Die Strozzi
Schwierigkeiten und konnte als geschäftlicher Konkurrent den Medici schwerlich noch gefährlich werden. Aber da waren seine große Familie von sechs Söhnen und fünf Töchtern, die sich durch ihre Heiraten mit anderen großen Familien der Stadt verbündet hatten, und das Netzwerk seiner überaus zahlreichen Verwandten. 1427 zählte man neununddreißig Familien mit dem Namen Strozzi, und es war bekannt, dass die Strozzi in allen Lagen solidarisch zu sein pflegten. Dies galt weithin auch für ihre politischen Positionen. Als 1433 ein neues Auswahlverfahren durchgeführt wurde, um die Kandidaten für die Regierungsämter zu bestimmen, wurden alle Strozzi, die sich beworben hatten, für wählbar befunden, was der Familie eine starke Präsenz in den Regierungsorganen garantierte. Damit war es natürlich nach 1434 vorbei, in den Auswahlverfahren konnte sich kein Strozzi mehr durchsetzen. Aber die Strozzi waren eine der angesehensten und kopfstärksten Familien in einer Stadt, in der die familiären Verbindungen die Grundlage und den Zusammenhalt des politischen und gesellschaftlichen Lebens bildeten. Sie wohnten auch räumlich zusammen, und ihre Häuser bildeten einen Block in der Stadt. Cosimo hielt es für klüger, ihren prominentesten Vertreter für immer aus der Stadt zu entfernen.
Fast ein Jahrhundert später fällte Niccolò Machiavelli in seinen
Istorie fiorentine,
dem halboffiziellen Werk über die Geschichte von Florenz seit der Völkerwanderung bis zum Tod Lorenzo de’ Medicis, des «Prächtigen», das er dessen Neffen, Papst Clemens VII., widmete, folgendes kritische Urteil über die Vertreibungen von 1434: «Die Balìa … verbannte Messer Rinaldo degli Albizzi, Ridolfo Peruzzi, Niccolò Barbadori und Messer Palla Strozzi zusammen mit vielen anderen Bürgern, und zwar in solcher Menge, dass es wenige Städte in Italien gab, in denen sich keine Exilierten befanden, und auch viele Städte außerhalb Italiens waren voll von ihnen. Die Folge davon war, dass sich Florenz wegen dieses unglücklichen Vorfalls nicht nur trefflicher Männer, sondern auch der Reichtümer und des Gewerbefleißes beraubte.»
DIE NACHFAHREN
DES MONDRITTERS
D ie Strozzi waren wie die Medici eine alteingesessene Familie, zahlreich schon im 13. Jahrhundert in Florenz vertreten, aber keineswegs so alt, wie es die Familiensage wollte. Lorenzo Strozzi, der im 16. Jahrhundert eine Familiengeschichte schrieb, erzählt, dass die Strozzi von einem Ritter aus dem Geschlecht derer von Arkadien abstammten. Dessen Wappen habe einen Mond gezeigt, weshalb auch die Strozzi drei zunehmende Monde in ihrem Wappen führten (siehe Abb. Seite 17). Dieser Ahnvater sollte in fernen etruskischen Zeiten gelebt haben, als Florenz noch nicht mit einem Mauerring umgeben war. Eine Abstammung aus den Zeiten Karls des Großen, wie sie schon im 14. Jahrhundert von florentinischen Familienvätern gern behauptet wurde, genügte im 16. Jahrhundert nicht mehr, um Vornehmheit und alten Adel zu beweisen. Von diesem etruskischen Ritter sollte sich auch der Name der Strozzi herleiten. Dieser pflegte nämlich, wie es heißt, seine Feinde mit seinen mächtigen Pranken zu erdrosseln – «strozzare» auf Italienisch. Karl der Große habe bei der Rückkehr von der römischen Kaiserkrönung viele Florentiner Familien in den Adelsstand erhoben, darunter auch die Strozzi. Es handelt sich bei dieser Geschichte um eine jener beliebten Ursprungssagen, mit denen Familien das Alter und den Adel ihres Geschlechts beweisen wollten.
In Wirklichkeit war der Ursprung der Familie Strozzi nicht so nobel. Wahrscheinlich hatte der Name weniger mit ritterlichen Heldentaten zu tun als mit dem Beruf, dem die Strozzi seit alters nachgingen. Das italienische Verb «strozzare» (erwürgen) bezeichnet nämlich auch die erpresserischen Praktiken, mit denen der Wucherer, «strozzino» oder «strozziere», das Opfer an der Gurgel packt. Daneben bezeichnete das Wort «strozziere» den Falkner, der dem Tier eineSchlinge um den Hals legte, um es zur Jagd abzurichten. Die Strozzi hielten sich an diese zweite Bedeutung und wählten deshalb den Falken zum Wappentier, was ihnen eine aristokratische Aura verlieh. Wie dem auch sei, schon im 13. Jahrhundert waren einige Strozzi Mitglieder der «Arte del Cambio», der Geldwechslerzunft. Sie gehörten zum «popolo grasso», dem fetten Volk, der herrschenden Schicht seit dem Ausgang des 13. Jahrhunderts. Ein Ubertino dello Strozza war als Rechtsgelehrter 1293
Weitere Kostenlose Bücher