Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt in den Sternen (German Edition)

Die Stadt in den Sternen (German Edition)

Titel: Die Stadt in den Sternen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
Vom Netzwerk:
»Weiß er, wo ich ...«
    Diesmal nickte die Abteilungssekretärin. Ein kleines Licht blinkte am Kommunikationspult auf. Die Blondine beugte sich nach vorn.
    »Ja, Sir! Er ist angekommen. Ich habe ihm gesagt, daß Sie auf ihn warten.«
    Das Licht verlosch. Nail McMan trat an das Pult. »Können Sie – können Sie mir meine Sachen zusammenpacken und nachschicken, wenn ich nicht mehr ...«
    Die Blondine nickte. Mit zusammengepreßten Lippen versuchte sie ein Lächeln. Sie schaffte es nicht.
    »Natürlich, Nail«, sagte sie. Ihre Stimme klang plötzlich rauchig und bedrückt.
    *
    Peter Reanny ließ sich fallen. Sein ganzer Körper schmerzte. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen eine dunkelgraue Wand und streckte die Füße aus. Er wußte nicht, wie lange er schon auf der Flucht war. Die endlosen und verwinkelten Gänge hatten ihn aufgenommen wie ein schützendes Labyrinth. Er preßte seine Rechte gegen die Brust und spürte das starke Schlagen seines Herzens. Immer wieder hatte er sich in den vergangenen Minuten an eine der Wände lehnen müssen, um Luft zu holen. Er spürte, daß sie dünner und leichter war als auf Semisopochnoi. Er vermißte das würzige Aroma des Meeres und den brandig-schwefeligen Geruch, der manchmal von der Spitze des Vulkankegels bis zum Blockhaus hinuntergeweht war.
    Einige Meter weiter hörte er das leise Plätschern von Wasser. Er richtete sich auf und lauschte. Das Dröhnen in seinen Ohren hinderte ihn daran, Richtung und Entfernung exakt festzustellen. Ohne Übergang dachte er plötzlich an seine Eltern. Als letzter Träger des Namens Reanny war er entschlossen gewesen, Semisopochnoi zum Ausgangspunkt einer neuen, starken Rasse von Fischern und Inselfarmern zu machen. Er hatte gewußt, daß es auf der Erde nicht mehr viele Punkte gab, an denen Menschen leben konnten.
    Plötzlich erkannte er, daß ihn die Probleme der letzten Jahre nichts mehr angingen. Ein neues Schicksal hatte völlig unerwartet in sein Leben eingegriffen. Noch wußte er nicht, wie er sich verhalten sollte. Er fühlte sich unsicher. Ganz tief in seinem Innern erwachte etwas – lose Fetzen einer Erinnerung, die nicht seine eigene war ... Mit den Fingerkuppen strich Reanny über den Boden neben seinen Beinen. Er war glatt und nur kaum merklich geriffelt. Reanny hatte noch nie ein ähnliches Material gesehen. Er richtete sich mühsam auf. Jede Bewegung kostete ihn Schweiß und Anstrengung. Die dünne Luft lähmte ihn. Er war nicht verletzt, aber er fühlte sich in seiner Bewegungsfreiheit eingeengt. Sein Körper gehorchte ihm nur unvollkommen, obwohl er sich in der neuen Umgebung wesentlich leichter bewegen konnte als auf Semisopochnoi. Irgendwie erinnerte ihn sein Zustand an einen Rausch.
    Mit den Händen zog er sich an zwei Rohren nach oben. Er hielt sich fest, bis er sein Gleichgewicht einigermaßen wiedergefunden hatte. Mit langsamen, fast schwebenden Schritten ging er weiter. Er hielt sich an den Rohren wie an einem Geländer fest. Der Gang ähnelte jetzt einem dunklen Tunnel. Er war drei Meter hoch und gewölbt. In der Mitte des Fußbodens erkannte Reanny farbige Streifen. Sie sahen aus wie eine willkürliche Verzierung, doch Reanny ahnte, daß seine Definition nicht zutraf. Die Summe der ungewohnten Eindrücke belastete sein Denken. Normalerweise dachte er langsam und logisch. Seine Entschlüsse waren sicher und aufeinander abgestimmt. Er war nie ein Freund von Spekulationen und Phantastereien gewesen. Selbst die Gespräche der Männer am Bohlentisch in der Blockhütte hatten ihn nie sonderlich interessiert. Sein Vater hatte ihn zu einem nüchternen, pragmatischen Realisten erzogen. Bisher hatte für ihn nur das gegolten, was er sah, ausrechnen konnte oder durch Erfahrung wußte. Langsam erkannte er, daß er sich umstellen mußte.
    Er hatte erfahren, daß die meisten Fehler durch Leichtsinn und Unwissenheit gemacht wurden. Er arbeitete sich durch den dämmrigen Tunnel und beschloß, auf jeden Fall vorsichtig zu sein. Fehler, wie den mit den beiden Fremden, durfte er nicht wiederholen ... Ein schwaches Blinken an der rechten Tunnelwand ließ ihn stocken. Er starrte in eine runde, gläserne Linse, die von einem Kranz aus schwachglühendem Material umgeben war. Reanny versuchte sich zu erinnern. Sein ungeschulter Geist arbeitete langsam. Doch er vergaß nie etwas, was er einmal gehört oder gelesen hatte. Er erkannte den Zweck der Linse. Wenn er den Kopf bewegte, folgte sie ihm in der Richtung. Die Aufnahmeoptik der

Weitere Kostenlose Bücher