Die stumme Bruderschaft
sprechen und sehen, ob das, was sie uns diesmal sagen, sich von den Aussagen gegenüber Pietro unterscheidet. Wir sollten noch mehr über sie herausfinden, wo sie wohnen, mit wem, wie die Nachbarn sie einschätzen, ob es irgendwelche Auffälligkeiten in ihrem Leben gibt …«
»Aber das wird uns Zeit kosten«, warf Antonino ein.
»Ja, deshalb hat Marco den Chef der Carabinieri gebeten, ein paar Männer abzustellen, die uns zur Hand gehen. Sie kennen ihre Stadt besser als wir und merken, ob etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Giuseppe kann sich darum kümmern, und du und ich, wir gehen zurück in die Kathedrale und sprechen noch einmal mit den Angestellten, mit dem Hausmeister, diesem Pater Yves, und mit den alten Jungfern im Sekretariat …«
»Einverstanden, aber wenn jemand etwas zu verbergen hat, wird er Verdacht schöpfen, wenn wir so nachhaken, und sich bedeckt halten, ich sage dir das, weil ich schon vielen Schuften das Handwerk gelegt habe«, sagte Giuseppe.
»Wenn jemand nervös wird, verrät er sich. Und wir sollten uns um das Gespräch mit D’Alaqua kümmern.«
»Ein dicker Fisch, zu dick. Wenn wir ins Fettnäpfchen treten und ihm zu nahe kommen, wird man uns in Rom die Flügel stutzen.«
»Ich weiß, Antonino, aber wir müssen es wenigstens versuchen, ich bin neugierig auf diesen Mann.«
»Vorsicht, Dottoressa, nicht dass deine Neugier uns Ärger einbringt!«
»Sei nicht albern. Giuseppe, ich denke, wir sollten mit diesem Mann reden, weil seine Firma bei allen Vorfällen irgendwie beteiligt war. Wenn mir das schon merkwürdig vorkommt, sollte es dir als Polizist erst recht auffallen.«
Sie teilten die Arbeit auf. Antonino würde erneut mit den Angestellten der Kathedrale sprechen, Giuseppe mit den Arbeitern, und Sofia mit D’Alaqua. Sie wollten in einer Woche fertig sein und dann beraten, wie sie weiter vorgehen sollten, falls sich bis dahin überhaupt etwas Neues ergab.
Auf Sofias Drängen hatte Marco die nötigen Kontakte aktiviert, damit Umberto D’Alaqua sie empfing.
Marco hatte sich anfangs ein wenig geziert, aber er war selbst der Meinung, dass man unbedingt mit dem Mann reden musste. Und so wendete sich der Direktor des Dezernats für Kunstdelikte an den Kulturminister, der ihn für verrückt erklärte, sich mit einer Firma wie COCSA und jemandem wie D’Alaqua anlegen zu wollen. Aber am Ende hatte er ihn von der Notwendigkeit überzeugt und auch davon, dass Dottoressa Galloni eine überaus diskrete Person war, der bestimmt nicht die kleinste Unkorrektheit unterlief, die diesen mächtigen Mann verärgern könnte.
Der Minister erwirkte einen Termin am nächsten Morgen um zehn. Als Marco Sofia dies mitteilte, war sie äußerst zufrieden.
»Chef, du bist ein Goldstück, ich weiß, das war nicht leicht.«
»Ja, und pass auf, dass du keinen Fehler machst, sonst lässt der Minister uns demnächst in den Archiven Staub wischen. Bitte Sofia, sei auf der Hut, D’Alaqua ist nicht nur in Italien ein wichtiger Unternehmer, er hat auf der ganzen Welt Geschäfte laufen, in Amerika, im Nahen Osten, in Asien … Einem solchen Mann kann man nicht mit Kindereien kommen.«
»Ich habe da so eine Ahnung.«
»Ich hoffe, deine Ahnungen bringen uns keinen Ärger ein.«
»Vertrau mir.«
»Wenn ich das nicht täte, wärest du nicht hier.«
Als sie mit dem Schminken fertig war, wurde sie auf einmal nervös. Sie hatte sich sorgfältig zurechtgemacht und trug ein beigefarbenes Armani-Kostüm. Sie hatte auf dem Zimmer gefrühstückt, aber bevor sie ging, verabschiedete sie sich noch von Antonino und Giuseppe.
»Viel Glück, Dottoressa, du siehst toll aus, als würdest du zu einem Date gehen.«
»Giuseppe, mach keine Witze! Ich bin nervös. Wenn ich einen Fehler mache, hat Marco ein Problem.«
»Giuseppe hat Recht, du siehst wirklich toll aus, vielleicht zu gut für einen so komischen Mann, der keine Schwäche für das weibliche Geschlecht zu haben scheint. Aber deine Trumpfkarte ist dein Kopf, darauf vertraue ich.«
»Danke Antonino, danke euch beiden, drückt mir die Daumen.«
Von Umberto D’Alaquas Sekretär war sie überrascht. Erstens, weil sie eine Frau erwartet hatte, und zweitens, weil dieser zurückhaltend elegante Mann mittleren Alters wie ein Manager wirkte und nicht wie ein Sekretär, ganz gleich wie wichtig sein Chef auch sein mochte. Er hatte sich ihr als Bruno Moretti vorgestellt und ihr einen Kaffee angeboten, Signor D’Alaqua sei noch im Gespräch.
Sofia lehnte den
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