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Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition)

Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirko Kovac
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Dubrovnik und an seiner Aura teilhaben. Es verlockte gerade jene, die hinter Gottes Rücken, also im faktischen Nirgendwo lebten. Ganz zu schweigen von denen, die in der Nähe der Stadt zur Welt kamen! Es liegt mir fern, meinen Onkel und seine Lügen in Schutz zu nehmen, aber man muss gerechterweise anmerken, dass noch luzidere Köpfe als er der Verlockung des Schwindelns nicht widerstanden haben.
    Ich selbst kam erst im Alter von zehn Jahren nach Dubrovnik. Vaters gesamte Warenbestände gelangten über den Hafen von Dubrovnik zu uns, die Spuren dieser Stadt waren also schon früh überall sichtbar für mich. Alles erinnerte mich an sie, Zustellungsscheine, Stempel auf Tüten und Kaffee, auf Zucker, Reis und Salz.
    Obwohl ich das Meer nie gesehen hatte, versuchte ich es dennoch meinen Verwandten zu beschreiben. Ich tat es jedoch bangend und ängstlich. Meine kleinen Vorträge brachten die anderen leider nicht dazu, mit mir im kleinen Zug nach Dubrovnik zu fahren, obwohl ich mir Mühe gab, das Ganze verlockend und mystisch darzustellen. Über das Meer sprach ich immer mit leiser Stimme, weil ich es in meiner inneren Welt als großes Lebewesen empfand, das mir zuhört und über meine Worte wacht. Meinen Cousins flüsterte ich manchmal zu, das Meer sei ein gewaltiges, bebendes Wesen, das bewusst atmet und manchmal auch säuselt und das dann plötzlich wieder tobt und wild gegen Felsen einschlägt, das sich mehr und mehr aufbäumt und selbsttätig ein Muster in seine eigenen Stromwirbel malt. Ich erzählte von der Gefräßigkeit des Meeres, behauptete, dass in seinen Gedärmen ganze Inseln verschwunden sind, Kirchen, Schiffe und Kaimauern, an denen jeder einmal stand, der in die Weite der Welt aufgebrochen war, ja sogar Städtchen zählte ich auf, die in meiner Vorstellung seine Opfer geworden waren. Wer die Bewegung des Meeres zum ersten Mal sieht, den weht immer etwas Vertrautes an, und er glaubt, das Meer zu kennen, ist überzeugt davon, irgendwann, vor langer, langer Zeit, Teil von ihm gewesen zu sein. Kurzum, ich machte meine Cousins von meinen Geschichten abhängig. Einer von ihnen bezeichnete mich einmal als einen Angestellten des Meeres. »Du bist einer, der zaubert, und wir«, fügte er an, »wir müssen dir einfach alles glauben!« Auch die einfachen Leute versammelten sich um mich, wenn ich zu erzählen begann. »Der da drüben erzählt über das Meer«, hieß es dann. »Rennt hin und hört ihm zu!« Und die Leute kamen und spitzten aufmerksam die Ohren.

6
     
    Der Zufall war mein schelmischer Gefährte. Er arrangierte die ungewöhnlichsten, manchmal für mich selbst fast übernatürlich anmutenden Begegnungen, sodass ich mich heute noch manchmal frage, ob das eine oder andere in meinem Leben wirklich geschehen ist oder ob es nur Luftgebilde in meinem eigenen Kopf waren. Das Teufelchen Zufall hatte aber immer einen eigenen Plan und sorgte gerade dann für Unruhe, wenn ich schon mehrmals hintereinander Opfer merkwürdiger Verwicklungen geworden war und mich dann in Konstellationen wiederfinden musste, die ich hier etwas auffächern möchte.
    Ich reiste zum Beispiel einmal mit meinem Auto nach Dubrovnik und nahm mir ein Zimmer im Hotel Excelsior. Dort fühlte ich mich immer sehr wohl und willkommen. Das lag vor allem auch am Hoteldirektor. Er war ein freundlicher und vornehmer Herr und strahlte für mich etwas Vertrautes aus. Aber er bemühte sich auch darum, seinen Gästen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Mit den meisten Angestellten war ich auch schon bekannt, mit manchen von ihnen hatte ich sogar schon freundschaftlichen Umgang. Immer wenn ich den Zimmerschlüssel holte oder zurückbrachte, blieb ich einen Moment lang an der Rezeption stehen und hielt dort ein kleines Schwätzchen. Am häufigsten wurden bei solchen Unterhaltungen irgendwelche ungewöhnlichen Vorkommnisse thematisiert, die Leute vom Hotel wollten mit mir über merkwürdige kleine Irritationen aus ihrem Alltag reden. Damals war ich noch davon überzeugt, dass alles durch das Erzählen transparent gemacht werden kann, jedes Ding, jedes Wesen, einfach alles, ich sah darin sogar ein menschliches Grundbedürfnis, das mich aber zeitgleich in die Pflicht nahm, den anderen zuzuhören und dann sowohl meine als auch ihre Erlebnisse noch einmal schreibend zu durchlaufen, um sie auf diese Weise dem großen Gedächtnis zu übergeben.
    Die Kosten für dieses exklusive Hotel gingen auf Rechnung eines Produzenten. Ein großes und sehr

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