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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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veranlasste ihn dazu, die Augen aufzuschlagen. Statt ins Antlitz seines Schöpfers zu blicken, erkannte er das Konterfei von Lieutenant-Commander Wang.
    „Sie haben Ihre Ehre gerettet“, wisperte er.
    „Und dabei fast Ihren Kopf weggeblasen“, ergänzte der Chinese.
    „Lag das nicht von Anfang an in Ihrer Absicht?“
    „Ich hatte nie vor, Sie zu töten“, erklärte er.
    „Ich dachte, die Laoten hätten Sie dran gekriegt.“
    „Es fehlte nicht viel. Für einen Augenblick war mein Licht erloschen, einen Atemzug lang war ich gestorben. Doch den Göttern missfiel dies. Sie hatten einen anderen Plan für mich vorgesehen und sandten mich zurück.“
    „Die Götter? Ich dachte immer, Sie wären Atheist.“
    Es war das erste und einzige Mal, dass er den Chinesen lächeln sah – nur für eine Sekunde, dann wurde sein Mund wieder zu einem schmalen Strich unter der Nase.
    „Wir hatten einen zweiten Trupp an der Nordflanke der Bergkette, den ich kontaktieren konnte, bevor die Laoten mich ins Kreuzfeuer nahmen. Khams Soldaten hielten mich für tot. Selbst meine Männer, die mich später fanden, dachten dies im ersten Moment.“
    „Doch Sie sind zurückgekommen – aus dem Reich der Toten.“
    „Kataleptischer Schock ... was auch immer ...“ Man sah ihm an, dass er selbst keine echte Erklärung dafür hatte und daher schnell das Thema wechselte. „Ich habe noch etwas Medizin für Sie. Die Dosis sollte reichen, damit Sie heil von diesem Berg herunterkommen können. Gehen Sie zurück in die Krankenstation. Dort wird man Ihnen helfen. Vielleicht schaffen Sie es, dieses Land zu verlassen. Ich wünsche es Ihnen von Herzen!“ Mit diesen Worten setzte er ihm eine Spritze in die Armbeuge.
    Frank fühlte die feurige Flüssigkeit durch seine Adern rauschen.
    „Warum tun Sie das?“
    „Weil Sie ein Krieger sind ...“
    „... so wie Sie – Yi, der Bogenschütze!“
    Für einen Augenblick herrschte zwischen beiden Männern Schweigen. Wang sah sich um und dann wieder zu ihm. „Wir haben Khams Einheit ausgeschaltet, aber einige seiner Männer konnten entkommen. So wie er selbst! Ich weiß nicht, in wieweit seine Macht nach diesem Desaster noch reicht. Sein Alleingang zur Erlangung der uneingeschränkten Macht, wird seinen Parteifreunden nicht gefallen. Kham hat in jeder Hinsicht verloren. Bald werden Soldaten auftauchen, um hier aufzuräumen. Wenn es darum geht etwas zu vertuschen, sind die Laoten besonders talentiert. Beinahe so gut wie wir! Wir müssen über die Grenze zurück, ehe das Aufräumkommando eintrifft, um die diplomatischen Beziehung nicht unnötig zu gefährden. Offiziell ist in den Drachenbergen gar nichts passiert. Chinesen haben hier nichts zu suchen. Ihren beiden Freunden geht es gut. Sie werden Ihnen sicherlich helfen, ebenfalls zu verschwinden. Ich wünsche Ihnen eine gute Reise!“ Er sprang vom Felsblock und Frank hörte, wie sich seine Armeestiefel entfernten.
    Mit Mühe drehte er sich auf den Bauch und robbte zur Felskante. Wangs Soldaten waren bereits im Laufschritt in Richtung der Reisefelder unterwegs. Sein Blick wanderte über das zerstörte Camp. Xieng und der Alte kauerten am Boden und sahen den Soldaten nach.
    Er unterdrückte den ersten Impuls sie zu rufen, damit sie ihm von diesem schrecklichen Felsen halfen. Aus irgendeinem Grund, wollte er die friedliche Stille, die sich über das Tal gelegt hatte, nicht durch seinen Schrei zerstören. Wangs Medikamente wirkten schon. In seinem Körper lösten sich die Schmerzen auf und verschwammen zu einem kühlen Nebel am Ende der Nervenstränge. Voller Zuversicht über die rasche Linderung krabbelte er über den Kalkstein, wobei er darauf achtete, nicht die versickernden Blutlachen zu berühren.
    Lea und das Kind lagen im hohen Gras, so wie er sie zurückgelassen hatte. Als sie ihn erblickte, hob sie die Hand und winkte ihm zu. Er brachte nicht den Mut auf, wiederum in die Tiefe zu springen und besann sich der Leiter. Es dauerte fünf Minuten, bis er hinuntergestiegen war und den Altar umrundet hatte. Die Prinzessin hatte sich aufgesetzt und das Kind schlief in ihren Armen.
    „Was ist passiert?“, fragte sie mit zitternder Stimme, so als wäre sie gerade aus einem bösen Traum erwacht.
    „Es ist vorbei. Die Drachen sind wieder zu Stein geworden.“
    „Das war das schlimmste Beben, dass ich je erlebt habe“, antwortete Lea, als hätte sie nicht zugehört. Er nickte und half ihr auf die Beine. Sie gingen zu den beiden Laoten, die immer noch

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