Die Stunde Der Toechter
fehlt.«
Schnaubend stellte er das Bier ab. »Du meinst seine Tochter? Habt ihr nichts gegen sie in der Hand?«
Johanna schüttelte den Kopf. »Extrem wenig. Es reicht nicht für eine Anklage. Außerdem bin ich nicht sicher, wofür wir Hügli wirklich drankriegen. Im schlimmsten Fall bleiben wir auf Freiheitsberaubung sitzen. Das wäre viel zu geringfügig. Gemessen an dem, was er auf dem Kerbholz hat.«
»Etwas fehlt immer.« Köbi legte sein Portemonnaie auf den Tisch und winkte der Bedienung. »Halt dich an das, was ihr habt. Das ist mehr, als viele andere Polizisten jemals gegen den Gauner in Händen hielten. Hüglis Tochter holst du dir nach dem Urlaub.«
Nachdem sie bezahlt hatten, eilte Johanna in das Gebäude der Kriminalpolizei. Es reichte gerade noch für einen Kaffee aus dem Automaten. Den Becher auf ihren Unterlagen balancierend, schlüpfte sie hinter Kevin von Kranach in das Sitzungszimmer. Als Letzte. Der Raum war voll. Sie setzte sich neben Erich Müller. Er sah schläfrig aus. Draußen war es drückend heiß. Drinnen genauso.
»Liebe Kollegen, ich begrüße euch zur Sachbearbeiterkonferenz im Fall Stämpfli.« Von Kranach saß am Kopf des Tisches. Neben ihm Aeschbacher, dann eine Sekretärin, die Johanna noch nie gesehen hatte. Rechts von ihr lümmelten vier Kantonspolizisten auf ihren Stühlen. Dann kamen Müller und Johanna. Gegenüber saßen Schürch, Imboden, Krähenbühl, der Leiter des Wissenschaftlichen Dienstes der Stadtpolizei, sein Kollege vom kriminaltechnischen Dienst des Kantons, der Rechtsmediziner und der Staatsanwalt.
Kevin eröffnete die Sitzung. »Wahrscheinlich seid ihr schon genauso gespannt wie ich auf die Ergebnisse unserer Recherchen. Ich möchte zuerst die bisherigen Resultate zusammenfassen.«
Seine Assistentin legte ihm ein Blatt Papier vor. Er überflog es kurz. Anschließend schaltete er den Projektor an. Auf der Leinwand erschien ein weißer Fleck. Langsam wurde eine Liste mit mehreren Namen erkennbar.
»Zum aktuellen Zeitpunkt sprechen wir von fünf Tötungsdelikten. Ein Zürcher Milieuanwalt, ein Kantonspolizist, ein international gesuchter Verbrecher italienischer Nationalität, ein deutscher Staatsbürger russischer Herkunft und mutmaßliches Mitglied einer kriminellen Organisation und schließlich ein Schweizer, der des illegalen Kunsthandels verdächtig ist. Die Reihenfolge meiner Aufzählung entspricht dem vermuteten Todeszeitpunkt.«
Die Sekretärin betätigte eine Taste ihres Laptops. Auf der Leinwand blinkte ein Datum hinter jedem Namen auf.
»Des Weiteren ist ein mutmaßlicher Verbrecher im Verlauf eines Schusswechsels mit der Polizei umgekommen. Dies ist Gegenstand einer separaten Untersuchung und steht hier nicht zur Diskussion. Kommen wir deshalb also zu den anderen Delikten.«
Kevin gab seiner Assistentin ein Zeichen. Ein neues Blatt wurde auf die Leinwand projiziert mit den Namen von Vater und Tochter Stämpfli.
»Wir sprechen in zwei Fällen von Freiheitsberaubung. Begangen an diesen beiden Personen. Bernhard Stämpfli ist zugleich Opfer einer der erwähnten Tötungen. Seine Tochter Tamara ist zum aktuellen Zeitpunkt eine unserer wichtigsten Zeuginnen. Sie wird medizinisch versorgt. Eine erste Aussage liegt vor.«
Überrascht folgte Johanna von Kranachs Blick. Er führte zu einem der Kantonspolizisten.
Dieser nickte.
Kevin fuhr fort. »Am Anfang der ganzen Geschichte stand eine Ermittlung wegen illegalen Erwerbs, Besitzes, Handels und der illegalen Einfuhr von Kulturgütern. Leider stehen wir in dieser Sache am gleichen Punkt wie vor drei Wochen.« Ein Bild des Zylindersiegels wurde eingeblendet. »Wir haben dieses Siegel sichergestellt. Das ist einer von zwei Gegenständen aus dem Bagdader Nationalmuseum, die gemäß unserer Voruntersuchung in Zürich hätten verkauft werden sollen. Bei dem anderen handelt es sich um ein Relief aus Elfenbein. Bis anhin wurde es nicht gefunden. Ebenso fehlen uns verwertbare Hinweise zu Einfuhr, Handel und Lagerung dieser Kunststücke. Oder hat die Sichtung des bei Bogdanow konfiszierten Materials noch irgendetwas Neues ergeben?«
Die Kantonspolizisten schüttelten unisono den Kopf.
Von Kranach seufzte frustriert. »Das bedeutet, dass wir lediglich den Besitz dieses Zylindersiegels zur Anklage bringen könnten. Gegen einen der fünf Verstorbenen. Das ist sehr wenig. Genau genommen ein totaler Misserfolg.« Von Kranach schaute sein Team an.
Müller döste vor sich hin. Johanna gab ihm einen Schubs mit dem
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