Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
mitbekommen.« Jackie starrte nur voller Entsetzen auf die Waffe in Gregs Hand. »Nein? Haben Sie Ihre Zunge verschluckt? Na, macht nichts. Ich würde Sie jedenfalls beide bitten, jetzt schön brav Platz zu nehmen und sich ruhig zu verhalten, damit wir uns darüber unterhalten können, wie es weitergeht. Okay?«
Greg deutete auf einen freien Stuhl am Küchentisch, und Logan ließ sich widerstrebend darauf nieder. Er versuchte, nicht zusammenzuzucken, als der Lauf der Pistole in sein Ohr gestoßen wurde und sie Isobel aufforderten, seine Hände mit den Kabelbindern, die auf dem Frühstückstresen lagen, an den Stuhl zu fesseln. Sie schlang sie ihm extra locker um die Handgelenke, mit genügend Luft, sodass Logan sich mühelos hätte befreien können. Aber Chibs Lustknabe packte das Ende und riss an dem Plastikband, zog es so fest zusammen, dass Logan vor Schmerz die Luft durch die Zähne einsog.
Jackie wankte rückwärts in die Ecke mit dem Weinregal, die Hände vor den Mund geschlagen, Tränen in den Augen, und wimmerte ununterbrochen: »O Gott, nein. O Gott, nein. O Gott, nein …«
»Fangen wir an«, sagte Chib. Er riss Colins linken Arm hoch, verdrehte ihn und drückte das Handgelenk nach hinten, sodass Colin die Hand nicht mehr bewegen konnte. Die Verbände an Colins Händen waren entfernt worden, und man sah die angenähten Fingerglieder, wunde Fleischklumpen auf den geschwollenen, verfärbten Stümpfen. Die Nahtstellen zwischen den aneinandergefügten Fingergliedern waren deutlich zu erkennen, die Haut, die um die Stiche entzündet war, in Falten gezogen. Chib öffnete die Drahtzange und klemmte eines der angenähten Fingerglieder ein. »Nur damit wir auch alle wissen, dass wir hier keine Spielchen spielen …« Er ächzte vor Anstrengung, als er die Zange zusammendrückte und drehte, bis er das Stück Finger von Colins Hand abgetrennt hatte und die Naht riss. Frisches Blut quoll aus der zerfetzten Wunde, und Colin schrie in seinen Knebel hinein. Lächelnd ging Chib zu dem Treteimer in der Ecke, trat auf den Hebel und warf das Fingerstück zu den Eierschalen. »Das war ja noch einfach; wenn wir erst mit der Schere ranmüssen, gibt’s wieder eine Riesensauerei.«
Isobel saß am Küchentisch neben Logan, die Augen glasig, das Gesicht blass wie Marmor. Die Tränen strömten über ihre Wangen, als Greg ihre Hände an den Stuhl fesselte, wie er es bei Logan getan hatte.
»Tja, das war ja nur ein einziges kleines Stückchen Finger. Colin hat immer noch – na – vier ganze Finger, und dann all die Stümpfe …« Chibs Lippen bewegten sich stumm, während er rechnete. »Noch dreiundzwanzig Teile übrig! Mein Gott, wir könnten noch Stunden hier sein, was?«
Logan versuchte, seine Stimme ruhig und beherrscht klingen zu lassen, und es gelang ihm fast. »Das bringt doch gar nichts, Chib; wieso –«
»Nein – ich heiße Brendan, nicht ›Chib‹: BRENDAN .« Chib nickte, und etwas Hartes krachte in Logans Schläfe. Der Schmerz schien ihm den Schädel spalten zu wollen, und Blut rann ihm übers Gesicht. »›Chib‹ ist so ein kindischer Spitzname, finden Sie nicht?« Er rückte seinen Schlips gerade und setzte wieder sein gelassenes Lächeln auf. »Entgegen der landläufigen Ansicht erreicht man mit Folter und sinnloser Gewalt sehr wohl etwas. Sehen Sie, wenn wir hier fertig sind, wird man das finden, was dann noch von Ihnen übrig ist, und dann werden alle wissen, dass man sich mit uns nicht anlegt. Das wird dafür sorgen, dass die Junkies und Pusher und Huren nicht aus der Reihe tanzen. Angst kann unheimlich motivierend wirken.«
»So halten Sie wohl auch Ihren kleinen Lustknaben hier unter Kontrolle, nicht wahr?«, stieß Logan mit zusammengebissenen Zähnen hervor. »Indem Sie ihm ab und zu eine Tracht Prügel verpassen? Und ihm beibringen, dass es nicht in Ordnung ist, an kleinen Kindern rumzufummeln?«
» ER IST KEIN KINDERSCHÄNDER !« Chib stürzte auf Logan zu und rammte ihm die Faust ins Gesicht. Logans Kopf wurde nach hinten gerissen, ihm wurde schwarz vor Augen, und sein Schädel dröhnte. »Verstanden? Ich sag’s nicht noch mal, verdammt! «
Logan kippte auf seinem Stuhl nach vorne. Blut troff ihm aus dem Mund, und die Konturen des Raums zuckten im Rhythmus des Hämmerns in seinem Kopf. Vielleicht war es ja doch keine so gute Idee gewesen, Chib zu provozieren. Der Edinburgher Gangster packte Logan an den Haaren, riss seinen Kopf hoch und schrie ihm ins Gesicht: »Willst du mal einen echten
Weitere Kostenlose Bücher