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Die Stunde des Löwen

Die Stunde des Löwen

Titel: Die Stunde des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Köhl
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Strafzettel verpasst? Also hielt er lieber den Mund! Aber diesmal wäre ihm eine Menge Ärger erspart geblieben, wenn er frühzeitig klargemacht hätte, auf welcher Seite des Gesetzes er stand. Immerhin waren fünfhundert Piepen ein unverschämter Preis für einmal Pinkeln im Stehen. Als er von der Toilette zurückkam und in den Garten des Apfelweinlokals zurückstolperte, war seine Dame für die Nacht verschwunden. Mit ihr seine geliebte Lederjacke und die Brieftasche mit Geld und Ausweis. Natürlich war von der Frau weit und breit nichts mehr zu sehen, und niemand wusste, wohin sie verschwunden war. Er wankte aus dem Lokal, um draußen nach ihr zu suchen, wurde aber von einem kräftigen Kellner zurückgehalten und der Zechprellerei beschuldigt. Niemand glaubte ihm, dass er selbst der Geprellte war, und es fehlte nicht viel, und er hätte den unfreundlichen Ober aus dem Weg geboxt. Schließlich rief der Dicke die Polizei. Da ihn die Kollegen nicht kannten, landete das Protokoll in seiner Personalakte.
    Nichts. Keine Tablette in Sicht. Sebald stöhnte und griff sich an den Kopf. Mühsam stand er auf, schüttete den Kaffee in einen Becher, trank einen Schluck und warf sich wieder auf seinen Stuhl. Er fuhr den Computer hoch und loggte sich bei Interpol ein. Als Suchwörter probierte er: Frau, Trickbetrügerin, Touristen. Den zeitlichen Rahmen begrenzte er auf die letzten zwölf Monate. Das System spuckte neunhundertdreiundvierzig Namen aus. Er seufzte und klickte sich durch die Details.
    Nach einer halben Stunde erfolgloser Suche klingelte das Telefon: die Nummer seines Chefs. Sebald nahm ab. »Ja?«
    Â»Sebald? Können Sie sich nicht normal melden?«
    Sebald schwieg. Was war normal?
    Â»Kommen Sie mal rüber in mein Büro!«
    Â»Jetzt gleich?«
    Â»Wenn Sie dazu in der Lage sind!«, schnauzte der Major zurück, und Sebald fand, dass die Stimme seines Chefs ziemlich genau in der Mitte zwischen Spott und Zorn balancierte. Noch! Im Hörer klickte es, dann ertönte das emotionslose Freizeichen.
    Das Ziehen in der Magengegend wurde stärker.
    So, jetzt wusste der Major also auch Bescheid. Auf die Abfuhr hätte er gerne verzichtet. Wie die meisten seiner Kollegen nannte Sebald den Chef gerne »Major Tom«, wegen der vielen Himmelfahrtskommandos, die er vergab. Thomas Meinhart war seit mehr als zehn Jahren Leiter des Frankfurter Polizeipräsidiums, und er kannte die Stadt und ihre Menschen mit allen Stärken und Schwächen. Sebald wusste, dass der Major ihm wohlgesonnen war, doch an diesem Morgen war seine schlechte Laune schon am Telefon unüberhörbar.
    Sebald richtete sich auf und stapfte los.
    Zu seiner Überraschung war der Chef nicht alleine im Büro. Barmer stand grinsend im Raum und blickte auf Glotzkes gestikulierende Hände, die anschaulich unterstrichen, wovon er gerade redete. Sebald atmete erleichtert auf. Major Tom war zwar ein ewiger Nörgler und Perfektionist, aber er würde ihn nicht vor Kollegen herunterputzen!
    Â»Na endlich. Kommen Sie rein, Sebald! Dr.   Glotzke von der Spurensicherung kennen Sie ja.«
    Meinhart machte eine kurze Pause, um den Männern Gelegenheit zu geben, sich zuzunicken. »Dr.   Glotzke ist hier, weil wir vor einer Stunde einen Anruf vom Frankfurter Zoo bekamen. Dort wurden heute Morgen die Überreste eines Menschen gefunden …« Er machte eine Pause und schaute ernst in die Runde. »Und zwar im Krokodilgehege.«
    Er fixierte Sebald über den Rand seiner Lesebrille und wartete auf eine Reaktion. Sebald schwieg und hob die Brauen.
    Â»Die Kollegen von der Spurensicherung sind schon vor Ort, aber ich möchte, dass Sie sich zusammen mit Herrn Barmer und Dr.   Glotzke persönlich um die Sache kümmern. Ich erwarte diszipliniertes Arbeiten und einen lupenreinen Bericht.«
    Obwohl Sebald das Büro lieber gleich als später verlassen hätte, rang er sich zu einer Frage durch.
    Â»Wer hat angerufen? Der Direktor?«
    Â»Nein. Einer seiner Mitarbeiter. Kurt Klein.«
    Der Major stand auf und öffnete die Tür.
    Â»Also dann, meine Herren, an die Arbeit! Besprechung heute Nachmittag um fünfzehn Uhr.«
    Barmer und Glotzke verließen das Büro. Sebald war dicht hinter ihnen, aber nicht schnell genug.
    Â»Herr Sebald, auf ein Wort noch!«
    Er zögerte, drehte sich langsam um und blickte dem Major in die Augen.
    Â»Ja,

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