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Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1

Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1

Titel: Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra McEntire
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Internat war in Sedona. Da wimmelt’s nur so von ›spirituellen Geistheilern‹. Wahrscheinlich hat es sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen, dass ein besorgter Bruder mit Geld um sich wirft, um seiner durchgeknallten Schwester zu helfen. Und die Leute, die nach traditionellen Methoden arbeiten, haben mir ja nicht geholfen. Sie wollten mich alle mit Tabletten zudröhnen oder mich in die Psychiatrie einweisen.« Ich ließ das Geländer los und biss mir auf die Unterlippe, damit ich ihm nicht erzählte, dass sie ihre Pläne in die Tat umgesetzt hatten. Wie konnte ich ihm gegenüber nur so offen sein? Doch wenn er ein Betrüger war wie alle anderen, würde er vielleicht Schuldgefühle bekommen und verschwinden, bevor er weiteren Schaden anrichten konnte.
    »Das tut mir leid«, sagte Michael. Es klang nicht mitleidig, sondern mitfühlend. Sein Gesichtsausdruck wirkte aufrichtig, oder er hätte ein sehr guter Schauspieler sein müssen. Er erinnerte mich an das alte Hollywood, an Cary Grant vielleicht, bis auf sein längeres Haar.
    »Also was ist anders an dir?« Ich hatte die Unterhaltung langsam satt und bereitete mich innerlich schon auf die nächste Enttäuschung vor. »Welche Versprechen willst du mir machen?«
    »Keine, die ich nicht halten kann.« Sein Kinn drückte Entschlossenheit aus, seine Stimme Sicherheit.
    »Welche Qualifikationen hast du? Bist du auf einen Berg geklettert und hast dich mit einem Guru getroffen?« Ich wollte ihn herausfordern. Eine Reaktion von ihm erzwingen. »Hattest du eine extrakorporale Erfahrung, und jetzt sprechen Leute aus Spiegeln und Pfützen mit dir?«
    »Hör zu, ich kann verstehen, warum du nicht viel Vertrauen hast.« Seine Stimme war leise und ruhig, aber darunter war ein Hauch von Zorn zu erahnen. »Doch was ist, wenn ich dir wirklich helfen kann ? Warum willst du dir nicht von mir helfen lassen?«
    »Was ist, wenn ich nicht glaube, dass mit mir etwas nicht in Ordnung ist?« Jedenfalls nichts, was er in Ordnung bringen könnte.
    »Das habe ich ja auch nicht behauptet.«
    »Wenn du mir Hilfe anbietest, glaubst du anscheinend, dass ich verzweifelt bin. Das bin ich aber nicht.«
    »Was war dann vor zehn Minuten, als du dein Glas auf einem Klavier abstellen wolltest, das nicht existierte?«
    »Das war keine Verzweiflung. Das war …« Ich schnappte nach Luft.
    Er hatte das Klavier gesehen.



5. KAPITEL
    I ch boxte ihm in den Magen. Hallo Sixpack! Trotz der schützenden Muskeln krümmte er sich keuchend und rieb sich den Bauch.
    »Entschuldigung. Tut mir leid«, rief ich und schüttelte meine kribbelnde Hand aus. Die Straßenlaternen flackerten leicht, und ich fragte mich kurz, ob ein weiteres Gewitter angekündigt war. »Ich musste mich vergewissern, dass es dich wirklich gibt.«
    »Und es gab keine bessere Möglichkeit, das herauszufinden?« Michael stöhnte. Er hatte Glück, dass ich nicht tiefer gezielt hatte. Eigentlich hatte ich ihm einen Tritt verpassen wollen, dachte im letzten Moment jedoch an meine Mörderschuhe.
    »Eine Stressreaktion.« Bevor ich noch mehr Schaden anrichten konnte, zog ich die hochhackigen Waffen aus und genoss es, den kühlen Steinboden unter den Füßen zu spüren.
    Michael richtete sich auf und musterte mich abschätzend. Ich wusste nicht, ob ihm gefiel, was er sah, und war überrascht, dass es eine Rolle für mich spielte.
    »Warum hast du befürchtet, ich könnte nicht real sein? Du wolltest mir nicht mal die Hand geben, obwohl dein Bruder mich gesehen hat.«
    »Der Tag heute war so anders. Meine ganze Welt ist auf den Kopf gestellt worden.«
    »Vielleicht umso besser.« Sein Grinsen ließ mich darüber nachgrübeln, was er für sich behielt. »Dann erzähl doch mal, was heute so anders war.«
    »Erstens hab ich vorher noch nie ein ganzes Jazztrio gesehen. Das hat mich aus der Bahn geworfen. Anscheinend haben sich die Regeln geändert.«
    »Was für Regeln?«
    »Ich sehe Leute aus der Vergangenheit.« Die Turmuhrglocken läuteten zur vollen Stunde, doch ich sprach leise weiter. »Sie sind wie eine Filmprojektion, ohne Substanz, und wenn ich versuche, sie zu berühren, verschwinden sie. Ich bin hundert Prozent sicher, dass ich noch nie drei auf einmal gesehen habe. Plus Klavier.« Oder eine Pferdekutsche.
    »Zumindest haben sie gut geklungen. Der Bass war schön weich.« Er neigte den Kopf zu den Glastüren, aus denen nach wie vor Musik drang. »Klingt immer noch gut.«
    »Du scheinst nicht beeindruckt zu sein. Noch nie hat jemand anders sehen

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