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Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Titel: Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clarke Arthur C.
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Jeserac, wie Alvin wohl wusste, Kilometer voneinander entfernt, denn die Erbauer der Stadt hatten ebenso den Raum besiegt wie die Zeit unterworfen. Alvin wusste nicht einmal genau, wo seine Eltern unter den unzähligen Türmen und verworrenen Labyrinthen Diaspars wohnten, denn sie waren umgezogen, seit er zum letzten Mal physisch bei ihnen gewesen war.
    »Alvin«, begann Eriston, »es sind jetzt genau zwanzig Jahre her, seit deine Mutter und ich dir zum ersten Mal begegneten. Du weißt, was das bedeutet. Unsere Vormund schaft ist beendet, und es steht dir frei, zu tun, was dir behagt.«
    In Eristons Stimme schwang eine Spur – nur eine Spur – Traurigkeit mit. Zum größten Teil war es Erleichterung, als sei Eriston froh, dass eine seit längerer Zeit feststehende Tatsache endlich auch der gesetzlichen Regelung entsprach. Alvin hatte den Schritt in die Unabhängigkeit schon vor Jahren getan.
    »Ich verstehe«, antwortete er. »Ich danke euch für eure Mühe, und ich werde in all meinen Leben an euch denken.« Das war die formelle Erwiderung; er hatte sie so oft gehört, dass sie ihm wie Worthülsen vorkamen, denen jegliche Bedeutung fehlte – die Formel bestand lediglich aus einer Reihe von Lauten, ohne besonderen Sinn. Dabei war der Ausdruck »all meine Leben« sehr merkwürdig, wenn man es sich genau überlegte. Er wusste ungefähr, was er bedeutete; jetzt war endlich die Zeit gekommen, da er alles genau erfahren würde. Es gab in Diaspar viele Dinge, die er nicht verstand und die er in den vor ihm liegenden Jahrhunderten begreifen lernen musste.
    Einen Augenblick hatte er den Eindruck, als wolle Etania etwas sagen. Sie hob eine Hand, wobei sich der schillernde Stoff ihres Gewandes verschob, ließ sie jedoch wieder sinken. Dann wandte sie sich hilflos an Jeserac, und Alvin begriff zum ersten Mal, dass seine Eltern beunruhigt waren. Schnell überdachte er die Vorkommnisse der letzten Wochen. Nein, es hatte sich nichts ereignet, das diese leichte Unsicherheit, diese milde Besorgnis hätte verursachen können.
    Jeserac schien jedoch die Situation zu beherrschen. Er sah Eriston und Etania fragend an, vergewisserte sich, dass sie nichts mehr sagen würden, und begann mit der Erklärung, die er schon seit Jahren vorbereitet hatte.
    »Alvin«, sagte er, »du bist zwanzig Jahre mein Schüler gewesen, und ich habe mein Bestes getan, dich zu dem Vermächtnis zu geleiten, das auf dich wartet. Du hast mir viele Fragen gestellt, nicht alle konnte ich beantworten. Für manche Dinge warst du noch nicht reif genug, andere wieder kannte ich nicht. Jetzt ist deine Unmündigkeit zu Ende, obgleich deine Kindheit kaum begonnen hat. Es ist immer noch meine Pflicht, dich zu leiten, wenn du meine Hilfe brauchst. In zweihundert Jahren, Alvin, wirst du angefangen haben, von dieser Stadt und ihrer Geschichte ein wenig zu verstehen. Selbst ich, der ich mich dem Ende die ses Lebens nähere, habe weniger als ein Viertel Diaspars gesehen und nicht einmal ein Tausendstel seiner Schätze.«
    Bisher war nichts gesagt worden, was Alvin nicht schon wusste, aber Jeserac ließ sich nicht drängen, sich zu beeilen. Der alte Mann blickte ihn über den Abgrund der Jahrhunderte hinweg unverwandt an; seine Worte erhielten Gewicht durch die unschätzbare, in lebenslangem Umgang mit Menschen und Maschinen erworbene Weisheit.
    »Sag mir, Alvin«, fuhr er fort, »hast du dich jemals gefragt, wo du gewesen bist, ehe du auf die Welt kamst, ehe du in der Halle der Schöpfung Etania und Eriston gegenüberstandest?«
    »Ich nahm an, dass ich nirgends war, dass ich nichts als eine Struktur im Geist der Stadt war, auf den Augenblick der Erschaffung wartend – wie dies hier.«
    Neben Alvin materialisierte sich eine niedrige Couch. Er setzte sich darauf und wartete, bis Jeserac fortfuhr.
    »Du hast natürlich Recht«, kam die Erwiderung. »Aber das ist nur ein Teil der Antwort – ein sehr kleiner Teil. Bis jetzt bist du nur mit Kindern deines Alters in Berührung gekommen, und sie wissen die Wahrheit nicht. Sie werden sich bald daran erinnern, aber du nicht, so dass wir dich auf die Realität vorbereiten müssen.
    Seit über tausend Millionen Jahren, Alvin, lebt die Menschheit in dieser Stadt. Seit das Galaktische Imperium zusammenbrach und die Invasoren zu den Sternen zurück kehrten, ist das hier unsere Welt. Außerhalb der Mauern Diaspars gibt es nichts als die Wüste, von denen die Legenden künden.
    Wir wissen wenig über unsere primitiven Vorfahren, ab

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