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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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da war zunächst nichts zu machen«, stellte die Journalistin fest: »Der Flug nach Bangkok war für Wochen ausgebucht. Es gehörte einfach zu meiner Auffassung von Reportage, mit diesen Liebes-Touristen zu reisen. Ich wollte ja nicht eine Blume pflücken, sondern einen ganzen Strauß binden –«
    »Und wie kamen Sie dann doch in meine Maschine?« fragte Kalaschke.
    »Es wurden plötzlich drei Plätze frei und zwei davon verschaffte mir der tüchtige Reisemanager.«
    Er war ihr konzentriert gefolgt. Sie hatte ihm Anhaltspunkte gegeben, die er überprüfen lassen konnte. Dany wußte, daß es für das Spionage-As entscheidend war, ob die Begegnung im Flugzeug zufällig erfolgt war oder herbeigeführt worden war. Garella hatte jetzt die Möglichkeit nachzuforschen, ob tatsächlich im letzten Moment Flüge in der Charter-Maschine storniert wurden und zwei von ihnen der GLOBUS-Redaktion zufielen. So wie sie das Narbengesicht einschätzte, würde er unverzüglich ihre Angaben nachrecherchieren lassen und sich dann beruhigen.
    »Es war also schierer Zufall?« vergewisserte sich Kalaschke noch einmal.
    »Mein Wort darauf. Ich nehme an, daß Sie Ihre Totenfeier so arrangiert haben, daß sie zwar äußerst diskret, aber doch nicht unter gänzlichem Ausschluss der Öffentlichkeit verlief. Vielleicht haben Sie oder ein besonders kluger Mann sich einfallen lassen, ›confidential‹ Frank Flessa zu beteiligen, gewissermaßen als Eunuch im Serail.« Einen Moment lang lächelte Dany boshaft: »Man hat einen Mann und Wächter, und er kann doch keinen Schaden anrichten.«
    Garellas Gesicht blieb ausdruckslos; nur in seinen Augen zeigte ein Licht an, daß das frivole Wort bei ihm angekommen war. Irgendwie spürte Dany, daß ihre Mitteilungen ihn erleichterten.
    »Erst als ich Frank mit seiner schwarzen Krawatte sah«, fuhr sie fort, »tauchte in dieser Geschichte erstmals der Name Paul Garella auf. Ich begleitete meinen Mentor zum Nordfriedhof, und auf dieser Gespenster-Veranstaltung wurde mir klar, daß etwas nicht stimmen konnte. Ich nahm an, daß Sie ermordet worden seien und das Verbrechen aus politischen Gründen vertuscht würde.«
    »Gar nicht so abwegig«, entgegnete das Untergrund-As.
    »Und jetzt erst begann ich mich mit Ihnen zu befassen«, versetzte Dany. »Ich ließ feststellen, wie Ihre Leiche nach Deutschland gekommen war und beauftragte Larry Grindler mit Recherchen in New York.« Sie sah ihren Gegenspieler voll an: »Wiederum gebe ich Ihnen mein Wort, daß ich erst viele Stunden nach meiner Ankunft in Bangkok erfahren habe, daß Sie noch am Leben sind.«
    »Also eine Häufung mehrerer Zufälle zu meinen Ungunsten?« stellte der Flashlight-Protagonist fest. »Nach den Spielregeln der Branche müßte ich jetzt die Operation absagen, auch wenn wir verdammt viel Geld, Zeit, Mühe und Know-how in die Vorbereitungen gesteckt haben. Ich weiß nicht, ob ich das Risiko eingehen kann, denn noch nie hatte eine Affäre so großen Stils eine unerwünschte Mitwisserin. Es hängt jetzt von Ihnen ab, ob wir weitermachen oder aufhören«, erklärte Garella. »Ich möchte das New Yorker Angebot zu Ihren Gunsten vergrößern.«
    »Wie?« fragte Dany.
    »Ich muß Ihnen etwas sagen: Diese Aktion in Bangkok ist mein letzter Auftrag. Wie immer er enden wird, ich steige danach aus und setze mich irgendwo zur Ruhe.« Die Musik im Radio brach ab; er wartete, bis sie wieder einsetzte. »Und nun zu meiner Offerte: Ich biete Ihnen nach meinem Abgang bisher unbekannte Details meiner Tätigkeit.«
    »Ihre Memoiren?« fragte die Journalistin.
    »Gewissermaßen und unter Umständen.«
    »Und die Gegenleistung?«
    »Sie und Ihre Mitarbeiter vergessen, was Sie wissen, und halten sich ab sofort aus allem heraus.«
    »Und welche Garantien können Sie bieten?«
    »Mein Wort.«
    »Aber Herr Kalaschke!« entgegnete Dany. »In einer Branche, die von Finten und Finessen, Tricks und Fallen lebt?«
    »Agency Direktive NSC 10/2«, konterte er. »Quintessenz: Der Gegner tut es, also müssen wir es auch tun.«
    »Ich weiß, daß diese Untergrundarbeit nötig ist …«
    »… so notwendig und unbeliebt wie die Tätigkeit der Tellerwäscher, Leichenfrauen, Lohnschlächter, Kloakensäuberer und Steuerfahnder.«
    »Das habe ich nicht gesagt«, entgegnete Dany.
    »Aber gedacht«, versetzte Garella. »Und Sie haben ja recht. Der ganze Spionagedschungel lebt vom Misstrauen.«
    »Und wir sollten eine Möglichkeit finden, einander zu vertrauen?«
    »Wir müssen es«,

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