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DIE STERBENDE ERDE

DIE STERBENDE ERDE

Titel: DIE STERBENDE ERDE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Hier muß einer Wahnvorstellung entgegengewirkt werden. Und außerdem ist der Nachtwächter ohnehin noch nicht hier, um mich abzulösen.« Er winkte den beiden zu. »Kommt!«
    Zögernd folgten Guyal und Shierl ihm. Er öffnete eine der beiden Türen, die sie verschlossen gefunden hatten, und trat, etwas vor sich hinmurmelnd und wachsam, mit ihnen in den Raum dahinter.
    Er war von Würfelform, der Boden aus stumpfschwarzem Material, und an den Wänden befanden sich an allen Seiten unzählige goldene Knöpfe. Ein hoher Stuhl mit merkwürdiger Haube stand in der Mitte der Kammer, und gleich daneben ein Pult mit einer größeren Zahl Knebel und Rädchen.
    »Das ist der Wissensstuhl des Kurators«, erklärte Kerlin.
    »Bei exakter Einstellung wird er die Muster Hypnomeneuraler Klarheit einprägen. Ich verlange also die genau somatsyndische Anordnung…« Er manipulierte am Pult. »… und jetzt, wenn Ihr Euch setzen würdet, behebe ich Eure Halluzinationen. Das geht zwar über meine normalen Pflichten hinaus, aber ich bin ein Menschenfreund, und niemand soll mich abweisend oder ungefällig schimpfen.«
    Guyal fragte ihn interessiert: »Mein Herr Kurator, dieser –
    dieser Stuhl der Klarheit, wie wird er auf mich wirken?«
    Kerlin, der Kurator, sagte gewichtig: »Die Fasern und Stränge Eures Gehirns sind verdreht, verwickelt, zerfranst und kommen deshalb, wie nicht vorgesehen ist, miteinander und mit anderen Gehirnteilen in Verbindung. Die Genialität unserer modernen Zerebrologen schuf diese Haube, die Eure Synapsen genau nach jenen in unserer Bibliothek festgelegten neu anordnen wird – sie sind jene der absoluten Normalität, müßt Ihr wissen – und Eure Gehirnstränge reparieren, und Euch dadurch wieder zu einem gesunden Menschen machen wird.«
    »Wenn ich in dem Stuhl sitze«, erkundigte sich Guyal, »was tut Ihr dann?«
    »Euch die Haube aufsetzen, diesen Kontakt schließen, den Knebel hier umdrehen – und dann sinkt Ihr in Schlummer.
    Nach dreißig Sekunden wird diese Birne glühen und damit die erfolgreiche Beendigung der Behandlung anzeigen. Dann drehe ich den Knebel zurück, löse den Kontakt und hebe die Haube hoch. Ihr werdet Euch als geistig völlig normaler Mensch aus dem Stuhl erheben.«
    Guyal blickte Shierl beschwörend an. »Hast du gehört und verstanden?«
    »Ja, Guyal«, erwiderte sie mit schwacher Stimme.
    »Vergiß es nicht.« Er wandte sich an den Kurator. »Ein wahres Wunder. Aber wie muß ich sitzen?«
    »Ihr braucht Euch nur auf dem Stuhl zurückzulehnen. Dann ziehe ich die Haube ein wenig vor und über Eure Augen, um Euch durch nichts abzulenken.«
    Guyal bückte sich und betrachtete die Haube von innen. »Ich fürchte, ich verstehe nicht so recht.«
    Der Kurator tappte ungeduldig darauf zu. »Was kann daran unklar sein? Seht her!« Er setzte sich auf den Stuhl.
    »Und was, sagtet Ihr, macht man mit der Haube?«
    »Ganz einfach!« Kerlin faßte nach einem Griff und zog die Haube bis zur Nase über den Kopf.
    »Schnell!« rief Guyal Shierl zu. Sie eilte zum Pult. Kerlin, der Kurator, wollte die Haube zurückschieben, aber Guyal hielt das dürre Männlein fest. Shierl zog am Hebel und drehte den angedeuteten Knebel. Der Kurator erschlaffte, seufzte.
    Shierl blickte auf Guyal mit Augen, so groß und dunkel wie die des Wasserflamingos von Südalmerie. »Ist er – tot?«
    »Ich hoffe es nicht.«
    Unsicher blickten sie auf die schlaffe Gestalt. Sekunden vergingen.
    Ein schepperndes Geräusch klang aus der Ferne – dann ein Krachen, ein Knarren, ein schadenfrohes Brüllen und gleich darauf ein vielfaches wildes, triumphierendes Gelächter.
    Guyal rannte zur Tür. In Bocksprüngen, schaukelnd, schleifend rauschten verschiedenstgestalrige Geister in die Museumshalle. Durch die offene Tür auf der gegenüberliegenden Seite konnte Guyal die riesige, grauenvolle Fratze sehen. Der ganze Schädel war nun durch die Wand gedrungen und schob sich in die Halle. Gigantische Ohren zeichneten sich ab, ein Teil eines bulligen Halses mit purpurnen Kehllappen. Risse bildeten sich in der Wand, sie spaltete sich, zerbröckelte. Eine titanische Hand drang heraus, ein Unterarm…
    Shierl schrie gellend. Guyal schlug zitternd und mit bleichem Gesicht die Tür vor der Nase des vordersten Geistes zu. Doch dieser drang in dünnen Schleierschwaden durch das Schloß.
    Guyal sprang zum Pult. Die Birne war immer noch matt.
    Seine Hand trommelte auf die Tafel. »Nur Kerlins Bewußtsein belebt den Zauberstab«, keuchte er.

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