Die Stimme der Jägerin (German Edition)
beiseite und suchte im Kühlschrank nach dem Rindfleischgericht. Plötzlich fühlte er sich ausgehungert. Er verschwendete keine Zeit damit, das Essen in der Mikrowelle aufzuwärmen. Sobald er eine Gabel gefunden hatte, fing er an, sich das Essen in den Mund zu schaufeln.
Claudia blieb stumm. Auch ohne sie direkt anzusehen, bekam er alles mit, was sie tat. Jeden Atemzug. Sie hob die Decken vom Boden auf, faltete sie zusammen und legte sie in die dunkle Schlafnische. Dann rollte sie ihren Schlafsack zusammen. Sie ging mit äußerster Effizienz vor und drängte ihn nicht zu einer Erklärung, mit keinem einzigen Wort und keiner ihrer Bewegungen. Sie wartete darauf, dass er von sich aus anfing zu sprechen, und jede ihrer sparsamen, fließenden Bewegungen war pure Poesie.
O Scheiße, bei ihrem Anblick versteifte sich sein ganzer Körper. Er wollte sie mehr, als er je zuvor irgendjemanden oder irgendetwas gewollt hatte. Um ehrlich zu sein, war er bis zu diesem Tag ein ziemlich promiskuitiver Windhund gewesen. Die Flammen der Leidenschaft tanzten direkt unter seiner Haut.
Viel zu schnell war das Essen vertilgt. Mit dem letzten Brötchen tunkte er die kalte Sauce auf und starrte in die leere Schachtel. Dann hörte er Claudias Stimme. Sie klang belustigt. »Im Kühlschrank ist noch mehr zu essen. Iss, so viel du willst. Iss alles auf.«
Er sah sie dankbar an und stürzte sich dann auf den Kühlschrank, um die Wurst, einen halben Laib Brot und ein paar Becher Joghurt zu verschlingen. Er aß schnell, mehr um seinem strapazierten Körper Treibstoff zu liefern, als zum Genuss. Als er gerade den letzten Joghurtbecher leerte, hörte er ein seltsames Geräusch.
Flapp. Flapp. Flapp.
Ihm fiel ein, dass er es schon mal gehört hatte.
Flapp. Flapp. Flapp. Flapp.
Er sah zu Claudia, die auf der kurzen Seite der L-förmigen Couch am Tisch saß. Sie hatte den Gummibund der Jogginghose abgeschnitten und die Hose auf den Tisch gelegt. Jetzt mischte sie ein Kartenspiel. Sie deckte die obersten sieben Karten auf, sammelte sie wieder ein, mischte die Karten und deckte abermals die ersten sieben Karten auf. Ein mattes Glühen magischer Energie ging von den Karten aus.
Fasziniert trat er zu ihr, und sein Körper reagierte so heftig auf ihre Nähe, dass sein Schwanz hart wurde und das Laken zeltförmig ausbeulte. Schnell griff er nach der Jogginghose und hielt sie lässig vor sich, um seine Leistengegend zu verdecken.
Claudia sah auf. Tief befriedigt stellte er fest, dass sie den Blick schnell abwandte, nachdem er auf seine breite Brust gefallen war. Ihre natürliche Selbstbeherrschung war so ausgeprägt, dass jede noch so kleine Reaktion für ihn so laut war wie ein Aufschrei. Und ihr sauberer Duft, in dem noch immer dieser Hauch von Waffenöl lag, trug jetzt die dunkle Note sexueller Anziehung.
Er liebte es. Liebte sie. Die gemeißelte, sinnliche Reife ihrer Züge war ganz anders als die mädchenhaft rundlichen Gesichter der jungen Frauen, die er bisher gekannt hatte. Sie war allen anderen, mit denen er sich bisher eingelassen hatte, so weit überlegen, sie war vielschichtig und differenziert, geschmeidig wie eine Gewehrkugel und genauso gefährlich. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass jemand all das verkörpern konnte, was er bewunderte, und zugleich ein solches Verlangen in ihm entfachen konnte.
Ohne eingebildet zu sein, wusste er, dass die Natur ihn großzügig beschenkt hatte. Er sah mehr als nur annehmbar aus, besaß körperliche und geistige Stärke. Bis jetzt war er auf halber Kraft durch sein Leben gegondelt, hatte bei Dates Interesse vorgetäuscht und Sex im Überfluss gehabt. Und alles war ihm viel zu leicht zugeflogen.
Alles war zu einfach gewesen – und dann hatte er Claudia getroffen. Jetzt erwachte etwas in ihm, das sein ganzes Leben lang zusammengekauert tief in seinem Inneren geschlummert hatte. Dieses Etwas entfaltete sich und sagte:
Endlich
hast du eine Herausforderung vor dir, für die es sich zu kämpfen lohnt.
Und Teufel auch, sein Körper gehorchte ihm nicht mehr. Er konnte seine Flagge einfach nicht dazu bringen, flacher als auf Halbmast zu wehen.
Er spürte den Drang zu knurren, sich vorzubeugen und sie wild zu küssen. Er wollte alle Gedanken an den Rest der Welt in den Wind schlagen. Er fragte sich, wie Claudia wohl reagieren würde, wenn er das täte, ob sie seinen Kuss erwidern oder ihn wegstoßen würde … O Mann, diesen Schwachsinn, der da durch seinen Kopf galoppierte, musste er ganz dringend
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