Die Steinernen Drachen (German Edition)
aufrecht gehend, wenn überhaupt, dann in einem Zinksarg. Nun saß er in einem Hubschrauber der US Army und war unterwegs, zurück nach Thailand, seinem Tor zum Westen. Das Chaos in seinem Hirn fand allmählich wieder zur Ordnung und er zog über das Erlebte sein Resümee: Er hatte überlebt. Die Drachen waren besiegt.
Er hatte Lea gefunden, konnte sie aber nicht retten. Dafür hatte er nun eine Tochter. Der Malaria in seinem Organismus hatte man erneut eine Dosis CIA-Wundermedizin verpasst und sie bis auf weiteres ruhig gestellt. Falls Kommissar Meinhans es ebenfalls zurück nach Hause schaffen würde, sollten an seiner Unschuld keine Zweifel mehr bestehen. Vielleicht könnte er sogar wieder in der Bar arbeiten? Oder ein paar Bilder malen?
Unter ihm tat sich der Dschungel auf und gab für einen kurzen Moment den Blick auf die Krankenstation frei. Die Erinnerung an Doktor Pauls erzeugte bei ihm ein schlechtes Gewissen. Dem Mann hatte er viele Probleme beschert und dabei nicht einmal die Gelegenheit gehabt, sich für dessen Hilfe zu bedanken.
„Der Doktor macht einen guten Job“, brüllte Xieng in den Rotorenlärm hinein, als hätte er seine Gedanken gelesen. Er sah den Laoten an, der ihm gegenüber saß und nickte. Die Kraft zu antworten, konnte er nicht aufbringen. Die Baumkronen unter ihnen hatten sich wieder geschlossen und Pauls war vergessen. Am grünen Horizont glänzte ein Fluss im gleißenden Licht der Sonne, der sich wie eine mächtige Schlange durch die Vegetation schlängelte.
Nagas , dachte Frank und versuchte sich an die Geschichte mit den Schlangengöttern zu erinnern. Oder waren es Dämonen? Noch bis gestern hätte er den Capitaine oder Rha dazu befragen können. Jedoch seine Begleiter schienen abgestumpft gegenüber metaphysischen Dingen. Genau wie er, waren sie müde und ausgelaugt. Schwerwiegender jedoch, als die körperliche Erschöpfung und Niedergeschlagenheit, war der Verlust ihres Glaubens, der sie Jahrzehnte begleitet hatte und nachdem ihr Leben ausgerichtet war. Das erkannte er in ihren glanzlosen Augen. Wesen aus höheren Sphären, aus den Zwischen- und Geisterwelten oder woher auch immer, waren für die beiden Laoten nicht mehr existent. Das behaupteten sie zumindest oder verbargen geschickt ihre wahre Spiritualität. Er wusste nicht, ob dem so war und der lethargische Zustand der beiden nun für immer andauernd würde. War er doch selbst als Ungläubiger in dieses Land gekommen und hatte seine spirituelle Weihe empfangen. Eine Erfahrung, die ihm niemand streitig machen konnte, egal, was man ihm einzureden versuchte. Die Drachen hatten sich erhoben und waren wieder zur Ruhe gekommen, durch sein Zutun oder nicht, das sei dahin gestellt. Zumindest für sich fühlte er einen gewissen Stolz. Er war seinem Schicksal, bis hinauf zu den Steinernen Drachen, gefolgt. Dort oben in den Bergen hatte er sich dem unglaublichen Mysterium nicht länger verschlossen und diese Akzeptanz bescherte ihm einen Einblick in die Geisterwelt. Oder es war die Malaria , überlegte er und betrachtete Ilka, als wäre sie schuld an dieser verfluchten Infektion.
Die Agentin, die rechts neben Xieng saß, sah nicht minder mitgenommen aus, als er selbst. Sie war durch die Hölle gegangen, genau wie er. Und sie ist zurückgekommen , dachte er. So wie ich!
„Was ist passiert?“, erkundigte sich er bei ihr. Der Hubschrauber drehte nach Westen ab. Erst nach fünf langen Sekunden fühlte Ilka sich angesprochen. Sie ist in Gedanken und trauert dem Teil ihrer Seele nach, den sie bei dieser Mission verloren hat.
„Verfluchte Chinesen“, würgte Ilka hervor und ihre Stimme war so brüchig, dass sie kaum in der Lage war, die Motorengeräusche zu übertönen. Die abgebrühte, kaltschnäuzige Spionin war verschwunden und hatte einer traurigen, müden Frau Platz gemacht. Der Verband an ihrem Kopf tat das seine dazu, sie in ein bemitleidenswertes Geschöpf zu verwandeln. Frank ertappte sich dabei, dass er ihr beinahe verziehen hätte. Aber was sie ihm angetan hatte, war nicht zu verzeihen.
„Verfluchte Chinesen“, wiederholte sie und fand endlich seine Augen. Der smaragdgrüne Glanz war verflogen. „Wir haben die Höhlen gefunden. Ebenso den unterirdischen Komplex, die Gänge, die Bunker, nur keine Labore, keine Waffentestvorrichtungen und keinen Furz radioaktiver Strahlung. Dafür eine Menge Sprengstoff, geschickt verdrahtet, damit dir alles um die Ohren fliegt, wenn du nur mit den Wimpern klimperst. Nachdem wir im
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