagssonne auf den Kopf brannte. Die Flut ging zurück, und der Druck in meinem Kopf pumpte sich zu immer größerer Kraft auf. Der Schmerz wuchs wie ein Tumor. Er drückte zu, ließ wieder locker, drückte zu, ließ wieder locker, wieder und wieder, bis ich schlaff dalag und er lautlos bebte wie einer, der in schmelzendes Eis getaucht ist. Ich werde niemals sein Gesicht vergessen. Es war das blasse, unbesorgte Gesicht eines Mannes, der seinen Frieden hat. Das Gesicht eines Toten.
»Wir haben uns verstanden, nicht wahr?« sagte er.
Ich nickte brav.
»Du verstehst, was ich will. Ich verstehe, was du willst.«
Ich sagte nichts.
»Antworte mir.«
»Ja.«
»Es ist wunderbar, nicht wahr?«
»Ja.«
Seine trockenen, warmen Hände streichelten meinen Körper, und der weiße Staub wirbelte in kleinen Wölkchen umher.
»Was ist das?« fragte ich, und meine Stimme klang gepreßt vor Angst und Schmerz. Er legte einen Finger auf die Zunge und malte dann einen feuchten, von einem Pfeil durchbohrten Kreis auf die elfenbeinweiße Kurve meiner Hüfte.
»Asiatischer Gesichtspuder. Wie Kreide, nur feiner und parfümiert. Siehst du? Du bist glatt wie ein Knochen.«
Sein Mund war ganz nah, sein Gesicht weiß wie gebleichtes Leinen.
»Wieso ich?« fragte ich.
»Du hast mich gelassen.«
»Du hast gesagt, es hat schon andere gegeben.«
»Ja.«
»Und?«
»Es ist das Aussehen. Du trägst niemals Farben, nicht
wahr?«
»Wie?«
»Nur Schwarz oder Weiß.«
»Oh.«
»Und
Weitere Kostenlose Bücher