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Die stumme Bruderschaft

Die stumme Bruderschaft

Titel: Die stumme Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro
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mächtigen Mondgott Sin, den sie nie aufgehört hatten anzubeten, weder er noch andere traditionsbewusste Einwohner von Edessa, wie sein Getreuer Marvuz, den er nach dem Tod von Abgarus zu seinem Berater machen würde.
    Sin schien Maanus Gebet zu erhören, denn er trat kraftvoll aus den Wolken hervor und erleuchtete seine Kultstätte.
    Sultanept, der große Priester von Sin, sagte zu Maanu, das sei ein Zeichen von Sin, das sei seine Art, ihnen zu zeigen, dass er bei ihnen war.
    Sultanept lebte mit fünf anderen Priestern versteckt in Sumurtar. Geschützt von einem Labyrinth aus Tunneln und unterirdischen Kammern, dienten sie den Göttern, der Sonne, dem Mond und den Planeten, Anfang und Ende aller Dinge.
    Maanu hatte Sultanept versprochen, ihm alle Macht und allen Reichtum zurückzugeben, den Abgarus ihm genommen hatte, als er die Religion der Vorfahren ächtete.
    »Mein Prinz, wir sollten gehen. Der König könnte dich rufen, es ist Stunden her, dass wir den Palast verlassen haben.«
    »Er wird mich nicht rufen, Marvuz, er wird glauben, dass ich mit meinen Freunden in einem Wirtshaus bin oder mich mit einer Tänzerin vergnüge. Mein Vater will kaum etwas von mir wissen, er ist enttäuscht, weil ich seinen Jesus nicht anbete. Die Königin ist Schuld. Sie hat ihn davon überzeugt, unsere Götter zu verraten und diesen Nazarener zum einzigen Gott zu erklären.
    Aber ich versichere dir, Marvuz, das Volk wird seinen Blick wieder auf Sin richten und die Tempel zerstören, die die Königin zu Ehren des Nazareners errichten ließ. Sobald Abgarus entschlafen ist, werden wir die Königin töten und auch dem Leben von Josar und diesem Thaddäus ein Ende machen.«
    Marvuz bebte. Er verspürte keinerlei Zuneigung zur Königin, sie schien ihm eine harte Frau, die wahre Herrscherin über Edessa, seit Abgarus erkrankt war.
    Ihrerseits misstraute sie ihm, dem Chef der königlichen Leibwache. Er spürte, wie ihr eiskalter Blick ihn durchbohrte, weil sie wusste, dass er ein Freund von Maanu war. Aber hätte er den Mut, sie zu töten? Er war sich sicher, dass Maanu das von ihm verlangen würde.
    Bei Josar und Thaddäus hätte er keine Probleme. Er würde sie mit dem Schwert richten. Er war ihre Predigten leid, ihre vorwurfsvollen Worte, weil er mit jeder Frau schlief, die sich ihm anbot, und weil er sich zu Ehren von Sin in den Vollmondnächten sinnlos betrank. Er, Marvuz, hielt den Glauben an die Götter seiner Vorväter, die Götter seiner Stadt, aufrecht, akzeptierte den aufgezwungenen tugendhaften Gott nicht, von dem Josar und Thaddäus sprachen.
     
    Izaz schrieb gewandt nieder, was Thaddäus ihm erzählte. Sein Onkel Josar hatte ihm die Kunst des Schreibens beigebracht und er träumte davon, eines Tages selbst königlicher Schreiber zu werden. Er war stolz, weil Abgarus und die Königin die Pergamente gelobt hatten, auf die er sorgfältig übertragen hatte, was Thaddäus ihm von Jesus berichtete. Thaddäus rief ihn oft zu sich, um ihm seine Erinnerungen an den Nazarener zu diktieren. Thaddäus schloss die Augen und schien in einen Traum zu versinken, und dann begann er zu erzählen, wie Jesus war, was er sagte und was er tat. Der Junge kannte die Abenteuer von Thaddäus an der Seite Jesus’ auswendig.
    Josar hatte seine eigenen Erinnerungen niedergeschrieben und sie abschreiben lassen. Eine der Kopien wurde in den königlichen Archiven aufbewahrt. Dasselbe würde mit den Geschichten von Thaddäus geschehen. So hatte es Abgarus befohlen, der davon träumte, dass Edessa seinen Nachkommen die wahre Geschichte von Jesus hinterlassen könnte.
    Izaz freute sich, dass Thaddäus in der Stadt geblieben war. Sein Onkel Josar hatte so Gesellschaft von jemandem, der wie er den Nazarener gekannt hatte. Er bewunderte Thaddäus, weil er ein Jünger Jesu gewesen war, und er befragte ihn, was er den Einwohnern von Edessa sagen sollte, die zu ihm kamen, um zu beten und mehr über Jesus zu erfahren.
    Thaddäus hatte nie den passenden Moment zur Abreise gefunden, die Königin und Abgarus hatten ihn immer wieder gebeten, zu bleiben und ihnen zu helfen, gute Christen zu sein und aus Edessa einen Ort zu machen, wo all diejenigen Aufnahme finden konnten, die an den Nazarener glaubten. Die Zeit verging und am Ende blieb Thaddäus für immer.
    Jeden Tag ging er mit Josar in den Tempel, den die Königin Jesus zu Ehren hatte errichten lassen; dort sprach er und betete mit Gruppen von Frauen und Männern, die Trost in ihrem Leiden suchten und hofften, dass

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