Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
waren meistens spendabler als die Hageren, verlangten weit weniger und verfielen bald in den Schlaf des Befriedigten. Vielleicht mochte sie den Farang wirklich ein wenig, aber selbst andernfalls hätte sie ihm die Illusion vermittelt, daß es so wäre.
    Die Goldblume war jetzt nackt, und ihre Zähne glänzten weiß in der schummrigen Beleuchtung, markierten ihr Lächeln. Sie wunderte sich, daß ein so großer Mann so handlich sein konnte. Kurz vor dem Höhepunkt verfiel er in einen Taumel. Seine Hände wurden derb und zupackend. Er keuchte stoßweise, bis die Erregung über ihm zusammenschlug. Dann ließ Brennhuber von Suchada ab, wurde still, ganz still, während draußen die Polster-Partisanen rings um den Swimming-pool lärmten und grölten.
    Der Raum lag in einem milden Halbdunkel. Eine Lichtorgel warf im Rhythmus der Musik bunte Tupfen an die Wand: Rot, blau, grün, lila – sie huschten über Körper, Gesichter und Konturen einer geschlossenen Gesellschaft, bei der kein Wunsch mehr offen blieb.
    Bruno hatte sich mit dem schüchternen Saumweber, der ihm dadurch aufgefallen war, daß er bis jetzt kein Wort gesprochen hatte, und Alipa an die Bar im Nebenraum zurückgezogen. Der Friseurmeister starrte seine hübsche Begleiterin an wie ein Kind den Lichterbaum. »Weißt du«, erklärte er Bruno, »bis vor kurzem war ich noch ein ganz munterer Vogel, aber dann ist meine Frau gestorben, und seitdem ist nicht mehr viel los mit mir.«
    Alipa lächelte Saumweber an und nickte. Er nahm ihre Hand, unbeholfen zunächst, dann küsste er sie.
    Dann sahen sie alle drei wieder zur Wohlstands-Pfütze hin: Anderl angelte sich seine erste Gespielin im Wasser, rieb sie trocken und fiel über sie her. Die anderen folgten seinem Beispiel. Die Körper verkeilten sich ineinander zu einem vielarmigen, vielbeinigen, vielköpfigen Ungeheuer, das lachte und keuchte, stöhnte und zappelte. Man nahm und wurde genommen, tauschte und wurde getauscht. Und oben auf dem bewegten Tausendfüßler thronte Plischke, der Berliner, wie der preußische Adler auf der Pickelhaube.
    »Auseinander!« schrie Anderl, der Osiris- Zeremonienmeister. »Los, Abkühlung im Wasser! Dann Partnerwechsel, dann … Stellt's euch doch nicht so o.«
    Er konnte sich nicht durchsetzen. Aus Rauchschwaden hörte man Lachen, Girren, Schreie; der Rhythmus dirigierte das Körperzucken. Abgeschlaffte Ehekrüppel polierten mit Hilfe exquisiter Fremdkörper das Verlangen wieder auf, und keiner der Paradies-Parasiten fürchtete, daß das Massenvergnügen ein schlimmes Ende nehmen könnte.
    In diesem Moment hörte Bruno an der Bar einen Schrei im ›Gelben Salon‹. Er sprang auf und lief, gefolgt von Alipa und Saumweber, auf das Apartment zu; er riß die Tür auf und sah die entsetzte Suchada, die Brennhuber anstarrte. »Er – er rührt sich nicht«, flüsterte sie. »Er ist …«
    »… tot«, stellte Bruno fest, der sich über den Baustoffgrossisten gebeugt hatte.
    Nicht zum ersten Mal wurde er in seinem Beruf von einer Story überrundet.

Dany war im Hotel festgehalten; die Telefonverbindung mit München klappte nicht. Immer wieder brach das überlastete Netz zusammen. Sie hatte sich mit Garella-Kalaschke geeinigt, und das hieß, sich seinen Bedingungen zu unterwerfen. Dazu gehörte, daß sie Frank entwarnte.
    Sie wartete zwei Stunden, hörte zwischendurch die TV-Nachrichten. Als sie den Luftfrachtbrief aus München öffnete, war es mehr Beschäftigungstheorie. Obenauf lagen die Archivausschnitte über Persulke.
    Die Journalistin überflog sie: 48 Jahre alt war der smarte Geschäftsmann der Handelsware Mensch, zum dritten Mal verheiratet, zweimal wegen Betrugs vorbestraft. Er stand in dem Verdacht, einschlägige Etablissements in Nürnberg, Frankfurt, Hamburg und München mit Thai-Mädchen zu versorgen, die von ihm in Bangkok angeworben und dann auf Umwegen in die Bundesrepublik eingeschmuggelt und zu Höchstpreisen vermarktet wurden.
    Dany blätterte das Archivmaterial durch; es wurde für sie interessanter: ›Ferdinand (Ferry) Fenrich, 42, Diplom-Architekt, Doktorarbeit Das Bauhaus heute (summa cum laude). Honorar-Professor mit Lehrauftrag an der Technischen Universität München. F. hatte hier, in London und in Bangkok studiert und eine Reihe von Ausschreibungen und Preise für hervorragende Modellentwürfe gewonnen. Er ist Träger der Gropius-Medaille und weiterer nationaler und internationaler Auszeichnungen.
    F. gilt seit langem als Vorkämpfer für humanes Bauen,

Weitere Kostenlose Bücher