Die Spur der Hebamme
schütze Euch und schenke Euch eine gesunde Rückkehr«, rief Emma ihm mit ungewohnt zittriger Stimme nach.
Nach der Abendmahlzeit ging Christian in die nun fertige Kapelle. Er kniete vor dem Altar nieder und betete mit gesenktem Kopf: Allmächtiger Herrscher im Himmel, halte Deine schützende Hand über mein Dorf, meine Familie und die Männer, die mich auf dieser gefährlichen Reise begleiten.
Er hörte leichte Schritte und sah Marthe an seiner Seite niederknien.
Dann ging er, Pater Hilbert zu suchen, um sich die Beichte abnehmen zu lassen. Wie sich zeigte, hatten seine Männer das gleiche Bedürfnis, so dass sich bald eine Reihe wartender Männer vor dem Beichtstuhl bildete.
Noch im Morgengrauen, gleich nach dem gemeinsamen Besuch der Frühmesse, brach die Kolonne auf. Als sie den Waldrand hinter dem östlichen Dorfausgang erreichten, blickte Christianentgegen seiner Gewohnheit noch einmal zurück. Mit den Menschen, die ihm vor Jahren hierher gefolgt waren, hatte er ein besseres Leben aufbauen wollen. Was würde aus diesem Traum werden?
Er zwang sich, das dumpfe Gefühl zu vertreiben, und tauschte einen Blick mit Lukas. Doch der schien ebenfalls in düstere Gedanken verstrickt. »Das Dorf in Randolfs Händen«, sagte er bitter. »Ich fühle mich, als ob ich die Menschen dort verrate und im Stich lasse.«
Bei ihrer Ankunft in Meißen wurden auf dem Burgberg bereits mit großer Geschäftigkeit und viel Aufsehen zwei Transporte zusammengestellt – einen würde Arnulf anführen, Ottos Waffenmeister, den anderen Christians Freund Raimund. Die beiden Kolonnen mit starkem Geleitschutz sollten fast zeitgleich auf verschiedenen Wegen aufbrechen und die Aufmerksamkeit der Angreifer auf sich ziehen, die sie auf dem ersten Teil der Wegstrecke erwarteten.
Natürlich würden die Räuber schnell merken, dass sie statt des Silbers nur leere Truhen erbeutet hatten. Dann würden sie – so hofften diejenigen, die den Plan erdacht hatten – unverzüglich der zweiten Kolonne hinterherjagen und dabei Christians Spur ganz verlieren.
Sein Trupp würde hingegen nicht vom Burgberg aus aufbrechen, sondern, als Salztransport getarnt, vom Markt aus. Das war Christians Idee. Er hoffte, dass die Silberräuber zwei Salzkarren keine besondere Aufmerksamkeit schenken würden. Salz war zwar eine kostbare Ware, aber es nutzte ihnen nichts. Sie konnten es in großen Mengen weder verkaufen noch selbst gebrauchen. Und außerdem waren sie auf wesentlich lukrativere Beute aus.
An den vorangegangenen drei Tagen hatten Hans und Friedrich deshalb auf Christians Bitte wie in alten Zeiten Salz in Meißenfeilgeboten, um dem Stapelrecht zu entsprechen. Jeder in der Stadt sollte davon ausgehen, die beiden wären wieder zu ihrem alten Gewerbe zurückgekehrt und würden ihre Ware nach Böhmen schaffen, nun sogar mit zwei Gespannen. Dass das feilgebotene Salz aus den Vorräten von Ottos Küchenmeister stammte, konnte schließlich niemand wissen.
In der Nacht vor dem Aufbruch ließ der markgräfliche Kämmerer heimlich die gutbewachten Wagen mit Kisten voller handtellergroßer Silberbarren beladen. In beiden Wagen blieb noch Platz, damit sich dort Bewaffnete verbergen konnten. Boten würden über das Kloster Chemnitz Nachricht verbreiten, wenn einer der beiden ersten Trupps überfallen wurde, und die Überlebenden sollten sofort zu Christian stoßen, um seine Mannschaft zu verstärken.
»Gott schütze dich«, verabschiedete Christian seinen Freund Raimund, bevor der fast zeitgleich mit Arnulf aufbrach.
»Dich ebenso«, erwiderte Raimund mit ungewohnter Ernsthaftigkeit. Diesmal ritt Raimund Christians Rappen, während er seinen Fuchshengst Christian überlassen hatte. Nach Marthes Warnung trug Christian diesmal einen helleren Umhang.
Raimund sah sich kurz um, ob seine Frau Elisabeth in der Nähe stand, von der er sich schon in der Kammer leidenschaftlich verabschiedet hatte, weil sie es nicht geschafft hätte, ihn ohne zu weinen auf diese gefährliche Reise zu schicken. Als er sie nicht sehen konnte, lächelte er Marthe an, die zu ihnen getreten war, um ihnen Gottes Segen auf dem Weg zu wünschen. »Du hast mir einmal das Leben gerettet. Vielleicht kann ich das wiedergutmachen, indem ich den Lockvogel spiele, damit Christian durchkommt. Sollen sie sich auf mich stürzen.«
»Beschwör das Unheil nicht mit Worten«, entgegnete Marthe, und der Kummer drückte ihr fast das Herz ab.
Christian, Lukas, Gero und Richard ließen nach dem
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