Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1
Michaels. Ich wünschte, ich hätte sein Gesicht sehen können, und fragte mich, ob es zu seiner Stimme passte. »Sie muss wissen, was los ist. Du kannst sie nicht blind da hineinlaufen lassen.«
»Ich erledige das.« Michael klang, als würde er beim Sprechen mit den Zähnen knirschen.
»Mach das«, knurrte Kaleb. Zumindest wollte er, dass ich die Wahrheit erfuhr, damit ich mich selbst schützen konnte und nicht länger im Dunkeln tappte. Ich mochte ihn. Wer auch immer er sein mochte. »Denk dran, wir sind ein Team. Ich kümmere mich um die Akten; du kümmerst dich um sie. Es steht eine Menge auf dem Spiel für eine Menge Leute.«
»Ich habe ein Versprechen gegeben, und das werde ich halten. Ich tu alles, was nötig ist, um ihn zurückzuholen, egal, welche Opfer ich bringen muss.«
»Glaubst du, sie macht mit?«
Michael hielt kurz inne, bevor er antwortete. »Ich kann es nicht garantieren. Aber ich glaube, wir können davon ausgehen. Sie ist ziemlich beeindruckend.«
Überraschtes Lachen hallte an den Mauern wider. »Mike! Hast du dich etwa in sie verguckt?«
»Das darf nicht sein. Du kennst die Regeln.«
»Das würde mich nicht bremsen«, gab Kaleb zurück.
»Ich weiß. Aber nur zu deiner Information: Ich habe mich nicht in sie verguckt.« Michaels Stimme klang fest. Kaleb musste zweifelnd geschaut haben, denn Michael wiederholte: »Da läuft nichts. Ich habe meine Gründe.«
Mein Magen krampfte sich zusammen.
»Ich spüre es doch, Bruder. Ich weiß es. Wenn dieses Mädchen so ›beeindruckend‹ ist, wie du sagst, bist du einfach nur dumm. Aber ich habe ganz vergessen, dass es für dich nichts Wichtigeres gibt als Ehre und Ritterlichkeit«, sagte Kaleb mit Singsangstimme.
»Solltest du bei Gelegenheit auch mal ausprobieren.«
»Aber sag mir bitte nicht, dass du dich wegen Ava zurückhältst.«
»Kaleb«, sagte Michael und klang frustriert. »Ich habe dir doch schon erklärt, wie es mit Ava steht …«
In einem der Fenster des oberen Stockwerks war das Licht angegangen und warf ein gelbliches Rechteck auf den Steinfußboden der Terrasse. »Ich sollte lieber wieder reingehen«, sagte Kaleb hastig. »Sag’s ihr – behandele sie nicht wie ein Kind.«
»Geh schon!«, zischte Michael, dann wurde eine Tür geschlossen.
Das Licht im oberen Fenster erlosch.
Ich blieb einen Moment sitzen und versuchte, die Informationen zu verarbeiten. Ich hätte nicht beschwören können, dass sie über mich gesprochen hatten; schließlich war mein Name nicht gefallen. Doch ob aus Paranoia oder Intuition – ich war mir ziemlich sicher, dass die beiden mit »sie« mich gemeint hatten.
Aber wer war »er«?
Ich verließ mein Versteck bei der Terrasse und schlich denselben Weg zurück, den ich gekommen war. Ich beeilte mich nicht, damit Michael genug Zeit hatte, sich zurückzuziehen – schließlich wollte ich ihm nicht in die Arme laufen. Vorsichtig spähte ich an der Vorderseite des Hauses in eins der niedrigen Fenster.
An einer Wand hingen gerahmte Fotografien. Trotz guter Beleuchtung lag ein seltsamer Schimmer auf den Gesichtern, so dass sie schlecht zu erkennen waren. Ich musterte eins nach dem anderen, und als ich das Ende der Reihe erreicht hatte, blieb ich stehen. Irgendetwas an dem Gesicht kam mir vertraut vor. Bevor ich herausfand, an wen es mich erinnerte, wurde ein weiteres Licht eingeschaltet und beleuchtete meine Silhouette auf dem Rasen. Ich presste mich gegen die Wand, bis das Licht wieder gelöscht wurde, dann steuerte ich schleunigst den Parkplatz an und riss die Autotür auf.
Ich stieß einen Schrei aus.
Der Fahrersitz war bereits besetzt.
21. KAPITEL
S ei leise«, flüsterte Michael. »Oder willst du die Toten aufwecken?«
»Was machst du hier?«, krächzte ich und presste die Hand auf mein rasendes Herz.
Er schaltete die Innenbeleuchtung aus, doch im schwindenden Licht konnte ich immer noch seinen wütenden Gesichtsausdruck erkennen. »Und du ? Was machst du hier?«
Ich überlegte kurz, ob ich sagen sollte, dass ich mich verfahren hätte. Es fiel mir einfach nichts anderes ein. Ich schüttelte nur den Kopf und schnappte nach Luft.
»Wie hast du mich gefunden?«
»Ich habe gar nicht nach dir gesucht. Ich war auf der Suche nach Hourglass. Die Adresse hab ich von den Visitenkarten auf deinem Nachtschrank.« Okay. Das war ziemlich dumm. »Drus Schlüssel. Na ja, er lag vor der Spüle … Ich sollte die Typen mit der Couch in deine Wohnung lassen. Tut mir leid.«
Spione sollten selbst
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