Die Statisten - Roman
Tropfen Wasser gegeben! Nicht mal, als ich darum gebettelt hab! Hat mir alle Kleider ausgezogen! Wie soll ich jetzt wieder nach Hause kommen?â Dieser letzte Gedanke trieb ihm die Tränen in die Augen. Er war allein und verlassen; er wollte, dass seine Mutter kam und ihn nach Hause holte. Er wollte es den Patils heimzahlen, dass sie ihn nackt am StraÃenrand ausgesetzt hatten. Es war ein so schönes Gefühl, sich selbst zu bemitleiden, dass er anfing zu heulen.
Er bedachte Gajanan mit absolut jedem Schimpfnamen, der ihm einfiel. Er würde zu den Leuten zurückkommen und Gajanan die Hose ausziehen. Er würde ihnen schon zeigen, aus welchem Holz er geschnitzt war. Er bemerkte, dass er vor einem Guavenbaum stand. Das war nicht gerade sein Lieblingsobst, aber schon nach wenigen Minuten hatte er seine fünfte Guave in Arbeit. Er wusste selbst nicht so recht, warum er noch immer aÃ. Er war längst satt, und sein Bauch war jetzt so voll, dass er kaum noch Luft bekam. Er legte sich auf den Erdboden und bereitete sich auf das Sterben vor. Wofür lohnte es sich noch zu leben? Mal abgesehen von seiner Musikerkarriere, die ohnehin im Eimer war, wie sollte er nach Hause kommen? Wie konnte er sich in den CWD -Chawls blicken lassen? Er wagte nicht, sich vorzustellen, wie Parvati-bai auf diese erneute, diesmal nackte Manifestation reagieren würde. Eines war sicher, Navare, Kamble oder Kanhaiyyalal konnte er nie wieder unter die Augen treten. Die schrien bestimmt schon nach seinem Blut. Sie hielten ihn mit Sicherheit für einen Gauner, der sie alle betrogen hatte. Mr Patil hatte ihnen erklärt, er sei bezahlt worden. Wem würden sie wohl eher Glauben schenken? Ravan oder dem Patriarchen?
Das Schlimmste war gar nicht mal, dass er so angegeben und herumposaunt hatte, die Cum September sei dabei, zur gefragtesten Band in Bombay zu werden. Was am meisten wehtat â und mit diesem Gedanken würde er bis zum Ende seiner Tage leben müssen â, war die Tatsache, dass er es fast geschafft hatte. Sie wären noch jahrelang das Stadtgespräch in Karjat gewesen, und ihr Ruf hätte sich herumgesprochen. Zum ersten Mal hatten sie aufgehört, wie die übliche quäkige Brass Band zu klingen, in der jeder in eine andere Richtung zieht, und hatten angefangen, einen einzigartigen Sound und eine eigene Seele zu finden. Irgendetwas war passiert. Navare, Kamble, Kanhaiyyalal und er waren eins geworden. Ein einziger Fehltritt â zugegeben, ein sehr schwerer â, und er hatte alles verloren. Es war ihm unbegreiflich, was über ihn gekommen war. Er lieà sich normalerweise nicht so leicht fortreiÃen. Und doch hatte er für diese zwölf oder achtzehn Stunden völlig den Verstand verloren. Es war, als wäre er besessen und hätte sich von seinem Hirn verabschiedet. Es wäre nur zu leicht gewesen, sich zu sagen, dass Sita ihn verführt hatte und für all sein Missgeschick verantwortlich war. Doch er wusste es besser. Er wusste, dass ihm eine Chance geboten worden war, sich zu beweisen und alles wieder gutzumachen, und dass er alles versaut hatte. Er verdiente es, zu sterben.
Zwei sechs- bis siebenjährige Jungen starrten ihn an. Ravan versuchte, seine BlöÃe zu bedecken, aber es war sinnlos. Er stand hastig auf, rannte los und versteckte sich hinter einem Baum. Weitere Kinder schlossen sich den zweien an. Sie trugen Taschen auf den Schultern und waren offenbar auf dem Weg zur Schule. Wo kamen die auf einmal her? Ravan hatte angenommen, mitten in der Wildnis zu sein. Zwei unternehmungslustige Jungen kamen auf ihn zu. Ravan sah sich nach einem möglichen Fluchtweg um. Die Jungen waren kaum zwanzig Meter von ihm entfernt und zeigten kichernd auf seinen Penis, der zu einer kleinen Kaulquappe geworden war. Er bückte sich und klaubte etwas Erde auf und verrieb sie auf seinem Körper. Er rupfte ein paar Blätter und Zweige ab und steckte sie sich in die Haare und hinter die Ohren. Wie verhielten sich Verrückte? Er gab sinnlose Laute von sich und gestikulierte wild. Die Jungen zogen sich zurück, aber nur ein kurzes Stück.
Ravan bekam allmählich Spaà an seiner Irren-Nummer, als er zwei ältere Jungen und drei Mädchen bemerkte, die in seine Richtung kamen. Er machte kehrt und ergriff die Flucht. Er war vielleicht vierzig Schritt weit gekommen, als ihn der erste Stein am Rücken traf. Er drehte sich um. Es war einer der zwei Jungen gewesen, die
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