Die Stunde Der Toechter
sein Gesicht. Mehr war nicht möglich. Insbesondere keine Gegenüberstellung. Der Arzt hat es nicht erlaubt.«
»Weitere Gesichter?« Sie war zu ungeduldig.
»Negativ, Johanna. Wir haben nur wenige Indizien. Aber die weisen alle auf Hügli.«
Von Kranach schaltete sich ein. »Dir passt es nicht, dass Hüglis Tochter ungeschoren davonkommt, Jo?«
»Immerhin ist sie nach Russland geflogen!«
»Na und? Eine Geschäftsreise. Damit können wir nichts anfangen, was ihr Anwalt nicht in Sekundenschnelle zerpflücken würde.« Von Kranach seufzte. »Es gefällt mir auch nicht, aber so sind die Fakten. Du hast ja auch nicht mehr herausgefunden, oder?«
Johanna blickte den Leiter des Wissenschaftlichen Dienstes an. Dieser schüttelte den Kopf.
Sie stöhnte. »Nicht wirklich. Bestätigt ist, dass Stämpfli Dokumente versteckt hat, die ihn erstens vor dem Tod bewahren sollten. Zweitens hätten uns diese Unterlagen bei den Ermittlungen geholfen. Seine Schwester hat bezeugt, dass sie zwei schwere Briefumschläge in den Familiensafe gelegt hat. Den Inhalt derselben kennt sie nicht. Stämpflis Nichte wiederum gibt zu, dass sie diese Umschläge herausgenommen hat. Sie behauptet, sie in gutem Glauben einer Frau übergeben zu haben. Der Vertreterin einer internationalen Organisation für die Wiederbeschaffung von Raubkunst.« Allein der Gedanke an Judith machte Johanna zornig. »Selbstverständlich existiert die erwähnte Organisation nicht. Ich habe Stämpflis Nichte ein Foto von Salome Hügli gezeigt. Dazu kann sie keine klare Aussage machen. Fingerabdrücke haben wir nur von Judith Stämpfli.« Sie schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich bin überzeugt, dass sich Hüglis Tochter die Dokumente erschlichen hat. Beweisen kann ich es nicht. Sie hat keine Spuren hinterlassen. Und mit Sicherheit hat sie ihr Aussehen verändert. Wir können eine Gegenüberstellung versuchen. Aber ich fürchte, dass sie uns nicht weiterbringen wird. Dieses Luder ist clever.«
Müller gab ihr einen Stups in die Seite. Die Männer grinsten. Ausgenommen von Kranach.
»Danke für den engagierten Beitrag. Nach dem bisherigen Ermittlungsstand kriegen wir eine Anklage zusammen gegen den Kroaten wegen mehrfachen Mordes. Und eine gegen Hügli wegen Freiheitsberaubung. Sieht das der Staatsanwalt ebenfalls so?« Dieser nickte. »Gut. Der letzte Punkt ist die Verhaftung des Mörders. Er wurde uns gestern von der Kantonspolizei Aarau übergeben. Soviel ich weiß, ist er im Spital. Aber vernehmungsfähig. Ich gehe nicht davon aus, dass er ein Geständnis abgelegt hat, Hans?«
Aeschbacher lachte von einem Ohrläppchen zum anderen. »So kann man sich täuschen, Kevin. Das Vögelchen hat gepfiffen.« Ein sichtbarer Ruck ging durch die Runde. Er hob beschwichtigend die Hand. »Freut euch nicht zu früh. Er hat nichts Neues gesagt. Aber er hat die fünf Morde zugegeben. Wir haben ihn zwei Mal befragt. Das zweite Mal im Beisein eines Anwalts. Dabei hat er gestanden, Tamara Stämpfli entführt zu haben. Im Auftrag von Werner Hügli. Er gibt an, sie Montagnacht in Hüglis Wohnung abgeliefert zu haben. Mittwochabend habe er sie wieder abgeholt.« Er kratzte sich an seinem Bart. »Das ist auch schon alles. Er bestreitet, dass Werner Hügli in die Morde involviert sei. Außerdem gab er zu Protokoll, dass er zu keinem Zeitpunkt mit dessen Tochter zu tun gehabt habe. Sämtliche Anweisungen habe er entweder von Bogdanow oder von einem Mittelsmann erhalten. Dessen Name, Adresse und Geburtsdatum hat er leider vergessen. Die Kommunikation sei per Telefon erfolgt.«
Von Kranach nickte nachdenklich. »Ein Berufskiller, der mehrmals der Polizei entkommen ist, nimmt plötzlich alle Verbrechen auf seine Kappe und entlastet die anderen? Das stinkt zum Himmel!«
Endlich sagte er, was Johanna dachte.
»Es kommt noch dicker, Kevin.« Aeschbacher schaltete sich abermals ein. »Im Kantonsspital Aarau wurde dem Kroaten der Magen ausgepumpt. Dank der Beziehungen von Köbi Fuhrer in ein bestimmtes Milieu hat er eine Dosis Tabletten zu schlucken gekriegt, die einen Elefanten flachgelegt hätte. Dies hat die Verhaftung überhaupt erst ermöglicht.«
Verärgert blickte Johanna Aeschbacher an. Er war eine Schwatzbase. Die Gerüchte über Köbi würden herumgehen wie ein Lauffeuer.
»Bei dieser Gelegenheit wurde dem Kroaten Blut entnommen. Offensichtlich waren die Blutwerte nicht in Ordnung. Worauf der Arzt eine zweite Untersuchung durchgeführt hat.« Sich räuspernd machte er eine Pause
Weitere Kostenlose Bücher