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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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Pseudo-Weißen wie ich und meine Eltern. Und worüber könnten sie dann noch jammern, Eddie? Sie könnten sich nicht mehr darüber auslassen, wie sehr Indien vor die Hunde gegangen ist, seit die Briten abgezogen sind. Wie pünktlich die Züge fuhren, solange die Gora-sahabs hier waren. Wie sauber die Straßen, wie korrekt und diszipliniert alle Leute waren, während die Eingeborenen nur Korruption kennen – vom großen Boss bis zum kleinen Handlanger. Hast du die geringste Vorstellung, wie tragisch es für sie wäre, den einen Traum zu verlieren, der sie all die Jahre lang am Leben erhalten hat? Dass sie irgendwann dieses Drecksland verlassen und in ihre einzige wahre Heimat ziehen würden? Das eine Wunschbild, das sie im Kopf mit sich herumtragen, das sie überhaupt am Leben erhält, ist, in Southampton oder wo auch immer das Schiff zu verlassen und sich hinzuknien und britischen Erdboden zu küssen.“
    Was war mit Belle passiert? Welcher Dämon hatte von ihr Besitz ergriffen? Sonst war sie immer vergnügt und voll frecher Sprüche. Wer war diese fürchterliche Zynikerin, als die sie sich jetzt ausgab? Er hatte sie stets um ihre Beziehung zu ihren Eltern beneidet, um ihr unkompliziertes, kameradschaftliches Verhältnis. Und jetzt brachte sie nur die gehässigsten Dinge über sie heraus. Er hätte sie am liebsten geohrfeigt und ihr gesagt: Hör auf, verdammt, hör auf, dieses widerliche Gift abzusondern!
    â€žDu lügst! Deine Eltern sind nicht so! England ist ihre Heimat, wie könnten sie es nicht lieben?“
    â€žDas hier ist deine Heimat“, erwiderte Belle ruhig. „Die liebst du doch sicherlich. Warum solltest du sie also verlassen wollen?“
    â€žIch hasse dich, ich hasse dich!“
    Er hatte das Gefühl zu ersticken. Er musste weg, sofort weg.
    â€žDu hasst mich nicht, Eddie.“ Als er sich schon zur Türklinke wandte, tätschelte Belle ihm die Backe. „Du bist bloß frustriert und traurig, weil es zur Abwechslung mal nicht so läuft, wie du es gern hättest.“
    â€žDu sagst all diese Sachen nur, weil du genauso wie meine Mutter und Pieta bist! Du willst nicht, dass ich diesen grauenhaften Chawls entkomme und etwas aus mir mache!“
    â€žDas ist nicht wahr, Eddie, und das weißt du. Ich würde alles tun, um dich glücklich zu machen.“
    â€žAlles?“
    â€žJa. Fast alles“, korrigierte sie sich.
    Diesmal würde er nicht denselben Fehler begehen, den er bei seiner Schwester gemacht hatte. Um das Geld für das Ticket würde er sie erst bitten, wenn die Zeit reif wäre.
    â€žKommst du mit nach England, wenn ich dich heirate?“
    â€žDas meinst du nicht im Ernst.“
    â€žNee, aber ich hab schon alle Mädchen gefragt, die mir auf der Straße über den Weg gelaufen sind. Und da dachte ich: Warum nicht auch dich?“
    Belle schaute einen Augenblick lang verdutzt, und dann gab sie ihm einen Schmatz auf den Mund.
    â€žJa oder nein?“, fragte er aus den Mundwinkeln.
    â€žJa, bevor du deine Meinung änderst und das Angebot zurückziehst!“
    â€žWarum sollte ich das tun?“
    â€žWeil bislang ich es war, die gefragt hat, und du immer abgelehnt hast.“
    â€žDas könnte ich immer noch machen, wenn dir der Vorschlag nicht zusagt.“
    â€žHalt einfach den Mund und lass mich den Augenblick genießen. Ich hätte nie gedacht, dass du deine Meinung noch änderst. Ich liebe dich, Eddie. Weiß Gott, manchmal habe ich dich sogar mehr geliebt als Jesus!“
    Eddie wand sich innerlich. Warum musste Belle alles verderben, indem sie Jesus ins Spiel brachte und ihm so ein schlechtes Gewissen machte? Sie umarmte ihn noch einmal und rieb ihre Nase an seiner. „Wahnsinn, in der einen Minute willst du noch nach England, und in der nächsten machst du mir einen Antrag!“
    Ihre Augen wurden nachdenklich. Sie schien zu begreifen, was sie gerade gesagt hatte. Ihr Gesicht umwölkte sich, und sie schob ihn sanft von sich. „Ich frage mich, wer argloser ist, du oder ich? Du willst mich nur deswegen heiraten, weil du unbedingt nach England willst.“
    â€žDas ist nicht wahr!“, sagte Eddie schroff. „Ganz und gar nicht wahr! Ich will, dass wir beide nach Amerika fahren und dort die Chancen bekommen, die wir in diesem Land niemals haben werden. Kein Mensch erkennt hier, was für eine Wahnsinnssängerin du

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