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Die Stadt am Ende der Zeit

Die Stadt am Ende der Zeit

Titel: Die Stadt am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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nutzte Glaucous höchstens sich selbst, also niemandem, und wurde entsprechend behandelt.
    Ein Gentleman edler Herkunft, seine Vorfahren hatten in unmittelbarer Nachbarschaft von Westminster Abbey gelebt, erwischte Glaucous eines Tages beim »Falschspiel« mit Karten. Nachdem die Schläger des feinen Herrn den reumütigen Gnom in die Zange genommen hatten, befahl ihr Dienstherr ihnen, Glaucous wie einen Hund in einen Käfig zu verfrachten und zu seinem Landsitz zu befördern.
    Dort wurde er in ein unterirdisches Verlies gesperrt, dessen Räume alle durch schwere Vorhängeschlösser gesichert waren. Jeder neue Raum, den er bezog, war etwas größer und heller als der vorherige. Irgendwann gab die Haushälterin ihn in den Gewahrsam eines fülligen Stutzers namens Shank, dem es
überlassen blieb, über das weitere Schicksal von Max Glaucous zu entscheiden. Er sollte ihn zur Unterhaltung des Gentlemans entweder bestrafen oder herausfinden, ob dieser raue Bursche tatsächlich ein echtes Talent besaß, das zu fördern sich lohnte.
    Und so geschah es: Irgendwann offenbarte Shank dem jungen Gauner, dass es für sein unausgereiftes Talent eine Bezeichnung gab. Glaucous sei von Natur aus ein Glücksjäger. »Sonst wäre ein solcher Mops wie du auf der Straße längst unter die Räder gekommen und gestorben«, erklärte er. »Manche nennen es Glück, andere Fortune. Wir hier bezeichnen es als eine Jagd nach dem Glück , die eine starke Willenskraft voraussetzt. Diese Willenskraft nutzt man fortwährend und in beliebigen Situationen dazu, dem Glück auf die Sprünge zu helfen – selbstverständlich zum Nutzen des Dienstherrn, und nur für ihn.«
    Unter Shanks Anleitung brachte Glaucous Münzen dazu, stets auf der gewünschten Seite zu landen, gruppierte Spielkarten neu, ohne sie auch nur anzutasten, lenkte die Bahn einer silbernen Roulettekugel genauso wie den Fall von Holzkugeln in einem rotierenden Zylinder. Ihr gut aussehender, nobler Dienstherr war zwar selbst keine Spielernatur, doch ihm wurde schnell klar, dass viele Spieler etwas dafür geben würden, auch Bargeld, wenn ein so talentierter Bursche wie Max sie in die einschlägigen Clubs begleitete.
    Und so wendete sich das Schicksal von Maxwell Glaucous zum Besseren, während er von Monat zu Monat schlechteren Umgang pflegte, auch wenn das der Kleidung und dem Status dieser Leute nicht unbedingt anzumerken war.
     
    Glaucous griff nach einer Ausgabe von The Stranger und schlug treffsicher die Seite mit den Kleinanzeigen auf. Da war sie, die
Anzeige, aber nicht von ihm aufgegeben. Er ließ das Blatt auf den Tisch fallen und stieg lautlos die Hoteltreppe hinauf. Im zweiten Stock schnupperte er und streckte die Hand aus, um rückläufige Strömungen zu erfassen. Noch zwei Treppenfluchten. Im vierten Stock blieb er kurz vor einem Notausgang stehen, prüfte, ob die Scharniere der Tür quietschten, und schob sie leise auf. Dahinter lagen sechs Zimmer, drei auf jeder Seite des Ganges, an dessen Ende sich ein durch Stahldraht verstärktes Milchglasfenster befand. Das Licht, das durch das Fenster auf den Gang drang, waberte, denn es stand mit Glücksjägern auf dem Kriegsfuß, und jetzt waren gleich zwei in unmittelbarer Nähe.
    Glaucous strich über den Knopf der ersten Tür zu seiner Linken. Im Zimmer wetteiferte laute Musik mit den grellen Stimmen von zu schnell gewachsenen Kindern – Fernsehen . Lautlos wie eine Katze überquerte er den Gang und tastete an der gegenüberliegenden Tür herum. Das Zimmer war zwar unbewohnt, gab seinen forschenden Fingern aber trotzdem gewisse Informationen: Irgendjemand hatte sich hier überrumpeln und ermorden lassen. Immer noch war das wimmernde Vibrieren des Schicksalsknotens zu spüren, der das Unglück heraufbeschworen hatte.
    Glaucous schlich weiter. Hinter der nächsten Tür fand er, was er suchte: das leise, stete Atmen eines verhältnismäßig jungen Mannes (Chandlers Alter betrug nicht einmal ein Fünftel seines eigenen) und dessen Kraft (die Chandler jedoch vergeudete und schlecht beherrschen konnte).
    Erneut blähten sich seine Nasenflügel, denn er roch etwas wie Kerzenrauch. Sicher stammte er von Chandlers Gefährtin, einer stets verschleierten, sehr gefährlichen Frau. Als Glaucous
sich näher beugte, hörte er eine Münze aufschlagen. Dem gedämpften Geräusch nach zu urteilen, musste es ein Silberdollar Morgan’scher Prägung sein, der vom dünnen Teppich zurückprallte. Chandler übte. Stets landete der Dollar auf der

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