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Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Chance gehabt und sie leichtfertig verschenkt hatte.
    Mit einem Stirnrunzeln riss Becca sich in die Gegenwart zurück. Sie konzentrierte sich auf ihren Schlag, spürte den Schweiß, der sich in ihrem Nacken und zwischen den Brüsten bildete. Sie war nicht diese junge Frau. Das war mehr als vierzehn Jahre her, und es war eine andere Welt gewesen. Heute war sie ein anderer Mensch, mit jener jüngeren Rebecca nur durch das Muskelgedächtnis und das Gefühl der Skulls in ihren Händen verbunden. Jetzt wusste sie um den Preis des Scheiterns.
    Und sie wusste, dass Milo recht hatte. Sie würde eine Entscheidung treffen müssen, und zwar bald. Sich ganz auf das Wettkampfrudern zu konzentrieren, würde bedeuten, dass sie sich vom Dienst freistellen lassen müsste, um ganztags zu trainieren. Sie könnte ganz aufhören. Oder sie könnte den unbezahlten Urlaub nehmen, den die Metropolitan Police ihr angeboten hatte.
    Aber das würde bedeuten, eine offene Rechnung nicht zu begleichen.
    Bei dem Gedanken wallte der Zorn in ihr auf, so heftig, dass sie instinktiv die Skulls mit aller Kraft durchzog und das Boot auf Wettkampfgeschwindigkeit beschleunigte. Die Ausleger knarrten, als der Druck auf das Boot sich verstärkte; Wassertropfen flogen von den Blättern, als sie in die Auslage ging, und spritzten ihr ins Gesicht.
    Sie glitt jetzt über das Wasser, hörte nur das Rauschen und den dumpfen Schlag, mit dem die Blätter eintauchten, gefolgt von einem Moment absoluter Stille, wenn sie wieder auftauchten und das Boot einen Satz nach vorne machte wie ein lebendes Wesen. Das war Rhythmus in Perfektion, das war Musik. Das Boot surrte, und sie war ein Teil davon, wenn sie sich wie ein Vogel von der Wasserfläche aufschwang.
    Henley schwand dahin, inzwischen nur noch ein schimmernder Lichtpunkt in der Ferne. Jetzt konnte sie den Himmel erst richtig sehen; ein rosiges Gold am Horizont, das allmählich zu Hellviolett verblasste. Die Wolken, die vor dem Hintergrund der dunklen Kuppel immer noch zu sehen waren, schienen dahinzujagen, Schlag um Schlag auf einer Höhe mit ihr. Am Berkshire-Ufer glitten vereinzelte Cottages – darunter irgendwo auch ihr eigenes – und Baumgruppen als verwaschene dunkle Flecken vorüber.
    Zehn Schläge. Ihre Oberschenkel schmerzten.
    Noch zehn, immer auf die Zählzeit konzentriert und darauf, die Blätter sauber aus dem Wasser zu ziehen.
    Zehn weitere; ihre Schultern brannten jetzt wie Feuer.
    Und noch einmal zehn, unter Aufbietung ihrer letzten Kraftreserven. Das Boot schoss über das Wasser, und ihre Kehle war wie ausgedörrt, als sie die Luft gierig in ihre Lunge sog.
    Dann zog ein heller Fleck an ihr vorbei – der Zierpavillon auf Temple Island. Dieser schmale Streifen Land in der Mitte des Flusses, der einst zu Fawley Court gehört hatte, diente jetzt als Startpunkt für die Henley Royal Regatta. Nach der Insel würde sie umkehren müssen, sonst würde sie auch noch das letzte bisschen Licht verlieren und blind rudern müssen, um zum Leander-Club zurückzufinden.
    Sie ließ in der Schlagzahl nach, sog ihre Lunge voll Luft und entspannte ihre verkrampften Muskeln. Als sie an der flussabwärts gelegenen Spitze der Insel vorbeikam, stabilisierte sie das Boot und ließ die Blätter leicht auf der Wasserfläche ruhen.
    Plötzlich merkte sie, dass ihr Zorn verflogen war, und sie fühlte sich von einer tiefen, ruhigen Gewissheit erfüllt.
    Sie würde antreten. Sie würde sich diese letzte Chance nicht entgehen lassen. Und wenn das bedeutete, dass sie den Dienst bei der Met quittieren müsste, dann würde sie ihn quittieren, aber sie würde sich nicht mit einer symbolischen goldenen Uhr und noch mehr leeren Versprechungen abspeisen lassen. Sie würde dafür sorgen, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wurde, mit welchen Mitteln auch immer, für sich selbst und die anderen, denen Gleiches widerfahren war.
    Die rasche Strömung trieb sie flussabwärts, auf die Schleuse und das Wehr zu. Ein Schwarm Krähen erhob sich mit lautem Flügelschlag vom Oxfordshire-Ufer. Während Becca ihnen bei ihrem abendlichen Ballett zusah, ließ sie das Boot herumschwingen. Als die Vögel aus ihrem Gesichtsfeld verschwunden waren, blickte sie bereits flussabwärts. Der Wind schien aufgefrischt zu haben. Er peitschte ihren Nacken, und als sie den ersten vollen Schlag durchzog, war der Widerstand der Strömung deutlich zu spüren.
    Solange sie flussabwärts gerudert war, hatte sie sich mehr in der Mitte gehalten, um die schnelle

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