Die Spur der Füchse
Felix, sagte sie sich, als sie um die Hausecke bog.
Beim Anblick einer Limousine, die auf der Auffahrt stand, wurde Ellen so plötzlich aus ihren Gedanken gerissen, daß sie heftig erschrak. Derek stieg aus dem Wagen. Warum kam er so früh nach Hause? Er winkte ihr zu. Er machte einen glücklichen Eindruck.
Ellen rannte über den Kiesweg zu ihm und küßte ihn voller Schuldgefühle.
31
Eigentlich hätte Kevin Hart sich Sorgen machen müssen, aber irgendwie brachte er nicht die nötige Energie dafür auf.
Der Chefredakteur hatte ihm mit Nachdruck erklärt, daß er, Kevin, in Sachen Jamaica Cotton Bank keine weiteren Nachforschungen anstellen sollte. Doch Kevin hatte diese Anweisung mißachtet und Laski angerufen, und der hatte gefragt: »Weiß Ihr Chefredakteur von diesem Anruf?« Diese Frage wurde häufig von überraschten, erzürnten Gesprächspartnern gestellt, und die Antwort war stets ein unbekümmertes ›Nein‹ – es sei denn, der Chefredakteur hatte das Gespräch ausdrücklich untersagt. Falls Laski es sich also in den Kopf setzte, den Chef anzurufen – oder sogar den Verleger –, steckte Kevin in großen Schwierigkeiten.
Warum machte er sich dann keine Sorgen?
Wahrscheinlich deshalb, sagte er sich, weil mein Job mir immer noch so gleichgültig ist wie schon heute morgen.
Natürlich hatte der Chefredakteur gute Gründe, die Story nicht zu veröffentlichen, für Feigheit gab es immer gute Gründe. Jeder schien zu akzeptieren, daß der Ausspruch: ›Das ist gesetzeswidrig‹, ein endgültiges und rechtskräftiges Urteil war. Doch in den guten alten Zeiten hatten die Zeitungen ständig die Gesetze gebrochen, obwohl sie noch strenger gewesen waren als die heutigen und die Strafen schneller verhängt werden konnten. Kevin vertrat jedoch die Ansicht, daß Zeitungen auch heute noch so verfahren sollten, auch auf die Gefahr hin, daß es zu einem Prozeß kam. Für ihn war es leicht, diese Meinung zu vertreten. Er war kein Chefredakteur oder Verleger.
Nun saß Kevin im Redaktionssaal, in der Nähe der Nachrichtenzentrale, trank einen Becher Tee aus dem Automaten und las ohne jedes Interesse die Klatschkolumne der Evening Post, wobei er in Gedanken die heldenhafte, feurige Rede formulierte, die er dem Chefredakteur nur zu gern gehalten hätte.
Soweit es die Post betraf, war der heutige Tag gelaufen. Es mußte schon ein Massenmord geschehen oder eine Katastrophe mit vielen Todesopfern passieren, um jetzt noch in die aktuelle Ausgabe aufgenommen zu werden. Die Hälfte der Reporter – diejenigen, die Acht-StundenSchichten machten – war bereits nach Hause gegangen. Kevin arbeitete zehn Stunden, an vier Tagen die Woche. Der Wirtschaftsredakteur, der zum Mittagessen acht große Glas Guinness getrunken hatte, saß in einer Ecke und schlief. Eine einsame Schreibkraft tippte gelangweilt in die Maschine, während eine junge Reporterin in Jeans eine undatierte Story für die nächste Frühausgabe diktierte. Die Mitarbeiter der Nachrichten-Direktannahme unterhielten sich über Fußball, und die Redakteure dachten sich witzige Bildunterschriften für Agenturfotos aus und lachten herzhaft über ihre mehr oder minder geistreichen Einfälle. Arthur Cole schritt auf und ab, widersetzte sich der Versuchung, sich eine Zigarette anzuzünden, und hoffte insgeheim auf einen Großbrand im Buckingham Palace. Hin und wieder blieb er stehen und blätterte den Stapel Meldungen durch, die auf dem stählernen Dorn an seinem Arbeitsplatz gespießt waren, als würde er sich Sorgen darüber machen, den Knüller dieses lahmen Tages zufällig übersehen zu haben.
Nach einiger Zeit kam Mervyn Glazier aus seinem kleinen Königreich, der Lokalredaktion, hervor und schlenderte durch den Redaktionssaal. Das Hemd hing ihm aus der Hose. Er kam zu Kevin, setzte sich neben ihn, zündete sich eine Pfeife mit stählernem Stiel an und legte einen Fuß, der in einem ausgelatschten Schuh steckte, auf den Rand des Papierkorbs aus Drahtgeflecht.
»Die Jamaica Cotton Bank«, sagte Glazier bedächtig, als würde es sich um die Einleitung zu einem Vortrag handeln.
Kevin grinste. »Bist du für den Chefredakteur auch einer von den Bösen?«
Mervyn zuckte die Achseln. »Ich kann nichts dafür, wenn gewisse Leute mich anrufen und mir Informationen geben. Jedenfalls, sollte die Cotton Bank jemals in Gefahr gewesen sein – jetzt ist sie aus dem Schneider.«
»Woher weißt du das?«
»Von meinem verschlossenen Informanten bei der Bank von England.
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