Die stumme Bruderschaft
Europol gesprochen, man will uns helfen. Sie werden die Grenzen, Flughäfen, Zoll, Bahnhöfe überwachen … Wenn wir mit Bolard fertig sind, gehen wir zum Hauptquartier der Carabinieri. Ich will, dass du dir die Mannschaft anschaust, die Giuseppe zusammengestellt hat. Wir haben nicht viele Leute zur Verfügung, aber ich hoffe, dass sie ausreichen. Es dürfte auch nicht allzu schwierig sein, einem Stummen zu folgen.«
»Wie soll er denn mit Leuten in Verbindung treten, wenn er herauskommt?«
»Ich weiß nicht, aber wenn er zu einer Organisation gehört, wird er eine Kontaktadresse haben, irgendwo wird er hingehen. Das Trojanische Pferd wird uns schon führen, du wirst sehen. Du koordinierst die Operation vom Hauptquartier der Carabinieri aus.«
»Ich? Nein, das will ich nicht, ich will mit euch gehen.«
»Ich weiß nicht, was da auf uns zukommt, du bist keine Polizistin, ich kann mir dich nicht auf einer Verfolgung durch Turin vorstellen.«
»Er kennt mich nicht. Also ich kann an der Verfolgung teilnehmen.«
»Einer muss im Hauptquartier bleiben, und du bist die geeignete Person. Wir werden dich über Funk auf dem Laufenden halten. John Barry hat seine Kollegen vom CIA überredet, dass sie uns inoffiziell winzige Kameras zur Verfügung stellen. So können wir den Stummen immer im Blick haben. Du wirst den Stummen auf dem Bildschirm so sehen, als wärest du dabei. Giuseppe hat mit dem Gefängnisdirektor vereinbart, dass wir die Schuhe des Stummen inspizieren dürfen.«
»Wollt ihr einen Sender anbringen?«
»Ja. Das haben wir vor. Das Problem ist nur, dass er Turnschuhe hat, aber die Jungs von der CIA greifen uns auch hier unter die Arme: In den Vereinigten Staaten sind sie Turnschuhe gewöhnt, in Europa werden ja mehr Lederschuhe getragen.«
»Mann, da wäre ich ja nie drauf gekommen … Haben wir schon eine offizielle Erlaubnis für die Operation?«
»Ich hoffe, dieses Problem bis morgen gelöst zu haben.«
Sie kamen an der Kathedrale an. Pater Yves erwartete sie, um sie zu dem Raum zu bringen, wo Bolard und das wissenschaftliche Komitee das Grabtuch untersuchten. Er entschuldigte sich, er habe viel Arbeit, und ließ sie mit der Gruppe allein.
31
»Herr, ein Bote Eures Onkels ist gekommen.«
Balduin sprang aus dem Bett, rieb sich die Augen und befahl seinem Kammerherrn, ihn sofort eintreten zu lassen.
» Ihr müsst Euch ankleiden, mein Herr, Ihr seid der Kaiser, und der Bote ist ein Adeliger vom Hof des französischen Königs.«
»Pascal, wenn du mich nicht daran erinnertest, würde ich vergessen, dass ich der Kaiser bin. Hilf mir bitte. Habe ich noch einen Hermelinmantel, den ich noch nicht verpfändet oder verkauft habe?«
Pascal de Molesmes, ein französischer Adeliger im Dienst des französischen Königs und von diesem seinem glücklosen Neffen zur Seite gestellt, beantwortete die Frage des Kaisers nicht.
Es fehlte ihm wirklich an Geld. Erst vor kurzem hatten sie das Blei von den Dächern des Palastes entfernt, um es an die Venezianer zu verkaufen, die an der finanziellen Not Balduins gut verdienten.
Als der Kaiser sich in den Thronsaal setzte, tuschelten die Adeligen und warteten gespannt auf die Nachrichten vom französischen König.
Robert de Dijon kniete mit einem Bein nieder und neigte den Kopf vor dem Kaiser. Der machte ihm ein Zeichen, er möge sich erheben.
»Nun, was für Nachrichten bringst du von meinem Onkel?«
»Eure Majestät, der König kämpft tapfer im Heiligen Land, um das Grab unseres Herrn zurückzuerobern. Ich bringe Euch die gute Nachricht von der Eroberung Damiettas. Der König rückt vor und wird das Land am Nil auf dem Weg nach Jerusalem einnehmen. Im Moment kann er Euch nicht so helfen, wie er möchte, denn die Kosten des Feldzuges übersteigen bei weitem die jährlichen Einnahmen der Krone. Er rät Euch, Geduld zu haben und an den Herrn zu glauben. Er wird Euch bald als den treuen und innig geliebten Neffen, der Ihr seid, zu sich rufen und Euch helfen, die Nöte zu lindern, unter denen Ihr leidet.«
Balduin verzog das Gesicht und hätte beinahe den Tränen freien Lauf gelassen, aber der harte Blick von Pascal de Molesmes erinnerte ihn daran, wer er war.
»Ich habe auch einen Brief von Ihrer Majestät.«
Der Edelmann holte ein versiegeltes Dokument hervor und überreichte es dem König. Der nahm es kraftlos entgegen und reichte es sogleich an Pascal de Molesmes weiter.
Er streckte Robert de Dijon die Hand hin, und dieser küsste symbolisch den Ring des
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