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Die Stunde des Löwen

Die Stunde des Löwen

Titel: Die Stunde des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Köhl
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nicht daran, denn er wurde nicht müde zu betonen, dass er, Fremden, ein moralisches Anrecht auf die volle Summe hatte. Schließlich habe er es durch das Aufstöbern des Filmmaterials möglich gemacht, das Verbrechen an seinem Vater aufzuklären.
    Ãœber die Hälfte des Honorars hatte er schon in die Sanierung des Fachwerkhauses gesteckt. Nachdem er Wagenladungen von Unrat und alten Möbeln den Containern des örtlichen Recyclinghofs anvertraut hatte, hatte er im Baumarkt einen Großeinkauf getätigt und die darauffolgenden Tage damit verbracht, die provisorische Plane auf dem Dach zu entfernen, die schadhaften Ziegel auszutauschen, im gesamten Haus lose Dielen festzuschrauben und in Flur und Schlafzimmer die anscheinend mit Pattex befestigte Blümchentapete von der Wand zu spachteln und durch Malervlies zu ersetzen. Die meiste Zeit hatte er in die gründliche Reinigung von Küche und Bad investiert. An den Muff im Wohnzimmer hatte er sich allerdings noch nicht herangetraut. Dort hingen nach wie vor die kitschigen Puzzles und Bocksgeweihe an den Wänden. Und auf den wild gemusterten Teppichen thronte immer noch das altmodische Mobiliar: die abgewetzte Kordpolstergarnitur, das Nierentischchen, der dunkel gebeizte Weichholzschrank und das Spirituosenschränkchen mit den zwei vereinsamten Schnapsflaschen hinter der Glasscheibe. Auch das Foto, das seinen Onkel mit Edgar Rosen und den beiden anderen Männern zeigte, zog auf der Abdeckplatte weiterhin Staub an, genau wie das daneben, auf dem Fremdens Vater dem ehemaligen RAF -Terroristen Stefan Wisniewski so ähnlich sah.
    Vor zwei Tagen hatte er einen mutigen Entschluss gefasst. Nämlich den, die Detektei seines Onkels weiterzuführen. Als ordentlich angemeldetes Gewerbe mit neuen Visitenkarten und Briefpapier. Oben auf dem Briefkopf würde stehen: »Jonas Fremden, Private Ermittlungen – seit über 40   Jahren« . Bei der Vorstellung musste er lachen. Doch schon einen Atemzug darauf wurde er wieder ernst. Den zweiten großen Fall seiner jungen Karriere hatte er bereits. Gleich morgen würde er die Akte dazu anlegen und »Felix Fremden« auf den Ordnerrücken schreiben.
    Ein Blick auf seine am Waschbeckenrand abgelegte Armbanduhr verriet ihm, dass er noch fast eine Dreiviertelstunde Zeit hatte. Zeit, die er nutzen sollte, in der Küche eine Tasse Tee zu trinken.
    Gut gelaunt lief er die Treppe hinunter. Als er etwa in der Mitte des Flurs angekommen war, hörte er in seinem Rücken das altersschwache Rasseln der Türklingel. Rätselnd, wer ihm unangemeldet einen Besuch abstatten könnte, wandte er sich um. Vielleicht ist es ja diesmal der grimmig dreinblickende Nachbar, dachte er und ging zur Tür, um zu öffnen.
    Er war erstaunt, dass es der Polizist aus Frankfurt war, der ihn vom obersten Absatz der Sandsteinstufen aus unsicher anlächelte.
    Â»Nanu, was führt Sie zu mir?«, erkundigte er sich und starrte auf die ausrasierte Stelle an der linken Kopfhälfte des Mannes, auf der ein großes weißes Pflaster haftete. Der Name des Polizisten war Born, fiel ihm nun wieder ein; die Frau, die bei ihm gewesen war, hieß Mannfeld. »Sind es wieder die Frauenmorde, oder wollen Sie mir diesmal eine Moralpredigt wegen Felix halten?«
    Â»Nichts von beidem«, antwortete Born und blickte zu Boden. »Ich möchte Sie gern um Entschuldigung bitten.«
    Â»Für was?«
    Â»Für mein forsches Auftreten neulich, den ›Penner‹ und die Drohung, die ich geäußert habe.«
    Nanu? So etwas wie Anstand hätte er dem gegelten Fatzke gar nicht zugetraut.
    Â»Gut, treten Sie ein. Und da Sie schon mal den weiten Weg zu mir in den Odenwald gemacht haben, können Sie mir auch gleich verraten, woher Sie von der Sache mit meinem Bruder wissen.«
    Im Wohnzimmer klärte ihn Born auf, dass er aus Michelstadt stammte und mit Felix die Schulbank gedrückt hatte. Und dass das Verschwinden von Fremdens kleinem Bruder noch heute Thema bei Klassentreffen war. Überrascht, dass solch eine unerwartete Verbindung zwischen ihnen existierte, wechselte Fremden das Thema.
    Â»Mir ist über Herrn Bruckner zu Ohren gekommen, dass der Täter ein Geständnis abgelegt hat.«
    Born nickte. »Im Grunde ist es eine ziemlich düstere und deprimierende Geschichte, die Alexander Nowak bei uns zu Protokoll gegeben hat.« Er berichtete, wie der Täter von den drei

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