Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
wollte zuvor noch sein Wort einlösen und mit dieser Sigrun vor die Kirchentür treten. Oder, so dachte der Alte, ihn juckt der Schwanz und er hat kein Geld für eine Hure. Wie er seinen Dummkopf von Sohn kannte, nahm der die Ritterehre viel zu ernst, um die Mägde seines Dienstherrn zu schwängern. Nun ja, wenn dadurch die Hochzeit schneller zustande kam, sollte es ihm recht sein. Seinetwegen heute noch. Er war gespannt darauf zu sehen, ob sein Ältester Manns genug war, der zimperlichen Nachbarstochter im Bett Gehorsam beizubringen.
    Nach einem schweigsamen Ritt erreichten sie den Wohnsitz des Nachbarn.
    »Bitte den Herrn des Hauses und die Jungfrau Sigrun hierher«, wies der Silberfuchs einen Knecht an, der sich verneigte und sofort verschwand.
    Augenblicke später erschien Sigruns Vater Bruno, ebenso grauhaarig wie sein Nachbar, aber nicht sehnig und dürr wie jener, sondern stämmig und wohlgenährt.
    Die beiden alten Männer schlugen sich zur Begrüßung gegenseitig auf die Schulter. Der Hausherr bot ihnen Platz an und ließ Wein, Brot und Schinken bringen.
    Kurz darauf trat Sigrun in die Halle, blass, mit krampfhaft erhobenem Haupt und verkniffenem Gesicht.
    »Ihr wünscht mich zu sehen, Herr Vater?«
    »Nicht ich, sondern dein künftiger Gemahl«, sagte ihr Vater, mit vollen Backen kauend. »Also, Lukas, spannt uns nicht länger auf die Folter. Was zieht Euch auf einmal zu Eurer Braut?« Lukas, der keinen Bissen gegessen, sondern nur einen Becher Wein hinuntergestürzt hatte, stand auf und betrachtete seine Verlobte mit halb zusammengekniffenen Augen.
    »Stimmt es, dass Ihr den Häschern der Kirche den Aufenthaltsort der Dame Marthe verraten habt?«
    Sigrun zuckte zusammen. Doch dann reckte sie ihr Kinn vor und sagte trotzig: »Was meint Ihr mit Häschern? Hätte ich etwa einen Geistlichen belügen sollen?«
    »Ihr habt ein Geheimnis preisgegeben, das Ihr erlauscht habt, elende Schnüfflerin!«, warf Lukas ihr an den Kopf. Bevor er weiterreden konnte, fiel Sigruns Vater ihm wütend ins Wort.
    »Junger Mann, ich dulde nicht, dass meine Tochter in meiner Halle beleidigt wird. Wartet, bis sie Euer Weib ist, dann könnt Ihr mit ihr nach Belieben verfahren. Bis dahin werdet Ihr die Regeln der Höflichkeit befolgen.«
    Lukas verneigte sich knapp in Brunos Richtung, doch dann fuhr er unvermindert in seiner Anklage fort. »Ich beschuldige Eure Tochter, die Gemahlin meines Dienstherrn verraten zu ha ben. Nach allem, was wir wissen, ist sie tot. Sie und ihr ungeborenes Kind.«
    Nun richtete er das Wort wieder in aller Schärfe an Sigrun: »Die Dame Marthe hat Euch freundlich aufgenommen, sie hat Euer Leben gerettet, als Ihr auf den Tod krank wart. Und Ihr habt sie ausgeliefert an Männer, von denen Ihr wusstet, dass sie sie ermorden wollten.«
    Mit jäh aufbrandendem Zorn wandte sich Bruno an seine Tochter: »Ist das wahr?«
    Wieder zuckte Sigrun zusammen, doch dann hob sie ihr Kinn noch ein bisschen höher. »Wie könnte ich Männer der heiligen Mutter Kirche belügen? Sie wollten wissen, wo sie ist, und ich musste es ihnen sagen. Wenn sie vor ein Kirchengericht gestellt wurde, wird das schon herausgefunden haben, ob sie nun eine Hexe war oder nicht.«
    »Die Probe bewies ihre Unschuld«, hielt Lukas ihr mit immer lauter werdender Stimme vor. »Doch Euretwegen musste sie Fürchterliches erdulden. Sie haben sie gefoltert und fast ersäuft wie eine junge Katze! Nach dem, was wir erfahren mussten, hat sie die Folter nicht überlebt. Könnt Ihr damit leben, Frömmlerin?«
    Sigrun öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch bevor sie dazu kam, donnerte ihr Vater: »Schweig!«
    Er rieb sich mit den schwieligen Händen übers Gesicht, sah erst zu Lukas’ Vater und dann zu seiner ältesten Tochter. »Mit einem erlauschten Geheimnis den Gastgeber verraten! Und noch dazu eine Dame, in deren Schuld du standest. Noch nie hat jemand solche Schande über dieses Haus gebracht.« Dann brüllte er sie an: »Geh mir aus den Augen, ehe ich dich zum Krüppel schlage!«
    Sigrun duckte sich, als wollte sie einen Schlag abwehren, und ging mit zögernden Schritten rückwärts aus der Halle.
    So konnte Lukas ihr ins Gesicht blicken, als er ihr seine nächsten Worte entgegenschleuderte. »Ich muss damit leben, dassich mit Euch das Verderben in das Haus meines Dienstherrn geholt habe. Aber ihr müsst damit leben, den Tod einer Unschuldigen auf Euch geladen zu haben. Nun habt Ihr tatsächlich etwas, wofür Ihr Buße tun könnt. Am besten in

Weitere Kostenlose Bücher