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Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Titel: Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holzhauer (Herausgeber)
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sie das Schiff steuern und notfalls die Flucht einleiten.
     
    »Vermutlich sind die Hoheiten sehr einsam.« Bevor er noch merkte, dass er laut gesprochen hatte, wurde Emilio harsch von Mateo angefahren.
    »Du magst das Gefühl haben, dass wir keine Führung haben, weil wir hier unten wenig hören. Das verstehe ich. Aber Emilio, sei vorsichtig, nicht zu hochnäsig zu werden. Wenn es ernst wird, sind wir ganz auf die Entscheidungen der Hoheiten angewiesen!«
    Damit hatte Mateo seinen Schlusspunkt für den heutigen Abend gesetzt. Mürrisch leerte er sein Glas und verließ lautstark, indem er keine Anstalten machte die Füße des Stuhls beim Zurücksetzen zu heben, den Tisch. Arlo und Liron stierten ins Leere, ob aus Trunkenheit oder aus Angst vor den von Mateo gehegten Befürchtungen, wusste Emilio nicht. Jedenfalls sah er endlich eine Möglichkeit zur Flucht und verzog sich zurück auf seine Koje. Analysen, dachte er sich, mochten das unerträgliche Warten vereinfachen. Beeinflussen konnten sie nichts.
    Kurz bevor er über seinem Buch einzuschlafen drohte, warf er nochmals einen Blick zu der Runde am Tisch. Die beiden dort Verbliebenen schienen immer schwerere Köpfe zu bekommen, ließen den Schopf tief ins Glas hängen. Flüsternd aber ging die Unterhaltung weiter. Emilio spitzte die Ohren und ließ sich von den Bruchstücken des Gesprächs, die er aufschnappen konnte, einlullen, und sich so in die Dämmerung des Schlafes führen.
    »Die Acalli «, hörte er Arlo sagen »ist ein stolzes Schiff. Und, egal was bei der ganzen Sache `rumkommt: stolz sollten wir untergehen.«
     
IV. Drachen am Himmel
     
    Als die Vibrationen durch das Schiff gingen, war Emilio auf Wartungstour. Es riss ihn nicht von den Füßen, aber er spürte die Angst im ganzen Körper. Da war es: das Wendemanöver.
    Er war tief im Inneren des Schiffskörpers und so brauchte er eine Weile, bis er den nächsten Balkon erreichte. Während er über Rohre hechtete, pflanzte sich das Dröhnen des Drachens über die Wände und Böden bis in seine Fingerspitzen fort. Er stellte sich Mateo vor, der jetzt mehr denn je mit dem großen Drachen rang; mit jeder Schaufel Kohle, die er in den Schlund der Bestie warf, auch sein eigenes und Emilios Schicksal mehr in die Hände des Schiffes legte.
    Dann war er draußen. Zunächst sah er nur den dünnen Streifen Abendrot, der sich tief unter ihm, in den letzten Wolken, tausendfach widerspiegelte und sich in getönte Watte verwandelte. Jetzt war auch das Rund des Planetenkörpers zu sehen. Sie verließen die letzten Atmosphäreschichten. Und wie sie höher stiegen und die Brechung des Lichts abnahm, ließ auch die strahlende Kraft des Abendrots nach. Hier oben war es nur kalt und von einer Helligkeit, die ein seltsam nüchternes Bild des Bevorstehenden zeichnete.
    Dann schärfte sich sein Blick – was er für einen Fleck auf der Folie gehalten hatte, war der winzige Bug eines Schiffs, das schnell näher kam. Es sah überhaupt nicht nach Gefahr aus.
    Langsam verschwanden die Spanier wieder aus dem Sichtfeld. Die Acalli machte eine scharfe Drehung nach links, um nicht mit voller Breitseite im Schussfeld der Angreifer zu stehen. Sie wollten sie kommen lassen. Das war die einzige Chance des mexikanischen Schiffs – der Nahkampf.
    Hinter Emilio wurde das Getrampel lauter. Das ganze Schiff war in Aufruhr. Jeder erledigte seine Pflichten doppelt, nur um etwas zu tun zu haben.
     
    Jetzt erinnerte er sich auch seiner eigenen Aufgaben. Es war an ihm, das Schiff kampftauglich zu halten; den Dampf zu lenken, wenn Leitungen im Kampf beschädigt wurden. Aber noch war Zeit.
    Als Emilio den Heizsaal betrat, hatte er das plötzliche Gefühl, mitten in der Schlacht zu sein. Mateo war in Kohlestaub eingehüllt und wirbelte in wilder Raserei durch den Raum. Er wurde jetzt von zwei Heizern unterstützt, deren Gesichter Emilio kaum ausmachen konnte: nur ein schmaler Streifen um die Augen und auf der Stirn war vom Schweiß frei gewaschen, der Rest des Körpers war schwarz und zeichnete sie als namenlose Höllendiener.
    »Emilio! Mach dass du fortkommst. Die Republik braucht jetzt jeden Mann auf seinem Posten!« Mateo schaute aus wilden Augen auf ihn. Er schien vergessen zu haben, dass er nicht mit einem trainierten Mitglied der Flotte sprach, sondern mit einem Jungen, der einen Monat zuvor noch mit Kühen statt mit Drachen gekämpft hatte.
    »Mateo..« Er wollte ihm sagen, welche Angst er hatte. Er wollte Trost und Mut spendende Worte, und

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