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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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regelmäßig über die Fortschritte seines Sohnes informiert werden – und auch darüber, ob es Neuigkeiten über Marthes Verbleib gab, der er freundlich gesonnen war.
    »… kann ich Euch mitteilen, dass Euer Sohn inzwischen an Geschick im Umgang mit dem Schwert und mit der Lanze gewonnen hat. Seine größte Schwierigkeit liegt nicht mehr im Umgang mit den Waffen, sondern darin, sein Temperament zu beherrschen und seine Kräfte richtig einzuschätzen. Aber ich bin zuversichtlich, dass er auch dies mit der Zeit meistern wird«, diktierte Christian. Flüchtig überlegte er, ob er diesen Satz ruhigen Gewissens stehenlassen konnte. Er wusste wohl, dass Konrad und Jakob hinter seinem Rücken stöhnten, da sie ihn scheinbar nie zufriedenstellen konnten. Aber darauf wollte er keine Rücksicht nehmen. Wenn die beiden nicht den Ernst eines jeden Übungskampfes begriffen, würden sie ihre Schwertleite nicht lange überleben. Sie konnten froh sein, dass er ihnen seine Lektionen nicht einprügelte wie andere Schwertmeister.
    Er machte eine Pause, um sich zu vergewissern, dass Till, den er in Gedanken immer noch Ludmillus nannte, mit dem Schreiben nachkam, und um sich selbst für den nächsten Satz zu wappnen.
    »Da Ihr so gütig wart, Euch nach dem Schicksal meiner geliebten Frau zu erkundigen, muss ich Euch voller Trauer mitteilen, dass wir trotz aller Suche nach wie vor keinen Hinweis haben – weder auf ihren Verbleib, falls sie noch lebt, noch auf ihr Grab …«
    Er verstummte, denn er hatte seine Stimme nicht mehr in der Gewalt.
    Eine Zeitlang war nur das Kratzen der Feder auf dem Pergament zu hören.
    Als Till fertig war, legte sich das Schweigen wie eine dunkle Wolke über den Raum.
    »Wenigstens könnt Ihr Euch damit trösten, dass Ihr alles getan habt, sie zu schützen. Und Ihr habt sie gerächt«, sagte der Schreiber schließlich dumpf.
    »Hätte ich sie ausreichend beschützt, dann wäre sie noch hier bei mir und den Kindern«, antwortete Christian verbittert. »Meine Frau und meine Tochter wurden einfach so von einer Meute erschlagen«, begann Till stockend zu erzählen. »Während ich vor einem hohen Herrn auf seiner Burg sang und spielte, sind sie über sie hergefallen. Hilarius konnte sie nicht retten, obwohl er es versucht hat. Als ich zurückkam, lagen sie alle drei dort in ihrem Blut …«
    Noch nie zuvor hatte der einstige Spielmann mit Christian über den Tod seiner Familie gesprochen.
    Sie saßen stumm beieinander. Zwei Männer, die ihre Frauen verloren hatten und nicht wussten, wie sie nun weiterleben sollten.
     
    Voller Zorn ritt Lukas durch die Nacht. Er kannte den Weg, und der helle Mond warf genug Licht.
    Vom Regen durchnässt und unverändert zornig erreichte er am Morgen das Gut seines Vaters, warf einem Stallburschen die Zügel seines Braunen zu, ignorierte die Begrüßung des Gesindes und stürmte in die Halle, wo der Herr des Hauses gerade mit einigen seiner Vertrauten beim Frühmahl saß.
    Mit großen Schritten durcheilte Lukas den Raum und kniete vor seinem Vater nieder, der die buschigen weißen Augenbrauen grimmig zusammenzog und ihn verwundert ansah, ohne ein Wort zu sagen.
    »Mein Herr und Vater, ich muss Euch bitten, mich zu Dame Sigrun und ihrem Vater zu begleiten.«
    »Was soll das schon wieder?«, knurrte der Ritter, der hinter seinem Rücken wegen seiner Durchtriebenheit und seines weißen Haares nur »der Silberfuchs« genannt wurde. Natürlich wusste er davon; weshalb sollte ihm auf seinen eigenen Ländereien etwas entgehen? Er war sogar sehr zufrieden mit dieser Bezeichnung,die jeden davor warnte, ihn wegen seines Alters nicht ernst zu nehmen oder gar hintergehen zu wollen.
    »Erst sträubst du dich wie eine verängstigte Jungfrau gegen diese Verbindung, die wir dringend brauchen, und nun kannst du es nicht erwarten, sie zu sehen? Hast es wohl eilig, die Stute zu besteigen?«
    Der Alte stieß ein meckerndes Lachen aus, und seine Tischgenossen taten es ihm gleich.
    Lukas ließ sich nicht beirren. »Ich bitte Euch in aller Ergebenheit darum. Um meiner Ehre als Ritter willen«, beharrte er mit versteinertem Gesicht.
    Es war wohl eher Neugier als Duldsamkeit, die den alten Fuchs bewog, den Befehl zu geben, sein Pferd zu satteln.
    Während sie nebeneinander herritten, musterte er misstrauisch die finstere Miene seines Sohnes. Was mochte der Narr wieder ausgeheckt haben? Immerhin wollte er nun freiwillig zu seiner Zukünftigen, das war schon viel wert. Vielleicht musste er ins Feld und

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