Die Staatsanwältin - Thriller
Wagen vor Brandywines Haus zu postieren. Ich erinnerte Masterson daran, dassBrandywine ein Pornosüchtiger sei, kein städtischer Würdenträger. Aber ich wusste, er hatte recht. Wenn Brandywine etwas passierte, würde es in Milton County monatelang kein Schuldbekenntnis mehr geben.
Es war zwei Uhr am Mittwochmorgen, als mich das Telefon aus meinem schlafmittelverstärkten Schlaf riss.
»Du musst dir keine Sorgen machen, dass Brandywine zu billig wegkommt«, sagte L. A. »Er und seine Mutter sind eben bei einem Hausbrand gestorben. Es heißt, die Explosion sei durch Fernzündung ausgelöst worden.«
Ich saß aufrecht im Bett und versuchte, die Spinnweben aus meinem Kopf zu wedeln. »Ich dachte, sie haben Brandywine überwacht.«
»Haben sie auch. Aber die Sprengvorrichtung wurde offenbar schon vor ein paar Tagen im Haus versteckt.«
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48
Am Donnerstagabend ging ich ins Büro meines Vaters und wühlte mich in einer Ecke durch einen Aktenschrank. In der dritten Schublade von oben fand ich die VHS-Bänder, auf denen der Kanzleipartner meines Vaters Marshalls Mordprozess aufgezeichnet hatte, der auf Court TV gelaufen war. Während des Jurastudiums hatte ich mir oft geschworen, dass ich das ganze Ding von vorn bis hinten anschauen würde, hatte aber nie die emotionale Energie aufgebracht, es auch zu tun.
Ich schloss einen alten Videorekorder im Wohnzimmer an und brauchte ungefähr zwanzig Minuten, um den Abschnitt zu finden, den ich suchte. Richterin Snowdens Entscheidungen waren im Berufungsverfahren auseinandergenommen und von Mace James endlos kritisiert worden, aber von den Berufungsrichtern immer bestätigt worden. Hingegen hatte es einige größere Meinungsverschiedenheiten darüber gegeben, ob man Caleb Tate hätte erlauben sollen, einen Gutachter aufzurufen, der nachwies, dass die Cops meinen Vater dahingehend beeinflusst hatten, Marshall fälschlich zu identifizieren.
Die Polizei hatte Antoine Marshall von Anfang an verdächtigt. Er warschon vorher wegen Einbruchs und Diebstahls verhaftet worden. Er hatte so seine Drogensucht finanziert. Laut Caleb Tate hatten die Cops meinem Vater mit ihren Suggestivfragen Merkmale von Antoine Marshall in das Gedächtnis gebrannt: Hatte der Verdächtige Dreadlocks? War er Afroamerikaner? Wirkte er dünn und athletisch?
Bei der Gegenüberstellung sei dann Marshall der Einzige in der Reihe gewesen, der alle äußeren Merkmale aufwies, die meinem Vater eingeimpft worden waren.
Genau wie bei dem Experten zum Thema Identifizierung von Menschen anderer Hautfarbe bestimmte Richterin Snowden, dass das Gutachten zur sogenannten manipulierten Gegenüberstellung unzulässig war. Sie ließ Tate den Experten allerdings in Abwesenheit der Jury vorladen, um eine Aufzeichnung für die Revision zu haben. Ich fand den Beginn der Aussage und sah ihn mir mit einem unguten Gefühl in der Magengrube an.
Der Name der Gutachterin war Dr. Natalie Rutherford, eine zierliche und dynamische Professorin für Psychologie an der University of Michigan, die viel über die Fabrikation falscher Erinnerungen veröffentlicht hatte. Sie hatte sich in zahlreichen anderen Fällen als Gutachterin hervorgetan. In einem bedeutenden Prozess hatte sie über einen Psychiater ausgesagt, der einer Patientin unter Hypnose falsche Erinnerungen eingepflanzt hatte. Diese Patientin war danach überzeugt, dass ihr Priester sie als Kind wiederholt vergewaltigt habe. Doch im Zuge der strafrechtlichen Ermittlungen wurde entdeckt, dass die Patientin Jungfrau war. Der Priester verklagte den Psychiater, und Dr. Rutherford sagte für den Priester aus. Die Geschworenen sprachen ihm im Prozess 2,5 Millionen Dollar zu.
Gemeinsam mit ihren Studenten hatte Dr. Rutherford mehr als hundert Experimente mit über fünftausend Versuchspersonen durchgeführt, um zu dokumentieren, wie Fehlinformationen veränderte Erinnerungen hervorrufen können. Einer ihrer Lieblingstricks war, ein Foto der Versuchsperson als Kind zusammen mit einem Elternteil in ein Foto eines Ortes zu kopieren, an dem diese Person nie gewesen war. Nachdem sie die Montage gesehen hatte, wurde die Person gebeten, das Ereignis auf dem Bild zu beschreiben. Die meisten lieferten lebhafte Details und erinnerten sich an Einzelheiten von Begebenheiten, die nie stattgefunden hatten.
Rutherford bezeugte, dass dasselbe Phänomen auftrete, wenn Personen versuchten, sich Erlebnisse aus der jüngeren Vergangenheit ins Gedächtnis zu rufen. Unsere
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