Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
sagte er schließlich, »Sie sehen jetzt erst mal zu, dass Sie nach Hause kommen.« Er deutete auf Jackie, die noch immer auf dem Beifahrersitz des Streifenwagens döste. »Und nehmen Sie Ihr Dornröschen mit. Wir sehen uns morgen um Punkt zwölf. Es wird eine offizielle Untersuchung des Vorfalls geben müssen.« Noch ein Lakritzröllchen verschwand in seinem Mund. »Man wird wissen wollen, was Sie alle hier draußen zu suchen hatten.«
Logan errötete. »Nun ja, das kann ich erklären, ich –«
Insch brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. Seine Miene war kalt und unbewegt. »Nein, ich will es gar nicht wissen. Aber Sie sollten lieber beten, dass Ihre Version der Ereignisse wasserdicht ist. Maitland wurde im Dienst angeschossen – aber wenn das hier irgendeine unausgegorene inoffizielle Operation war, dann sind Sie erledigt.«
Ein Streifenwagen setzte sie in der Union Grove ab, damit sie von dort mit dem Einsatzfahrzeug, mit dem Jackie gekommen war, zum Präsidium zurückfahren konnten. Von Oma Kennedys Haus war nicht mehr viel übrig. Die beiden oberen Stockwerke waren total zerstört, nur noch ein leeres Gerippe aus Granitmauern und verkohlten Balken; das Dach teilweise eingestürzt. Dass man sie als Drogendealerin verhaftet hatte, war vermutlich der größte Glücksfall im Leben der alten Dame – andernfalls wäre sie jetzt tot.
Logan zwängte sich hinters Steuer, aber Jackie forderte ihn auf, seinen Hintern auf den Beifahrersitz zu wuchten. Er könne unmöglich fahren. »Aber das ist doch schon ewig her, ich –«
»Ist mir egal. Das fehlt uns noch, dass du zu allem noch eine Verwarnung wegen Alkohol am Steuer kassierst.« Sie ließ den Motor an, kämpfte mit dem Gurt und verzog gequält das Gesicht, bis es endlich klickte. »Weiß Insch, dass du vorher gesoffen hast?«
»Glaub ich nicht … Jedenfalls hat er nichts gesagt.«
»Gut.« Sie fuhr los und schlug den Weg zurück ins Zentrum ein. »Was hast du ihm erzählt?«
»Alles … Na ja, außer der Sache mit Colins Fingern und der Tatsache, dass wir ohne jede offizielle Genehmigung Chibs Haus observiert haben. Ich dachte mir, das kommt wahrscheinlich nicht so toll an.«
Jackie stöhnte und bog in die Holburn Street ein. »Warum haben wir uns bloß von dir zu diesem Wahnsinn überreden lassen?«
Logan sackte in seinem Sitz zusammen. »Vielen Dank«, sagte er. »Hätte ja sein können, dass ich mich noch nicht beschissen genug fühle.« Er schaltete den Polizeifunk ein, in der Hoffnung, etwas Neues über die Fahndung oder über Steves Zustand zu erfahren. Nichts. Er zog das Handy heraus und rief in der Notaufnahme an. Constable Jacobs war im OP, sein Zustand kritisch. In ein paar Stunden würden sie mehr wissen.
Logan lehnte den Kopf an das kühle Glas des Beifahrerfensters. Was für ein fantastischer Tag: Morgens war er auf der Beerdigung eines Mannes gewesen, der durch seine Schuld erschossen worden war; am Nachmittag hatte er einen Serienkiller geschnappt; am Abend hatte jemand anderer sich dafür feiern lassen; und jetzt hatte er wieder die Aufsicht gehabt, als jemand eine Kugel abgekriegt hatte. Wirklich ein ganz, ganz fantastischer Tag. Und nebenbei hatte er noch erfahren, dass er dafür verantwortlich war, dass einem befreundeten Journalisten die Finger abgeschnitten worden waren. Kein Wunder, dass sie ihn in DI Steels Versagerclub gesteckt hatten – da gehörte er auch hin. Apropos Steel, das könnte er ja gleich auch noch hinter sich bringen … Er griff wieder zum Handy und hörte DI Steels Nachrichten ab – und wurde mit jeder noch ein bisschen depressiver. »Logan, wo zum Teufel stecken Sie? Pressekonferenz in einer halben Stunde – seien Sie pünktlich!« Piiiiiep. »Ich bin’s noch mal – was ist, schmollen Sie schon wieder? Na los, setzen Sie Ihren Arsch in Bewegung, der Oberchef will, dass Sie ’ne Rede halten oder so was in der Art.« Piiiiiep. »Noch zehn Minuten – wo sind Sie, Mann? Hören Sie, ich verzeihe Ihnen alles, okay? Jetzt schauen Sie, dass Sie hier antanzen!« Piiiiiep. »Mein Gott, Logan, müssen Sie sich immer so verdammt primadonnenhaft aufführen? Nun kommen Sie schon!« Piiiiiep. Und so weiter und so fort. Die letzte Nachricht war nur ein schroffes: »Ich hoffe, Sie haben eine verdammt gute Ausrede für Ihr Nichterscheinen!« Weit davon entfernt, ihm den ganzen Ruhm stehlen zu wollen, hatte sie im Gegenteil alles versucht, um ihm seine fünf Minuten im Rampenlicht zu verschaffen. »Wunderbar.« Er
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