Die Statisten - Roman
Ram bleiben, bis er stirbt.â
âGestern wäre er beinah gestorben, reicht dir das noch immer nicht? So ein wunderschönes Baby, mit so einem süÃen und unschuldigen Blick in den Augen, und dazu ein Name wie Ram ! Kein Wunder, dass ihn jemand mit der nazar belegt hat! Nein. Die einzige Möglichkeit, den bösen Blick von ihm abzuwenden, ist, ihn Ravan zu nennen.â
âNur über meine Leiche. Bist du von allen guten Geistern verlassen â kennst du nicht mehr den Unterschied zwischen Göttern und Dämonen?â
âEr ist mir als lebendiger Teufel lieber als als toter Gott.â
Mittlerweile schrie Shankar-rao richtiggehend. âWelche Mutter wird ihre Tochter schon mit einem Schurken namens Ravan verheiraten wollen?â
âEgal. Von heute an heiÃt er Ravan.â
âWart nur ab, bis er groà geworden ist und jede Sita der Stadt zu entführen versucht! Dann wirst du es noch bereuen!â
âNein, hör auf mich: Jede Sita wird meinem Ravan hinterherlaufen!â
âNenn du ihn, wie du willst â für mich wird er immer Ram bleiben. Der Junge wird dich sein Leben lang verfluchen.â
In Violet riss etwas. Sie erblasste, und alles Blut wich ihr aus dem Gesicht. Ihre rechte Hand griff an ihren Unterleib und tastete daran herum.
âEs kommtâ, sagte sie und verlor die Besinnung. Pater DâSouza war durch die Erkundungsgänge von Violets Hand auf das Peinlichste berührt. Leicht verwirrt sah er sich befangen um. Die Leute rannten hin und her. Violet schien nicht die geringste Absicht zu haben, wieder aufzustehen.
âWer kommt?â, fragte Pater Agnello DâSouza verdutzt.
âJesus Christus!â Violets Mutter schüttelte ungläubig den Kopf.
Pater DâSouza schlug hastig das Kreuzzeichen. âDas ist Gotteslästerung, Mrs DâSilva. Sie bringen die unsterbliche Seele Ihres Schwiegersohnes in Gefahr, indem Sie den Namen des Herrn missbrauchen.â
Violets Mutter überhörte die Drohung. âPater, helfen Sie mir, Violet hochzuheben.â
âWarum, was ist passiert?â
Violets Mutter verlor die Geduld. âWeil ich es Ihnen sage!â
Pater DâSouza griff Violet mit einem Arm unter den Rücken, mit dem anderen in die Kniekehlen und hob sie unbeholfen auf. Ihm war nicht klar gewesen, dass sie so schwer sein würde. Sie schwitzte heftig. Ihre Haut fühlte sich unnatürlich kalt an. Eine besonders bösartige Woge von Schmerz verdrehte ihren Körper und entstellte ihr Gesicht. Der Atem aus ihrem offenen Mund lieà seine Brille beschlagen. Unter der schlüpfrigen schwarzen Seide spürte Pater DâSouza Violets Fleisch überdeutlich.
Violets Mutter war in den Leichenwagen eingestiegen und zeigte auf die Sitzbank parallel zu Victors Sarg. âHier. Legen Sie sie hier hin.â
Pater DâSouza schob ein paar Kränze beiseite, legte Violet behutsam auf den Sitz neben ihre Mutter und zog sich eilig zurück.
âKommen Sie wieder rein, Paterâ, hielt ihn ihre Stimme auf. âSetzen Sie sich hin. Ich werde im Krankenhaus Ihre Hilfe brauchen.â Violets Mutter legte Violets Beine auf seine Oberschenkel. Sanfte Seide, die sanft seine Willenskraft abtötete. Ein geheimnisvoller schwarzer Nebel, der ihn streifte und tiefer und tiefer hinabzog in die Strudel der Hölle. Darin wirbelten böse Geister rastlos umher und versengten seine fünf Sinne. Wie es ihn niederstreckte, dieses leuchtende Schwarz! Mein Vater, mein Vater, warum hast du mich verlassen?
âIm Krankenhaus? Wozu wollen Sie Victor ins Krankenhaus fahren?â
âViolet bekommt ein Kind.â
âBitte nein. Mrs DâSilva, bitte, ich flehe Sie an. Fahren Sie mit ihr.â
âPater, jetzt reiÃen Sie sich zusammen!â, sagte Violets Mutter scharf. âIn Krisenzeiten haben auch Sie gewisse Aufgaben und Pflichten!â
âEs ist alles ausâ, murmelte Pater DâSouza in sich hinein. Eine Hornviper hatte sich seiner Seele bemächtigt und grinste gehässig, während sie diese verschlang. Es war ziemlich eng da drin, und seine Seele wurde einen endlosen Tunnel sich schlängelnder Gedärme hinabgepumpt. Die Schlange wand sich um den Baum der Erkenntnis, immer höher und höher hinauf. Pater DâSouza hörte, wie seine Seele zersprang und klirrend in Scherben fiel. Als sie zermalmt wurde, erhaschte er einen flüchtigen Blick
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