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Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition)

Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt im Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirko Kovac
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als die Worte seines Besitzers. Lächelnd und mit zärtlichem Blick sahen sie sich das zahme Tier an, und sogar die Frau mit den verschränkten Armen und den schlaffen Muskeln hatte eine eigene Interpretation über die Bedeutung seines Brüllens zur Hand.
    Der Bus kam auf einem kleinen Stück Rasen in der Nähe eines Häuschens zum Stehen. Eine Frau wartete dort, im Arm hatte sie zwei Kinder, die einander zum Verwechseln ähnlich waren. Unser Chauffeur nahm den Eimer mit den Innereien in die Hand, blieb kurz an der Tür stehen und sah zu mir herüber. Weil ich neu in der Gruppe war, wollte er mir zeigen, warum wir anhielten und wer sich darüber so sehr freute. Aber mir war das ohnehin längst klar. »Das hier ist meine Frau und unsere zweijährigen Zwillinge, das musst du erst mal alles ernähren!«, sagte er und verließ den Bus.
    Der Pfad bis zum Haus war plattgetreten, stellenweise auch gefliest, und der Zaun aus noch frischem Rundholz gezimmert, das aussah, als sei es gestern erst von der Baumrinde befreit worden. Der Fahrer trat näher, nahm die Kinder aus dem Arm der Mutter, spielte ein bisschen mit ihnen, und die Frau nahm den Eimer mit den Innereien an sich und verschwand im Haus. Der Vater stellte seine Zwillinge auf dem Boden ab, ging in die Hocke und sah sie sich ein paar Augenblicke lang an, dann stand er auf und ging rückwärts, um sie auf diese Weise noch ein wenig länger anschauen zu können. Die beiden Kinder fingen an zu weinen, als sie bemerkten, dass er wegging, er drehte sich um und ging schnelleren Schrittes, sprang in den Autobus und sagte außer Atem, dass es jetzt ohne Zwischenstopp direkt zum Sanatorium gehe. Seine Frau brachte die Kinder ins Haus und er verabschiedete sich mit seiner Sirene von ihnen, deren Nachhall im Tal und bis zur bergigen Anhöhe zu hören war. »So, wir schwimmen jetzt aus dem Talkessel nach oben«, sagte er und fügte stolz hinzu, dass er eine Schiffssirene im Bus eingebaut habe.
    Wir kamen wieder auf einen asphaltierten Weg, überquerten die alte Brücke, die so schmal war, dass der Bus es kaum schaffte, an einem Fahrrad vorbeizukommen. Wir überholten bald einen Ochsenkarren und fuhren noch etwa zwei Kilometer weiter, bis wir auf eine weiße, leicht ansteigende Straße abbogen, an deren Ende hochgewachsene Kiefern wuchsen. Nach den ersten Serpentinen fuhren wir ein Stück geradeaus, und dann wartete ein weiterer Anstieg auf uns, der schließlich bei der Ambulanz des Sanatoriums und einer Lagerhalle endete. An einem der Verwaltungsgebäude sahen wir die Aufschrift Ekonomat . Dahinter befand sich ein vierstöckiges Haus, mit Balkonen und Terrassen und einem braunen Holzzaun. Später entdeckte ich, dass aus den einzelnen Latten Harz tropfte. Kiefergeruch durchströmte die Luft.
    Auf dem mit Schotter geebneten Plateau, das Endstation und Wendeplatz für den Bus war, bewegte sich unser Gefährt bis an den Rand des Abgrunds, beinahe hätte es den Tabakladen und den Eichenstamm gestreift, an dem ein paar Todesanzeigen hingen. Durch das Fenster sah ich zwei Bergleute und einen hochgewachsenen Mann, der einen weißen, nicht mehr ganz sauberen Umhang trug. In jedem Fall schien er zur Belegschaft des Sanatoriums zu gehören, vielleicht war er auch in der Küche beschäftigt, denn in dem Moment, in dem wir anhielten, ging er direkt zur Hintertür des Busses und zerrte mit Hilfe der beiden Bergleute den Ochsen nach draußen. Er wehrte sich und brüllte, aber sie schrien auf ihn ein und schlugen ihn. Dann brachten sie das Tier hinter die Ambulanz. Sobald wir den Bus verlassen hatten, zeigten meine Mitreisenden auf ein großes weißes Hochhaus, Stolz war in ihrer Stimme zu hören, und jeder hatte das Bedürfnis, einmal das Wort Sanatorium zu sagen, ehrfürchtig, als handle es sich dabei um einen heiligen Ort. »Das ist unser Sanatorium«, sagten sie immer wieder, mit einem von Erstaunen gezeichneten Gesicht, als sei dies keineswegs ein gewöhnliches Gebäude, sondern ein großer weißer Ozeandampfer, der sich hier in die Berge verirrt hatte.
    »Heute sehe ich deinen Vater gar nicht auf der Terrasse«, sagte eine der Frauen besorgt, die sich gleich auf den Weg machte, behäbig und langsam, mit einem Gang, den sonst nur eine hundert Kilo schwere Person hatte. Alle paar Sekunden musste sie stehen bleiben, stellte ihren schweren Essenskorb auf dem Boden ab und ruhte sich kurz aus.
    Auf der anderen Seite des Gebäudes, zu der nur die Ambulanzwagen Zutritt hatten, waren Sirenen zu

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