Die Spur des Spielers
nicht zum Telefon. Er ging ins Labor, nahm den Briefumschlag, der ebenfalls in dem Schachbrett versteckt gewesen war, und öffnete ihn. Ein kleiner Stapel Fotos rutschte heraus.
Justus betrachtete sie. Es waren Schwarz-Weiß-Bilder, auf der zwei Männer an einer Straßenecke zu sehen waren, die offenbar versteckt aufgenommen worden waren: eine Fotoreihe, die zeigte, wie der eine Mann dem anderen ein kleines Päckchen gab und dann weiterging. Im Hintergrund war ein Straßenschild zu sehen, auf dem etwas in einer Schrift stand, die der Erste Detektiv nicht lesen konnte. Justus brauchte einen Moment, doch dann erkannte er einen der Männer. Die Brille hatte er damals schon getragen.
Mrs Chiccarelli bemerkte jetzt, dass Justus gar nicht telefonierte. »Was machst du denn da?«
»Ich sehe mir die Fotos an, die ebenfalls in dem Schachbrett versteckt gewesen waren«, sagte Justus gelassen. »Die hatte ich gar nicht erwähnt, oder? Na, so was ...«
Sofort war Mrs Chiccarelli bei ihm und entriss ihm auch die Fotos. Justus wehrte sich nicht. »Zu spät, Mrs Chiccarelli. Ich habe sie mir schon angesehen. Und ich glaube, ich verstehe jetzt ein bisschen besser, was wirklich geschehen ist.« »Was denn, Justus?«, fragte Bob aufgeregt. »Was ist auf den Bildern zu sehen?«
»Bishop Blake in jungen Jahren. Und zwar irgendwo im Ostblock, wie mir das Straßenschild in kyrillischer Schrift verraten hat. Er wurde heimlich dabei fotografiert, wie er sich mit einem Mann traf und ihm ein Päckchen gab.«
Mrs Chiccarellis Faust ballte sich. »Hab ich’s doch gewusst!«, murmelte sie. »Toll«, sagte Peter. »Justus hatte einen Moment der Erkenntnis, Mrs Chiccarelli hat es immer gewusst, nur ich begreife mal wieder gar nichts.«
»Was, denkst du, haben diese Fotos in Gregor Lanskys Schachspiel zu suchen, Zweiter?« Peter zuckte mit den Schultern.
»>Mein Leben hängt von diesem Schachspiel ab!< Das hat nicht nur Ihr Vater immer wieder behauptet, Mr Silverman, sondern auch Bishop Blake. Und mir ist jetzt auch klar, warum. Weil Bishop Blake nur augenscheinlich ein Agentenjäger war. Eigentlich war er selbst einer. Ein Doppelagent.«
Die letzte Spur
Bob schnappte nach Luft. »Du meinst, er hat selbst für die Russen spioniert? Für beide Seiten gleichzeitig sozusagen?« Justus nickte. »Und diese Bilder waren der Beweis dafür. Der andere Mann ist vermutlich ein russischer Spion. In den Händen der richtigen Leute hätten diese Bilder Bishop Blake überführt und hinter Gitter gebracht. Aus irgendeinem Grund wusste oder ahnte Blake, dass Lansky im Besitz der Bilder war und dass sie vermutlich in dem Schachbrett versteckt waren. Deswegen wollte er das Brett unbedingt haben. Nicht, um Gregor Lanskys Leben zu zerstören. Sondern um sein eigenes zu retten.«
»Und für Lansky waren die Fotos eine Art Lebensversicherung«, überlegte Bob laut. »Er wusste, dass er in relativer Sicherheit war, solange er die Bilder hatte. Blake würde es nicht riskieren, ihn auszuliefern, solange er befürchten musste, dass Lansky ihn verriet. Deshalb war das Schachbrett so wichtig. Für beide.«
Justus wandte sich grimmig an Mrs Chiccarelli. »Und Sie wussten das die ganze Zeit.«
Sam Chiccarelli schien einzusehen, dass sie nichts mehr geheim halten konnte. »Ich ahnte es. Wir wussten damals, dass es einen Maulwurf beim Geheimdienst gab. Ich hatte Blake die ganze Zeit in Verdacht, aber mir fehlte der Beweis. Ein Beweis wie diese Fotos zum Beispiel.«
»Und Blake ahnte, dass Sie ihm auf den Fersen waren?«, mutmaßte der Erste Detektiv.
Sie nickte.
»Deshalb hat er Ihren Namen genannt. Er dachte, er würde den Unfall vielleicht nicht überleben. Und er fühlte sich so von Ihnen verfolgt, dass nur Sie für ihn als Täterin infrage kamen.«
»Dabei habe ich mich seit dem Tag, an dem ich meinen Beruf aufgegeben habe, nicht mehr um ihn gekümmert«, verteidigte sie sich.
»Das glaube ich Ihnen«, sagte Justus. »Blake litt genauso unter Verfolgungswahn wie Gregor Lansky.«
»Eine Berufskrankheit«, bestätigte Mrs Chiccarelli.
»Als Peter ihn dann am nächsten Tag im Krankenhaus fragte, behauptete Bishop Blake natürlich, den Namen Sam Chiccarelli noch nie gehört zu haben. Schließlich konnte es ihm nicht recht sein, dass wir drei zu Ihnen gehen und auf diese Weise womöglich sein Geheimnis lüften. Dabei hätte er sich darüber gar keine Sorgen machen müssen. Sie verraten keine Geheimnisse, wenn Sie nicht dazu genötigt werden, nicht
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