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Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition)

Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition)

Titel: Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holm Friebe
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Hammerstein-Equord, ein deutscher Heeresoffizier des Ersten Weltkrieges, der während des Zweiten Weltkrieges wegen seiner negativen Einstellung gegenüber den Nazis von Hitler persönlich kaltgestellt wurde, schlägt ein hilfreiches Raster zur Einteilung von Offizieren vor. Seiner Anschauung nach träfen von den vier Grundeigenschafften klug, fleißig, dumm und faul meist zwei in einer Person zusammen, sodass sich ein Vierer-Raster ergibt: Die Dummen und Faulen, die in jeder Armee 90 Prozent ausmachten, seien für Routineaufgaben geeignet. Die Klugen und Fleißigen müssten in den Generalstab. Die, die klug und gleichzeitig faul sind jedoch, seien qualifiziert für die höchsten Führungsaufgaben, denn nur sie brächten „die geistige Klarheit und die Nervenstärke für schwere Entscheidungen“ mit. Hüten müsse man sich hingegen vor den Dummen und Fleißigen. Denen dürfe man keine Verantwortung übertragen, denn sie würden „immer nur Unheil anrichten“. Mit dieser Matrix können wir auch außerhalb des Militärs gut arbeiten – und es ist klar, welchem Quadranten wir als angehende oder praktizierende Stein-Strategen (nichtzu verwechseln mit →Freiherr vom Stein) uns zurechnen sollten.
Aktives Warten
    Gern wirdbeklagt, dass das Scheitern so einen schlechten Ruf habe, dass es in Deutschland keine „Kultur des Scheiterns“ gebe, anders als in den USA. Dann wird Samuel Becketts Posterspruch zitiert: „Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.“ Man kann es schon fast mitbeten. Sicher ist Scheitern eine Ressource für wertvolle Erfahrungen. Aus Schaden wird man klug, was uns nicht tötet,macht uns hart, und Erfolg heißt einmal mehr aufstehenals hinfallen. Dem Scheitern und Straucheln wohnt etwas Heroisches inne. Henry Ford wird die Durchhalteparole zugeschrieben: „Die meisten Menschen scheitern nicht, sie geben auf.“
    Was aber bei dem Kult, der in den letzten Jahren um das Scheitern herum entstanden ist, aus dem Blick geriet, ist, dass Scheitern per se nichts Tolles, nichts Erstrebenswertes ist. Wenn man es vermeiden kann, sollte man es tun. Die Fans des aktiven Scheiterns sind oft jene, die dazu neigen, mit wehenden Fahnen in ihr Verderben zu rennen –mit Ansage und wider besseres Wissen. Es sind Heißsporne und ungeduldige Charaktere, die es nicht erwarten können, die nicht abwarten können, oder schlicht: die nicht warten können.
    Aus einer überraschenden Ecke wurde kürzlich eine beachtliche Lanze für das aktive Abwarten und Hinauszögern gebrochen: Frank Partnoy ist Anwalt an der Wall Street, hat selbstals Investmentbanker gearbeitet und berät Firmen, die ihr Geschäft mit High-Frequency-Trading machen, also mit dem Wertpapierhandel im Millisekundenbereich. Sein unorthodoxes Buch Wait , das im US-amerikanischen Original den Untertitel „The Art and Science of Delay“ trägt (in der späteren Ausgabe lautet er populistischer „The Useful Art of Procrastination“), zeigt weit ausholend, wo überall Warten über Schnelligkeit triumphiert: vom Profitennis, dessen wahre Könner einen Wimpernschlag länger zögern, bevor sie sich für eine Ecke entscheiden, über Comedy, die das Publikum in Rage bringt, indem die Pointen hinausgezögert werden,bis zur Medizin, in der Ärzte eine bessere Diagnose stellen, indem sie ihr abschließendes Urteil über den Patienten möglichst lange offenhalten und gegen die eigenen Routinen und Biases ankämpfen.
    Selbst institutionelle Anleger, die in Sekundenbruchteilen Milliarden transferieren, sind laut Partnoy gut beraten, abseits des atemlosen Tagesgeschäfts zu pausieren, um sich auf langfristige Strategien festzulegen: „Es mag überraschen, dass auch die besten High-Frequency-Trading-Firmen Low-Frequency-Kulturen haben: Die Manager lassen ihre Computer in Lichtgeschwindigkeit handeln, während sie sich selbst zurücklehnen und strategisch über die Märkte nachdenken.“
    OODA heißt das zugehörige Prinzip, das für jegliche Strategieentscheidungen eine gute Blaupause liefert: „observe – orient – decide – act!“, beobachten – orientieren – entscheiden – handeln! Meist wird dabei die wichtige Orientierungsphase verschlampt und aus dem paranoiden Antrieb heraus, nichts verpassen zu wollen, übersprungen. Die Fähigkeit und Bereitschaft, vor wichtigen Entscheidungen innezuhalten und sie in der Tiefe zu verstehen, trennt Trend-Opportunisten von guten Strategen. Partnoys Kernbotschaft in einem Satz lautetdeshalb: „Die

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