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Die stumme Bruderschaft

Die stumme Bruderschaft

Titel: Die stumme Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro
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werde zum Kaiser gehen. Morgen werde ich Euch weitere Anweisungen geben. Begebt Euch jetzt zur Ruhe.«
     
    Es war noch nicht hell, als die Ritter mit den ersten Gebeten des Tages begannen.
    André de Saint-Remy schrieb eine Botschaft an den Kaiser und bat um Audienz.
    Das römische Ostreich stand kurz vor dem Untergang. Balduin herrschte nur noch über die Stadt Konstantinopel und die angrenzenden Gebiete. Die Templer hielten ein schwieriges Gleichgewicht mit Balduin aufrecht, der sie immer wieder um Geld bat.
    Saint-Remy hatte das Schreiben noch nicht in den Umschlag gesteckt, da stürzte Bruder Guy de Beaujeau ins Zimmer.
    »Herr, ein Muselman möchte Sie sprechen. Bei ihm sind noch drei weitere …«
    Der Ordensobere der Templer von Konstantinopel ließ sich nicht beirren. Er steckte erst das Schreiben in den Umschlag.
    »Kennen wir ihn?«
    »Ich weiß es nicht, sein Gesicht ist verhüllt, und die Ritter, die am Eingang Wache halten, wollten ihn nicht zwingen, sich zu erkennen zu geben. Er hat ihnen diesen Pfeil gegeben. Er ist aus einem Zweig geschnitzt, und er sagt, ihr würdet ihn an diesen Kerben erkennen.«
    Guy de Beaujeau hielt Saint-Remy den Pfeil hin und sah, wie sich der Blick seines Oberen bei dem Anblick verfinsterte.
    »Lasst ihn eintreten.«
    Minuten später betrat ein großer, kräftiger Mann den Saal, in dem Saint-Remy auf ihn wartete. Er war einfach gekleidet, aber dennoch merkte man ihm an, dass es sich um einen Adeligen handelte.
    Er bedeutete den beiden Rittern, die ihn begleiteten, sie allein zu lassen, und sie entschwanden ohne Widerrede.
     
    Als sie allein waren, fingen beide an zu lachen.
    »Aber Robert, warum hast du dich verkleidet?«
    »Hättest du mich erkannt, wenn sie dir den Pfeil nicht gezeigt hätten?«
    »Natürlich, glaubst du, ich würde meinen eigenen Bruder nicht erkennen?«
    »Das ist schlecht, denn das heißt, dass die Verkleidung nicht gut ist und ich nicht wie ein Sarazene aussehe.«
    »Die Brüder haben dich nicht erkannt.«
    »Mag sein. Jedenfalls sitze ich seit Wochen auf dem Pferd, und ich konnte durch Feindesland reiten, ohne dass irgendjemand Verdacht schöpfte. Es freut mich, dass du dich erinnerst, wie wir als Kinder aus abgerissenen Baumzweigen unsere eigenen Pfeile geschnitzt haben. Ich habe immer fünf Kerben hineingeschnitzt, du drei.«
    »Gab es einen Zwischenfall auf der Reise?«
    »Keinen, den ich nicht mit Hilfe des jungen Bruders François de Charney hätte lösen können.«
    »Mit wie vielen Männern wart ihr unterwegs?«
    »Mit zwei muselmanischen Schildknappen, so fällt man nicht auf.«
    »Welche Nachricht bringst du mir vom Großmeister?«
    »Guillaume de Sonnac ist tot.«
    »Was? Wie ist es passiert?«
    »Wir Templer kämpfen an der Seite des französischen Königs und waren ihm eine große Hilfe. Wie du weißt, haben wir Damietta erobert. Aber der König wollte unbedingt Al-Mansura angreifen, obwohl Guillaume de Sonnac ihn zur Zurückhaltung mahnte. Aber der König ist starrköpfig, er hat das Gelübde abgelegt, das Heilige Land zurückzuerobern, und wollte um jeden Preis bis Jerusalem vorstoßen.«
    »Du hast schlechte Nachrichten, ich ahnte es.«
    »So ist es. Der König wollte Al-Mansura erobern, er wollte die Sarazenen einkreisen und sie aus einem Hinterhalt angreifen. Aber Robert de Artois, Ludwigs Bruder, beging einen Fehler, indem er zunächst ein kleines Feldlager überfiel. So wurden die Ajjubiden aufmerksam. Es kam zu einer blutigen Schlacht.«
    Robert de Saint-Remy rieb sich mit dem Handrücken über die Augen, als könnte er so die Erinnerung an die Toten wegwischen, die ihn verfolgte. Er sah wieder die vom Blut der Sarazenen und Kreuzritter rot gefärbte Erde, die Kameraden, die verbissen kämpften, ohne Unterlass bohrten sich ihre Schwerter in die Eingeweide der Feinde. Er spürte immer noch die Müdigkeit in den Knochen und das Grauen in der Seele.
    »Viele unserer Brüder sind umgekommen. Der Großmeister wurde verletzt, aber wir konnten ihn herausholen.«
    André de Saint-Remy schwieg, als er im Gesicht seines Bruders sah, wie dieser von der leidvollen Erinnerung überwältigt wurde.
    »Zusammen mit Ritter Yves de Payens und Beltrán de Aragon haben wir den von einem Pfeil verwundeten Guillaume de Sonnac vom Schlachtfeld geholt und sind so schnell davongeritten, wie wir konnten. Aber alle Anstrengung war umsonst, er ist beim Rückzug am Fieber gestorben.«
    »Und der König?«
    »Wir haben die Schlacht gewonnen. Die Verluste waren

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