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Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)

Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)

Titel: Sterne über Cornwall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Fenwick
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    E s war fast elf, und Maddie saß seit über acht Stunden am Steuer ihres Wagens. Sie zwang sich gähnend, die Augen offen zu halten, als sie langsam auf eine weitere unübersichtliche Kurve zufuhr, vor der sich die Silhouetten der Äste im Mondlicht abzeichneten. Die schiefen Formen der Bäume, die sich über den Hecken erhoben, bildeten einen Tunnel, der sie zu erdrücken schien. Maddie bekam eine Gänsehaut. Der Motor geriet ins Stottern.
    »Nicht aufgeben, altes Mädchen. Nach Trevenen ist’s nicht mehr weit, da können wir uns ausruhen.« Maddie strich übers Armaturenbrett. Aus der Kühlerhaube stieg Rauch auf.
    Sie warf einen Blick auf ihre Stieftochter, die auf dem Beifahrersitz schlief. Hannah sah süß aus mit ihren blonden zerzausten Haaren. Als sie sich im Schlaf umdrehte, kam eine Tätowierung an ihrem Arm zum Vorschein. Maddie holte tief Luft. Sie hatte es sich verkniffen, Hannah zu schelten, als diese ihr das Tattoo am vergangenen Abend gezeigt hatte. Sie war ja selbst einmal jung gewesen. Allerdings hatte sie ihren Eltern gehorcht.
    Maddie sah auf die Straße. Wenn die Karte stimmte, mussten sie ganz in der Nähe von Trevenen, ihrem neuen Zuhause, sein. Vorausgesetzt natürlich, sie war richtig gefahren. Dass sie auf einer abgelegenen Landstraße liegen blieb, konnte sie nun wirklich nicht gebrauchen.
    Bei der Besichtigung im April hatte der Anwalt sie zu dem Haus gefahren. Damals war ihr der Weg ganz einfach vorgekommen, aber vielleicht hatte sie auch nicht so gut aufgepasst. Das wunderte sie nicht. Seit dem Tod ihres Mannes John war sie oft unkonzentriert.
    Um den Motor zu kühlen, drehte sie den Ventilator voll auf, ohne spürbares Ergebnis. Der Wagen wurde langsamer, obwohl Maddie das Gaspedal ganz durchdrückte. Nach zweimaligem Ruckeln starb der Motor ab. Sie schlug mit der Faust aufs Lenkrad. Ein paar Meter rollten sie noch die kleine Straße entlang, bis sie schließlich zum Stehen kamen. Das Licht der Scheinwerfer wurde schwächer und ging aus. »Scheiße.«
    Hannah wachte auf. »Was ist?«
    Maddie versuchte, den Motor noch einmal anzuwerfen, doch es tat sich nichts.
    »Sind wir endlich da?«, fragte Hannah und streckte sich.
    »Nein. Der Wagen hat den Geist aufgegeben.«
    »Was?«
    »Der Wagen …« Maddie drehte noch einmal den Zündschlüssel.
    »Das hab ich gehört, aber wo sind wir?« Hannah setzte sich auf.
    »Das weiß ich nicht so genau.«
    »Himmel, Arsch …«
    »Achte auf deine Ausdrucksweise.« Maddie schloss die Augen. Sie war seit fünf Uhr früh auf den Beinen. Sie hatten die letzten Sachen zusammengeräumt, alles von den Möbelpackern verstauen lassen, und trotzdem war es nach zwei Uhr nachmittags gewesen, bis sie London endlich den Rücken gekehrt hatten. Welcher Teufel hatte sie nur geritten, am Freitag eines Feiertagswochenendes umzuziehen?
    »Du musst reden. Grad hast du selber geflucht«, kam es von Hannah zurück.
    Maddie seufzte.
    »Was ist denn so schlimm am Himmel? Du scheinst ja seit Dads Tod nichts mehr mit alldem am Hut zu haben.«
    Maddie zählte innerlich bis zehn, bevor sie antwortete. »Das Thema ist ausdiskutiert.« Sie massierte ihre verspannte Nackenmuskulatur. »Streiten hilft uns nicht weiter.«
    »Und, was jetzt?«
    Maddie löste den Verschluss der Kühlerhaube und stieg aus. Es hätte durchaus noch schlimmer kommen können, sagte sie sich. Zum Glück regnete es nicht, es war eine klare Spätsommernacht. Eine frische Brise, die den Duft von Geißblatt herantrug, wehte ihr durch die Haare, als sie sich über den Kühler beugte.
    »Was machst du da?«, erkundigte sich Hannah.
    »Ich seh mir den Motor an.«
    »Seit wann kennst du dich mit Autos aus?«
    Maddie lachte. Es stimmte, sie hatte tatsächlich nicht die geringste Ahnung. Maddie zog das Handy aus der Tasche, um die Pannenhilfe zu rufen. Als sie das Gerät einschaltete, erschien auf dem Display ein Bild von John. Sie musste blinzeln. Er war seit acht Monaten tot.
    »Willst du das Ding weiter bloß anstarren?«, fragte Hannah.
    Maddie wählte. Kein Empfang. Na toll.
    Hannah lehnte sich zum Fenster hinaus. »Und was machen wir jetzt?«
    »Nichts.«
    »Nichts? Super. Wir stecken am Ende der Welt fest, ohne Empfang, in einem kaputten Auto.«
    »Ja, so könnte man es zusammenfassen.« Maddie wandte den Blick um Beistand flehend gen Himmel, entdeckte jedoch nur die Milchstraße und stellte erstaunt fest, wie schön sie war. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal den Himmel ganz ohne

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