Die Spur des Dschingis-Khan
Himmlische Reich jeweils unter Waffen gehabt hatte, würde es der großen Aufgabe gerecht werden können, wenn ihm hier ein unerwartetes … ein unerklärliches Unwetter die Schwingen lähmte?
Ihr abergläubischer Sinn sah in diesem Wetter ein böses Vorzeichen für den ganzen Feldzug. Ugetai brach das Schweigen:
»Was ist’s mit dem Toghon? Als die ersten Flocken fielen, wurde sein Gesicht bleicher als der Schnee. So sah ich ihn nie in den dreißig Jahren unserer gemeinsamen Kämpfe.«
Es dauerte, bis Batu die Antwort fand:
»Auch ich erschrak, als ich die Miene Toghons sah. Furcht ist in Toghon! Er scheut das Antlitz der zürnenden Natur. Wer hätte sonst jemals den Toghon im Felde im Zelt gesehen?«
Er, der Toghon, ruhte im schnell errichteten Zelt auf einem niederen Lager. Die Augen, weit geöffnet, starrten zu der braunen Leinendecke.
Ein schwerer Atemzug hob die Brust des Liegenden. Seine Hand warf den Teppich zurück, der ihn bedeckte. Mühsam richtete er sich auf. Und dann begann er zu wandern. In dem engen Geviert des Zeltes schritt er rastlos hin und her.
Dieser ungeheure Schneefall … es war ein Eishandschuh, den Europa ihm vor die Füße warf … und den er nicht aufzunehmen vermochte.
Aber wie weit reichten Schnee und Frost? Bis in die warmen, weichen Steppen des Siedlerlandes? … Unmöglich!
Wo blieben die Flugzeuge, die ihm Meldung brächten, wie es da vorne stand? Der Schneesturm ließ keinen Boten durch …
Lauschend hob er das Ohr … da! … Ein Surren von Propellerflügeln. Er riß den Vorhang zurück und trat ins Freie.
Prüfend überflog sein Auge das dunstige Himmelsgewölbe. Da … In höchster Höhe ein Pünktchen … War’s einer von seinen Fliegern? …
Mit kaum bezähmter Ungeduld wartete er. Sein Auge fiel auf die Gruppe der Offiziere, die ihn schweigend anstarrten. Ein argwöhnischer Blick überflog prüfend die Gesichter. Sahen sie die Verzweiflung, die in ihm tobte?
Der Ruf: »Flieger von uns!« drang an sein Ohr und wirkte erlösend. Noch wenige Minuten, in denen alle Aufmerksamkeit der näherkommenden Maschine galt. Dann landete das Flugzeug. Der Flieger kam, von vielen Händen gewiesen, den Abhang hinaufgeeilt. Stand vor ihm.
»Wo kommst du her?«
»Vom Ural!«
»Wie weit reicht der Schnee?«
»Bis zum Saisan-Nor! Die Ebene des Saisan-Nor ist noch braun und weiß. Je weiter ich nach Osten kam, desto weißer wurde das Land.«
»Das Siedlerland …«
»Liegt grün in hellem, warmem Sonnenschein.«
»Vorwärts!«
Weithin hallte seine Stimme. Das alte Siegesbewußtsein kam zurück. Mit einer stolzen Geste wandte er sich zu seiner Umgebung.
»Vorwärts! In ein paar Tagesmärschen sind wir im blühenden Siedlerland. Da ist Sommer! … Da finden wir den Gegner und schlagen ihn! Jeder Schritt bringt uns näher an das sonnige Ziel und an den Feind.«
Wie ein Lauffeuer pflanzte das Kommando sich fort.
Auf! … Vorwärts! schallte es durch die rastenden Kolonnen. Hier schneller, dort langsamer erhoben sich die lagernden Truppen. Die Formationen schlossen sich zusammen. In unablesbarem Zuge strebte die gelbe Heeresmacht von neuem gen Westen.
So ging es Stunden hindurch. Schon stand die Sonne, die an diesem Morgen mit ihnen im Osten aufgebrochen war, weit vor ihnen im Westen. Doch ihre Strahlen fehlten. Kahl und grau blieb der Himmel. Unabsehbar streckte sich das weiße Gefilde.
Die Dämmerung kam … und stärker wurde der Frost. Er preßte der Luft die letzte Feuchtigkeit aus. An den bizarren Skeletten der im vollen Sommerlaub erfrorenen Bäume bildete sich wunderlicher Rauhreif. Einzelne dicke Reifflocken fielen aus der fast windstillen Luft.
Hin und wieder zerriß ein weithin hallendes Krachen und Donnern die Abendstille. Dann war irgendwo der so plötzlich gefrorene Boden auseinandergerissen.
Nur noch mühsam hielten sich die Kolonnen in Bewegung. Immer häufiger wurden die Stürzenden. Da endlich kam der Befehl:
»Halt!«
Glücklich die, in deren Nähe Wald wuchs. Im Augenblick krachten die Stämme unter den Schlägen der Äxte. Um die lodernden Feuer drängten die Soldaten ihre erstarrten Glieder.
An vielen Stellen zerriß schon jetzt die Ordnung. Die kein Holz mehr fanden, verließen ihre Plätze und eilten zu den wärmeverheißenden Feuern. Die meisten, ohne sich um Ausrüstung und Waffen zu kümmern. Dicht aneinandergedrängt erwarteten sie den Morgen.
Nach endloser Nacht verriet das Grau im Osten den kommenden Tag. Fast niedergebrannt waren die
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