Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
wenn ihr gestattet.“, sagte er, nahm zwei der Klingen und trat in die Mitte der Tischrunde. Er begann, die Dolche durch die Luft zu wirbeln, einen mit der linken, einen mit der rechten Hand, fand einen Rhythmus und wurde immer schneller. Johann folgte begeistert dem Schauspiel. Die Klingen drehten sich in der Luft um die eigene Achse, flogen hoch, weit über Andreas Kopf, aber der Schmied schaffte es immer wieder, die Dolche an der richtigen Stelle aufzufangen und erneut nach oben zu katapultieren. Dann fing er beide auf und machte eine übertrieben tiefe Verbeugung vor allen.
Die Menge johlte und klatschte.
„ Mehr! Das war noch nicht der Gipfel deiner Kunst, Andreas!“, sagte Gottfried. „Ihr müsst ihn sehen, Herr Dietrich. Er ist unser ganzer Stolz.“, fügte er zu Johann gewand hinzu.
„ Also gut.“, sagte Andreas, nahm die anderen drei Dolche und klemmte sich diese zwischen seine Beine. Ein wenig sah er aus, wie jemand, der sich wegen starkem Harndrang die Beine zusammenkniff. Alleine diese Stellung belustigte. Dann machte Andreas noch ein ganz verkniffenes Gesicht und alle lachten über seine Faxen. Die ersten beiden Klingen begannen wieder, durch die Luft zu wirbeln.
„ Es waren einst zwei Hexelein, die wollten nicht alleine sein.“, begann er laut zu sprechen. Johann horchte auf. Die Minne und die Reime waren als Bote und Schreiber sein Steckenpferd. Dieser Andreas steckte voller ungeahnter Talente.
„ D´rum hexten sie, eins, zwei, ne dritte Hex´ herbei.“, sagte er und griff sich mit einer kaum wahrnehmbaren Handbewegung zwischen die Beine. Geschickt manövrierte er in den Flug der zwei Dolche einen dritten, so dass er nun drei Schneiden zwischen seinen Händen kreisen ließ. Ein paar Runden drehten so die Dolche in den Händen des Schmiedes.
„ Die drei flogen Stunden, bis eine vierte Hex gefunden.“
Johann staunte. Der Schmied hatte mit der gleichen Handbewegung wie zuvor eine vierte Klinge in den Flug der ersten drei integriert. Jetzt wurde es wirklich spannend. Johann ahnte, dass auch der fünfte Dolch nun fliegen sollte, er sah aber auch die Konzentration im Gesicht des Schmieds. Das Kunststück barg ein nicht geringes Risiko. Ein falscher Handgriff, ein Griff in die Klingen und der Schmied würde tagelang nicht arbeiten können! Würde er es schaffen? Johann lehnte sich gespannt nach vorne und stützte sich auf die Ellenbogen.
„ Zu viert zu hexen ist ne Qual, ist doch fünf die Teufelszahl!“
Wieder ein schneller Griff. Jetzt wirbelten alle fünf Dolche durch die Luft. Johann konnte es kaum glauben. So etwas hatte er noch nicht gesehen! Doch Andreas setzte noch zu einen feurigen Finale an. Langsam schritt er nach vorne, während die Klingen immer noch durch seine Hände hindurch zu fliegen schienen. Fast hatte er den Tisch der Adligen erreicht.
„ Und so fuhr die Teufelsbrut, gemeinsam in die Höllenglut. Hinab!“
Mit dem letzten Wort machte Andreas einen letzten Ausfallschritt auf den Tisch Johanns zu, um im beinahe gleichen Moment wieder zurückzutreten. Die Klingen sausten alle fünf nach unten und blieben federnd mit kurz aufeinander folgenden Schlägen in der hölzernen Tischfläche stecken. Einen Moment herrschte gebannte Stille, dann trommelten, klatschen und johlten alle Anwesenden laut los. Andreas genoss sichtlich den Applaus. Langsam kehrte er zu seinem Schemel zurück.
Walram stand auf und machte mit den offenen Händen den Anwesenden eine Geste still zu sein. Die Leute beruhigten sich.
„ Würde ich Andreas nicht kennen, so würde ich sagen, er ist ein Zauberer, der die Dolche verhext hat und fliegen lässt. Danke, Andreas, für deine Darbietung. Auch ich möchte an diesem Abend meinen Teil zur Unterhaltung beitragen.“, sagte er und hob nun seinen Becher. Alle taten es ihm gleich.
Gottfried sah in das Gesicht Walrams und atmete einen Moment auf. Sollte er sich doch beruhigt haben? War es heute am Nachmittag nach allem doch ein Unfall? Gottfried sah, dass Walram zum Trinkspruch ansetzte, wohl um seinen neuen Herrn willkommen zu heißen und hochleben zu lassen. Gottfried nahm seinerseits seinen Becher, um im gleichen Moment aufs Tiefste beschämt zu werden.
„ Auf die Schönheit des Fräuleins Ida!“, sagte Walram und stürzte glucksend in wenigen Zügen den Becher Wein hinunter. Gottfried war erstarrt. Wie konnte Walram es wagen, die Schönheit der Braut Dietrichs zu preisen, ohne vorher dessen Zustimmung zu erfragen! Auch Johann war einen Moment
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