Die Stimme des Wirbelwinds
gegeben hatten. Sie besaßen vier Beine und zwei Arme und waren etwa so groß wie Ponies. In den Videos, die Steward sich ansah, bewegten sie sich schnell, machten seltsame, rasche Körperbewegungen, hüpften und zuckten, und ihre Sprache war eine Kombination von Klick- und Prustlauten und orgelpfeifenartigem Wimmern, die wie Musik klang. Ihre Köpfe hatten keine Knochen; sie verbogen sich und fielen zusammen, wie Ballons, die aufgeblasen werden und aus denen man dann wieder die Luft abläßt.
Steward sah es sich verwundert an. Den Daten zufolge war es das, worum es bei dem Krieg gegangen war.
Steward ließ die Videos ein letztesmal durchlaufen und nahm das File dann heraus. Er wußte, daß es auf Sheol nicht darum gegangen war. Nicht wirklich.
»Was ist mit ihm passiert?« fragte Steward. Heute saß er auf dem gepolsterten Stuhl vor Ashrafs Schreibtisch. Die Glaswand war hinter ihm.
»Er ist gestorben. Auf dem Wohnsatelliten Ricot.«
»Das weiß ich. Wie?«
»Ist das wichtig für Sie?«
Es war wichtig, dachte Steward. Aber er war nicht sicher, ob er Dr. Ashraf wissen lassen wollte, wie wichtig es war. Deshalb zuckte er die Achseln. Spürte die Kraft in sich, seine Gefühle zu unterdrücken. Setzte sie ein.
»Ich könnte auf Leute stoßen, die ihn gekannt haben. Es wäre günstig, wenn ich etwas darüber wüßte, was ihm zugestoßen ist.«
Ashraf dachte einen Moment lang darüber nach. Rote LEDs schimmerten in seinen Augen. »Er wurde ermordet, Mr. Steward.«
Steward spürte das Summen einer elektrischen Spannung in seinen Nerven. Keine Überraschung – irgendwie war er nicht überrascht –, sondern etwas anderes. Er durfte hier nicht zu wißbegierig sein.
»Wie?« Es sollte ganz beiläufig klingen.
»Das ist unwichtig.«
»Wer hat ihn ermordet?«
»Ein oder mehrere Unbekannte.«
Jetzt war er überrascht. »Und er ist auf Ricot gestorben?«
»Ja.«
»Das ist komisch. Ricot hat eine kleine, gut überwachte Bevölkerung. Ein sehr engmaschiges Sicherheitsnetz. Es kann eigentlich nicht schwer sein, dort einen Killer zu finden.«
»Anscheinend haben sie's nicht geschafft. Er hat beim Sicherheitsdienst gearbeitet. Vielleicht ist er getötet worden, als er versucht hat, einen Verbrecher zu stellen.«
Vielleicht wissen sie's, dachte Steward. Vielleicht wissen sie's, und die Information ist zurückgehalten worden.
Er beschloß, keine weiteren Fragen zu stellen. Ashraf wollte offensichtlich nicht, daß er es tat.
»Sie sind auf ihr Programm reingefallen.« Verblüfft registrierte Steward die deutlich hörbare gefühlsmäßige Beteiligung in Ashrafs Stimme. Er konnte sich kaum erinnern, daß Ashraf je emotional auf etwas reagiert hatte.
»Kohärentes Licht hat Ihnen die Kampfkünste und Zen beigebracht«, sagte Ashraf. »Eine bestimmte Art von Zen.«
»Der Geist wie Wasser«, zitierte Steward. »Die Bedeutungslosigkeit der Handlung. Einheit von Pfeil und Ziel. Die Vollkommenheit der Handlung, losgelöst von allem außer dem Geist.«
»Die haben Sie mit Dingen programmiert«, sagte Ashraf, »die für sie von Nutzen waren. Sie haben Ihnen beigebracht, die Handlung von ihren Folgen und aus dem Kontext zu lösen. Sie haben einen in moralischer Hinsicht Schwachsinnigen aus Ihnen gemacht. Einen Roboter, der auf Industriespionage und Sabotage programmiert war. Auf Diebstahl, Bombenwerfen und Erpressung.«
Der rauhe Klang von Ashrafs Stimme überraschte Steward. Er wandte den Blick vom Fenster ab und sah ihn an. Die Finger des Arztes waren vor seinem Mund zusammengelegt, aber Steward sah den Zorn in seinen Augen. »Mord nicht zu vergessen«, sagte Steward.
»Ganz recht«, sagte Ashraf. »Das auch.«
»Ich habe nie behauptet, etwas anderes zu sein, als ich war«, sagte Steward. »Ich habe immer ehrlich zugegeben, was ich gewesen bin.«
»Was hat Ehrlichkeit mit meinem Argument zu tun?« Steward merkte, wie er sich bei der Attacke gegen Kohärentes Licht verkrampfte, gegen die Dinge, die immer noch seine Loyalität heraufbeschworen. Er zwang sich, sich zu entspannen. Kohärentes Licht war tot; es war vor langer Zeit gestorben. Der Geist wie Wasser, sagte er sich. »Sie sind darauf programmiert worden, die kollektive Moral von der persönlichen zu trennen«, sagte Ashraf. »Sie sind ein Zombie.«
Steward blickte ihn finster an. »Vielleicht«, sagte er, »ist die Moral einfach latent in mir vorhanden. Für einen Analytiker sind Sie reichlich streitsüchtig, wissen Sie.«
»Ich bin nicht hier, um Sie zu
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