Die Spur des Boesen
alles durcheinander gebracht«, schimpfte sie. »Wir brauchen einen Vorsprung. Müssen ihnen was zum Nachdenken geben.« Sie sah sich um, bis ihr Blick auf dem neuen Herd zur Ruhe kam. Dann wandte sie sich zu Tommie.
»Du schnappst dir diesen Corso und legst ihn in den Kofferraum vom Pontiac. Und nimm eine Hacke und eine Schaufel mit. Wir verbuddeln ihn draußen in der Nähe von Evers Marsh, wo Gordie mit den Kindern immer zum Zelten hingeht.«
Tommie machte sich auf den Weg. »Gordie lagert für den Notfall immer ein paar Kanister mit Benzin im Schuppen«, erklärte sie. »An einem Nagel hängt ein großer, alter Trichter. Füll so viel Benzin in den Pontiac, wie reinpasst. Damit kommen wir ziemlich weit, ohne anhalten zu müssen.«
38
Sarah warf ihr Fahrrad auf das ihrer Schwester und rannte zur Treppe, die zur Küche führte. Nach zwei Stufen blieb sie stehen. Die Innentür stand offen. Sie wollte etwas rufen, besann sich aber eines Besseren. Stattdessen lauschte sie nur. Kein Geräusch. Nichts. Und dann... dann hörte sie, wie ihre Mutter im Flur in diesem widerlichen Singsang, den sie so sehr an ihr hasste, mit sich selbst redete. Dieser Ton, in dem sie redete, wenn sie glaubte, dass ihr niemand zuhörte. Doch diesmal klang es so, als würde sie nebenher etwas tun. Etwas Anstrengendes. »Jetzt komm schon«, sagte sie. »Ich muss dich nur hier rausschaffen. Komm schon. Ist doch ganz einfach. Genau. Los...«
Als die Stimme ihrer Mutter lauter wurde, ergriff Panik Sarah, und sie versteckte sich hinter der Küchentür. Sie wartete eine Sekunde, dann schielte sie um die Ecke. Ihre Mutter kam vornübergebeugt rückwärts in die Küche und zog etwas hinter sich her. Nicht etwas, einen Menschen! Zog diesen Menschen an den Füßen. Sarah stockte der Atem, erschreckt presste sie sich ihre Hand auf den Mund und beobachtete, wie ihre Mutter den Rest des Körpers in die Küche zerrte und die Tür scheppernd zuschlug. Als sie noch weiter in die Ecke rutschte, berührte ihre Hand etwas Kaltes und Hartes. Sie blickte nach links. Dort lehnte das große Rohr an der Wand, das Papa für den neuen Herd angefertigt hatte. Wieder spähte sie um die Tür herum. Der Kopf der Leiche steckte in einer weißen Tüte von Meijer's. Doch das spielte keine Rolle. Sie erkannte das Hemd. Mama May hatte es Papa letztes Weihnachten geschenkt. Sarah unterdrückte ihr Schluchzen und zog den Kopf zurück. Mama plapperte wieder vor sich hin. »Ich muss dich nur hier hinlegen. Dann sieht's so aus, als hättest du an dem neuen Herd gearbeitet und irgendwas wäre schief gelaufen. Was mit dem Gas. Eine schreckliche Tragödie. Hat euch beide umgebracht.«
Je mehr Sarah ihrer Mutter zuhörte, desto wütender wurde sie. Sie spürte, wie die Hitze in ihr aufwallte, den Hals hinaufstieg bis zu den Ohren, bis sie ihr eigenes Blut rauschen hörte und der Puls in ihren Schläfen trommelte.
Und dann das Geräusch. Ein lautes Zischen. Und fast gleichzeitig drang der Gestank von Gas an ihre Nase. Wieder spähte Sarah um die Ecke. Ihre Mutter stand mit dem Rücken zu ihr, ein Geschirrtuch vors Gesicht gedrückt, während sie Werkzeug aus dem roten Metallkasten nahm. Sarahs Augen begannen zu tränen, als sie den Hustenreiz unterdrückte.
Als sich Tommie de Groot bückte, um seinen Gefangenen in den Kofferraum zu heben, richtete sich Corso auf und rammte ihm seinen Kopf ins Gesicht, so dass Tommie auf dem Hosenboden landete. Tommie stand wieder auf, rieb sein Gesicht und trat Corso gegen den Kopf. »Dafür wirst du nachher noch bezahlen, du Drecksau«, schimpfte er. »Gott ist mein Zeuge, dafür wirst du bezahlen.« Noch einmal holte er mit dem Fuß aus und trat Corso in die Magengrube. Corso blieb die Luft weg, unter Krämpfen versuchte er, durch seinen mit Klebeband verschlossenen Mund Luft zu holen. Tommie packte Corso am Revers und schaffte es irgendwie,dessen Oberkörper über den Rand des Kofferraums zu hieven. Er legte eine Pause ein, um sich übers Gesicht zu wischen, dann umfasste er Corsos Füße und schob den Rest von Corsos Körper so schwungvoll hinterher, dass der Wagen ins Schaukeln kam.
Sie fuhr blind. Ohne Scheinwerfer. Holperte über die wellige Einfahrt. Eine Hand auf dem Lenkrad, die andere mit dem Telefon am Ohr. »Könnten Sie mir Ihren Namen nennen?«, fragte der Einsatzleiter zum dritten Mal.
»Bitte«, flehte Dougherty. »Das ist ein Notfall. Ich bin in der zwei-sieben-sechs-fünf-vier RFD zehn. M. Fulbrook steht auf dem Briefkasten.
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