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Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Titel: Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holzhauer (Herausgeber)
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schließlich wollte er ihm wohl Lebewohl sagen. In diesem Moment aber erschütterte der erste Treffer das Schiff.
     
    Ein Beben ging durch die Balken und Rohre, in einer Ecke des Saals schoss Dampf aus einem winzigen Leck. Kohlestaub wurde aufgewirbelt, verharrte in der zunehmenden Schwerelosigkeit in der Luft und umtanzte die Heizer in dämonischen Figuren, bevor einer von ihnen die Geistesgegenwart besaß, die Weiche zu schließen.
    Noch einmal drehte sich Mateo zu ihm um: »Es ist nicht die Zeit, Emilio. Versuche tapfer zu sein und wenn alles überstanden ist, dann stimmen wir ein Siegeslied an und fliegen nach Hause.«
    Unschlüssig stand Emilio inmitten des Chaos und wusste nicht ob er gehen oder auf den Trost seines Obhuts bestehen sollte. »Wenn alles überstanden ist – und falls wir uns wiedersehen.«
    Ein weiterer Einschlag ließ das Schiff schwanken. Niemand kümmerte sich mehr um ihn. Als er aber auf wackeligen Beinen einen Entschluss zu fassen versuchte, wurde er von hinten gepackt.
    »Wusst´ ich doch wo ich dich finde!« Er wurde herumgewirbelt und starrte in die geröteten Augen von Cuarto, dem Vorsteher der Weichensteller. Sein Okular war ihm von der Nase gerutscht und hing ihm nun wie eine eigenartige Waffe unter dem Kinn. »Wir brauchen deine Hilfe!«
    Ohne ein weiteres Wort wurde Emilio aus dem Saal und durch die Eingeweide des Schiffes geschleift. Er ließ sich treiben. Cuartos Hand hielt ihn fest gepackt – alles, was Emilio in diesem Moment leisten musste, war, seine fahrigen Schritte, die in der geringen Schwerkraft jetzt fast im Leeren ruderten, dem Tempo anzupassen und nicht vor Angst durchzudrehen. Die Wände des Schiffes waren nun nicht mehr die schützende Hülle vor der menschenfeindlichen Außenwelt des Alls, sondern lediglich ein Hindernis zwischen zwei Schauplätzen. Gekämpft wurde innen wie außen. Hier, im Bauch des Schiffes, taten die Drachenbändiger ihr Bestes, alles zu reparieren und einsatzfähig zu halten. Überall sah Emilio kleine Dampffontänen und inmitten der Wirbel und Schwaden gesichtslose Menschen, die gegen die Technik kämpften. Und wann immer Cuarto ihn an einem der kleinen Balkonfenster vorüber zog, sah er vor dem dunklen Hintergrund des Sternenhimmels auch dort draußen Fragmente von Kämpfern. Die Gesichter waren hinter Apparaten verborgen, die sie mehr dem Schiff anglichen, als sie noch menschlich erscheinen zu lassen. Sie hingen an langen Schläuchen und wirkten wenig selbstbestimmt. Hinter ihnen sah Emilio immer wieder kleinere Explosionen.
     
    So ist es also wenn Drachen kämpfen , dachte er. Man lässt alles Menschliche fallen und wird Teil der Bestie.
    Erst als Cuarto plötzlich stoppte, löste sich Emilio aus dem Strudel der Eindrücke und blickte auf. Sie standen vor einem großen Ventil und mit ihnen waren zwei weitere Weichensteller, die betretene Gesichter machten.
    »Dies ist die Hauptader der Acalli , die das große Rahsegel antreibt«, sagte Cuarto. »Sie ist leck. Wir sind ohne Antrieb.«
    Jetzt trat – vielmehr: schwebte - einer der Weichensteller vor, dessen Namen Emilio nicht kannte. Während er sprach, schraubte er an etwas herum, dessen Zweck nicht sofort ersichtlich war, dessen Form aber entfernt an das Gesicht eines Pantomimen erinnerte – ausdruckslos und bleich (es war aus Silber), mit großen Aussparungen für die Augen. Die Vorstellung, ein solches Gerät auf dem Kopf zu tragen – denn das, wurde ihm jetzt klar, war der bestimmte Einsatzort – verursachte in Emilio Übelkeit.
     
    »Das Problem ist, dass wir durch die Kampfhandlungen nicht mehr in die oberen Schiffsbereiche kommen. Der einzige Zugang ist das Rohr selbst«, sagte der Weichensteller. »Und nur du bist klein genug, um hinein zu passen.«
    Er hob die Maske. »Setz´ das auf.«
    Ungläubig nahm Emilio das Gerät an sich. Im Innern sah er kleine Polster, mit einem wabenartigen Netz überzogen. Als er es berührte spürte er eine gelartige Substanz. »Sauerstoff«, sagte der Weichensteller. »Es wird stickig da drinnen.«
    Aller Widerstand strömte aus Emilio heraus. Dann sollte es halt so sein. Er wurde einer der Gesichtslosen, ein Rad im Getriebe der Drachenbändiger und erfüllte seine Pflicht. Vorbei waren die Träumereien.
    Er setzte die Maske auf und spürte sofort, wie kühle Luft sich über die Waben auf seine Haut legte. Die Weichensteller öffneten eine Klappe an dem Ventil und bedeuteten ihm mit ausladenden Gesten hineinzukriechen.
    Von jetzt an , dachte

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