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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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erwiderte der Agent.
    »Und wer fängt damit an?« fragte Dany. »Sie oder ich?«
    »Beide, und zwar gleichzeitig. Wenn wir das nicht schaffen, blase ich ›Flashlight‹ unverzüglich aus.«
    Dany ging wieder an die Zimmerbar, mixte sich einen Gin-Tonic. »Für Sie auch?« fragte sie.
    »Nein, danke.«
    »Zu Ihren Mitteilungen post festum würde auch Ihre Münchener Bestattungs-Farce gehören?« fragte Dany.
    »Ja.«
    »Und die Schilderung, wie sie den Unfall in New York inszeniert haben?«
    »Auch das«, versprach Garella. »Und sogar, wie ich Oberst Petrowski in den Westen holte.« Er sah, daß sie den Angelhaken geschluckt hatte, und drillte sie wie einen Fisch.
    »Darauf gebe ich Ihnen sogar eine kleine Vorleistung«, sagte er: »Ich habe den KGB-Mann über Burma und das goldene Dreieck nach Thailand eingeschleust.«
    »Auf diese Möglichkeit ist noch keiner gekommen«, erwiderte die Journalistin. »Vielleicht würden wir rasch einig, wenn Sie mir noch weitere Fragen auf Vorschuss beantworten würden –«
    »Fragen Sie!« entgegnete Garella.
    »Wie lange wird diese Operation voraussichtlich dauern?«
    »Entweder wir schaffen es in einer Woche oder nie.«
    »Und Sie haben sich inzwischen überzeugt, daß Ihr neues Gesicht nicht erkannt wurde?«
    »So ist es«, bestätigte der Agent.
    »Arbeiten Sie in dieser Sache mit der Thai-Polizei oder dem Geheimdienst zusammen?«
    »Keine Antwort«, erwiderte er.
    »Wie konnten Sie dann dieser Stewardess meinen Brief an Frank Flessa abnehmen?«
    Garella lächelte anerkennend. »Natürlich habe ich hier Helfer, aber nur inoffizielle.«
    »Und wie wollen Sie die Verbindung mit mir aufrechterhalten?« fragte die Journalistin.
    »Über Kim. Ich tauche morgen in den Untergrund ab. Sie wird im Hotel bleiben und ihre Rolle weiterspielen.«
    »Wer ist Kim?«
    Kalaschke betrachtete sie wie Adam Riese, der Rechenkünstler, den man gefragt hatte, wieviel zwei plus zwei ergäbe; aber er wußte, daß er, um ihr Vertrauen zu gewinnen, Zugeständnisse machen mußte.
    »Frau Kalaschke.«
    »Die richtige?«
    »Ja«, erklärte das Untergrund-As. »Ich habe sie mir mit Zustimmung ihres Ehemannes – er ist zur Zeit als Biologe auf einer Expedition im südamerikanischen Dschungel – für die Dauer dieser Operation ausgeliehen.«
    »Verdammt und zugenäht!« entgegnete Dany. »Ich fürchte, Sie haben mich reingelegt.«
    »Nicht reingelegt, sondern geködert«, erwiderte er.
    »Wie den KGB-Oberst Petrowski?«
    »So ungefähr – also sind wir Verbündete?«
    »Eigentlich waren wir es immer.«
    Die Journalistin faßte Zutrauen zu dem Mann mit dem schrecklichen Gesicht. »Möchte nur wissen, warum ich mich darauf einlasse«, sagte sie.
    »Vielleicht ist es die Intuition«, erwiderte Garella schieflippig.
    »Oder Wahnsinn«, versetzte Dany.
    Sie lachten beide, wiewohl es in ihrer Situation wenig zu lachen gab. Ein Viertelstunde später verschwand Garella genauso unauffällig aus Danys Apartment, wie er gekommen war.
    Die freie Jagd am Abend eröffneten jeweils die Zugvögel: Sowie in der ersten Dunkelheit die Neonlichter aufflammten, schwirrten zwecks Insektenverfolgung Myriaden sibirischer Schwalben in der Zugangsstraße von Pat Pong über die Köpfe der Passanten hinweg. Die gefiederten Emigranten auf Winterszeit versammelten sich dann wie auf Kommando nebeneinander aufgereiht wie Perlen auf einer Endlosschnur auf den Telefondrähten. Unter ihnen zogen die Kohorten der Lebenslust zu den Sammelpunkten der Sünde. Männerschwärme, Pfadfinder außerehelicher Geselligkeit, Sex-Scouts.
    Anderl, der Fuhrunternehmer und Nahkampfexperte, hatte den lästigen Persulke abgehängt und das Blue Moon als Sprungbrett für die Nacht durchgesetzt. Der hübsche intime Raum wies die ortsübliche Minimalbeleuchtung auf. Die adretten Serviermädchen, genauso erhältlich wie die Kandidatinnen auf Abruf in der Ecke, mußten sich mit Taschenlampen den Weg zu den Gästen bahnen. Die kleinen Exotinnen waren bunt und schillernd wie Orchideen: feil, doch nicht vulgär, käuflich, doch nicht gierig, wirkten sie durchaus nicht wie Sumpfblüten, und die meisten von ihnen waren es auch nicht freiwillig.
    Bruno, Danys Spürhund, der bei den passiven Rasensportlern weiterhin am Ball blieb, betrachtete sie als die unaufdringlichsten Animiermädchen, denen er je begegnet war. Geschöpfe, die ihn gegen Geld anmachten, waren ihm gleichgültig, aber die zierlichen Thai-Girls begannen ihn zu animieren. Sie nahmen Einladungen an,

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