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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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wenn sie nun wussten, dass der Medicus sie angeklagt hatte.
    Wir haben sie nicht genug beschützt, warf er sich wohl zum tausendsten Mal vor, obwohl ihm klar war, dass Christian dieser Vorwurf noch viel mehr quälen musste.
    Schweigend gingen sie zum Haus, gefolgt von den Knappen, die nur einen Blick austauschten und ebenfalls schwiegen. Den ganzen Nachmittag hatte es wie aus Kannen gegossen, die Männer waren durchnässt, aus ihren Haaren tropfte das Wasser.
    Die Köchin lief herbei, um heißen, gewürzten Wein zu bringen. Gedankenversunken nahm Christian ihn entgegen, nickte ihr kurz zu und lehnte sich an die Wand neben der Feuerstelle in der Halle.
    Johanna und Marie kamen, um ihn zu begrüßen. Auch sie wagten schon längst nicht mehr zu fragen, ob er auf eine Spur von ihrer Stiefmutter gestoßen war. Johanna biss sich auf die Lippen, Marie stiegen Tränen in die Augen. »Eure Kinder schlafen schon, Herr«, brachte sie gerade noch hervor, ehe sie sich weinend wegdrehte und davonlief.
    Christian nahm die Auskunft mit gemischten Gefühlen auf. Die Kinder boten ihm den einzigen Trost. Er sehnte sich danach, sie an sich zu drücken, ihren Duft und ihre samtweiche Haut zu spüren. Doch was sollte er seinem Sohn auf dessen immer drängender werdende Fragen antworten? »Mutter kommt nicht wieder. Sie ist tot«, hatte Thomas ihm beim letzten Mal vorgehaltenund ihn dabei zornig angefunkelt. »Das sagen alle im Dorf.«
    Und obwohl sich Christian weigerte, dies zu glauben, wusste er nicht, wie er das einem Dreieinhalbjährigen klarmachen sollte. »Woher haben sie gewusst, dass Marthe bei Elisabeth war?« Damit sprach er nach einer Weile des Schweigens das aus, was ihn seit seinem letzten Gespräch mit Raimund beschäftigte. Lukas, der selbst in finstere Gedanken versunken war, blickte auf. »Was?«
    »Woher haben sie gewusst, wo sie war?«, wiederholte Christian. »Darüber grüble ich die ganze Zeit. Nach dem, was Elisabeth berichtet hat, müssen sie geradewegs zur ihr geritten sein, als sie sie hier nicht vorfanden. Wer hat ihnen verraten, wo sie steckt? Niemand außer uns wusste es.«
    Die kleine Anna, die in die Halle gekommen war und einen Arm voll Feuerholz brachte, hob den Kopf und öffnete den Mund. Dann warf sie das Holz zu Boden und rannte in die Küche. Wenig später trat Mechthild in die Halle und schob Anna vor sich her.
    »Verzeiht, Herr, die Kleine hier hat Euch etwas zu sagen«, verkündete sie den erstaunten Rittern und schubste Anna nach vorn.
    Die sah stumm von Lukas zu Christian und zurück, dann kniete sie nieder und senkte den Blick.
    »Hast du etwas angestellt? Oder dein Bruder?«, fragte Christian ungeduldig.
    Anna blickte gequält auf. »Nein, Herr«, flüsterte sie. »Aber … es war die edle Dame, die den Fremden gesagt hat, wohin Ihr die Herrin geschickt habt …« Ängstlich sah sie zu Lukas. »Eure Braut.«
    Lukas fuhr zusammen. »Das weißt du ganz genau?«, drängte er. »Hast du es selbst gehört?«
    Anna nickte.
    »Woher wusste sie das?«, fragte Lukas Christian. »Sie muss uns belauscht haben.«
    Er hieb so wütend mit der Faust gegen die Wand, dass ihn ein flammender Schmerz durchfuhr. »Dieses Miststück! Dieses gottverdammte frömmlerische Miststück«, schrie er.
    Schon stürzte er zur Tür, drehte sich aber vor dem Hinausgehen noch einmal kurz zu Christian um. »Kannst du mich für zwei Tage entbehren?«
    »Wohin willst du noch mitten in der Nacht?«, rief Christian und lief dem Freund nach.
    Doch Lukas war schon auf dem Weg zu den Ställen, schnappte sich einen Sattel und ging zu seinem Braunen.
    »Halt mich nicht auf«, knurrte er ungewohnt schroff. »Es sei denn, du befiehlst mir als mein Dienstherr, zu bleiben. Dann muss ich dich bitten, mich aus deinen Diensten zu entlassen.«
    »Soll ich nicht besser mitkommen?«, drängte Christian.
    »Das muss ich selbst klären«, gab Lukas grimmig zur Antwort und saß auf.
    Christian war versucht, dem jüngeren Freund nachzureiten, um ihn davon abzuhalten, eine unwiderrufliche Dummheit zu begehen. Aber er kannte Lukas gut genug, um zu wissen, dass der jetzt allein ausführen wollte und musste, was er vorhatte.
    Er schickte Konrad und Jakob in die Küche, damit sie sich dort etwas zu essen geben lassen und ihre Kleider am Herdfeuer trocknen konnten.
    Nach einer Weile stummen Brütens allein in der Halle ließ er Till kommen, seinen Schreiber, den einstigen Spielmann, um ihm einen Brief an Markgraf Dietrich zu diktieren. Ottos Bruder wollte

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