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Die Stunde der Zaem

Die Stunde der Zaem

Titel: Die Stunde der Zaem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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verstehen.
    »Wenn du es wünschst.« Garwe wandte sich zum Gehen, hielt dann aber inne und drehte sich noch einmal um. »Solltest du einen Wunsch verspüren, rufe nach mir. Ich werde es hören.«
    »Danke«, erwiderte Mythor. »Aber ich denke, das Alleinsein tut mir gut.«
    Er konnte nicht schlafen. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt, stierte er unbewegt zur hohen Decke hinauf. Er glaubte, ferne Wolkenschleier ziehen zu sehen, war sich dessen jedoch nicht sicher. Genauso wenig waren die Sonnenstrahlen Wirklichkeit, die verlockend und verheißungsvoll zugleich über das Firmament huschten.
    Der halbe Tag, von dem Zahda gesprochen hatte, mußte inzwischen verstrichen sein. Allmählich wurde Mythor ungeduldig. Ohne sich dessen richtig bewußt zu werden, zog er Alton, und der Griff schmiegte sich wie immer warm in seine Hand. Das Gläserne Schwert ließ ein feenhaftes Singen vernehmen, während er sanft mit den Fingern über die von der Klinge umschlossenen Symbole hinweg strich.
    Schon wollte er nach Garwe rufen, als er sich eines anderen besann. Die Hexe würde ihn nur weiter hinhalten.
    Mythor indes wollte nicht länger warten. Er fühlte sich unbeobachtet. In den angrenzenden Räumen, soweit ihm der Blick durch die aus Licht geformten Wände möglich war, hielt sich niemand auf.
    Also verließ er das Zimmer. Von rechts war er in Garwes Begleitung gekommen, deshalb wählte er den Weg in die andere Richtung. Schon bald gelangte er an eine Treppe, die sanft gewunden in die Höhe führte. Ihm blieb keine andere Wahl, als die Stufen hinaufzusteigen. Von hier aus bot sich ihm ein Blick über nahezu das gesamte Bauwerk. Er entdeckte den Raum, in dem er mit der Hexe gewesen war, sie selbst sah er nicht. Einige Schatten, die sich in der Ferne bewegten, mochten Fronja-Maiden sein.
    Höher führten die Stufen ihn hinauf. Sie nahmen kein Ende. Ungefähr zwanzig Schritte weit konnte Mythor sie einsehen, bis jeweils die Krümmung der Wand ihm die Sicht nahm.
    Nach einer Weile begann er sich zu fragen, ob es nicht besser sei, umzukehren. Doch wohin hätte er sich wenden sollen? Also schritt er weiter aus.
    Inzwischen mußte er eine Höhe erreicht haben, die schon über der des Regenbogendoms lag. Zögernd nur setzte sich diese Erkenntnis in ihm durch, als gäbe es etwas, das ihn daran hinderte.
    Erschreckt blieb Mythor stehen. Es war sinnlos, weiterzugehen. Zweifellos hatte er sich in einem magischen Labyrinth gefangen, das Uneingeweihten zur Falle wurde.
    Zufällig fiel sein Blick auf die Räume zu seinen Füßen - und er erschrak.
    An genau dieser Stelle hatte er schon gestanden.
    Wann? - Er wußte es nicht, vermochte sich nicht zu entsinnen. Zwei Augenblicke mochte es her sein oder auch zwei Stunden.
    Die Treppe war im wahrsten Sinn des Wortes endlos. Sie führte aufwärts und gleichzeitig in sich selbst zurück.
    Mit dem Gläsernen Schwert schlug Mythor gegen die Stufen. Ein helles Klingen wurde hörbar, das schnell verwehte. Aber nichts veränderte sich; die Klinge prallte ab wie von härtestem Stahl.
    Magie! Eine andere Erklärung dafür gab es nicht.
    War Mythor, ohne es eigentlich zu wollen, auf eine der magischen Ebenen geraten, welche die Häuser des Regenbogendoms miteinander verband. Bevor er sich darüber klar werden konnte, vernahm er leise Schritte, die sich näherten. Augenblicke später tauchte eine der weiß gewandeten Jungfrauen vor ihm auf.
    Sie verhielt, als sie ihn gewahrte, und streckte abwehrend die Arme aus. Dann erst huschte Erkennen über ihr Gesicht.
    Sie war von einer Schönheit, wie Mythor sie in seinen Träumen oft sah. Das helle, goldgelbe Haar fiel ihr offen bis über die Schultern.
    Ungläubig starrte er ihr entgegen, unfähig zu begreifen.
    »Fronja!« kam es leise über seine Lippen.
*
    Das Rot wühlte Lankohr innerlich auf. Er stand, wo Mythor Burra besiegt hatte, und empfand einen stärker werdenden Zorn, der sich gegen die Zaubermutter Zaem und deren männerhassendes Gesinde richtete. In Gedanken hörte er noch einmal das Klirren der hart aufeinanderprallenden Schwerter, vernahm das Keuchen der Amazone, als diese zu unterliegen drohte.
    Und dann war da plötzlich Zaem gewesen, nicht in einer Vision, sondern körperlich. Jemand mußte ihr von dem Zweikampf berichtet haben, obwohl Burra alles darangesetzt hatte, ihn geheim zu halten.
    Wer dieser Jemand gewesen war, wußte Lankohr nur zu genau. Stee oder Heeva - eine Aasin jedenfalls. Sie waren falsch und hinterhältig; ihnen zu vertrauen

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