Die Stunde des Verfuehrers
anrühren. Pascal verzog das Gesicht. Allein sie anzusehen, entfachte seine Lust. Dennoch musste er es schaffen. Er gab keine andere Möglichkeit, ihr seine Aufrichtigkeit zu beweisen.
Als Alana am nächsten Morgen aufwachte, stellte sie fest, dass sie nur noch ihre Unterwäsche trug. Die Uhr zeigte bereits zehn. Sie hatte den ganzen Abend und die ganze Nacht durchgeschlafen. Pascal hatte sie ausgezogen? Und sogar das hatte sie verschlafen?
Sie duschte und zog sich an. Wider Erwarten fand sie in der Küche keine Notiz vor. Erschrocken fuhr sie zusammen, als auf einmal die Tür zu Pascals Arbeitszimmer geöffnet wurde. Pascal stand auf der Schwelle. Er trug wieder sein übliches Outfit – nichts erinnerte mehr an den verschwitzen Sportler, der mit Ghettokindern Rugby spielte.
Unschlüssig verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Tut mir leid, dass ich eingeschlafen bin. Der gestrige Tag hat mich anscheinend mehr erschöpft, als ich gedacht habe. Das muss an der Schwangerschaft liegen.“
„Ich bin derjenige, der sich entschuldigen muss“, überraschte er sie. „Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass du den ganzen Tag auf einer kalten Bank sitzt. Du hättest dich erkälten können. Wir sollten unbedingt deine Ärztin aufsuchen. Nur für alle Fälle. Ich wollte sie gerade anrufen und fragen, wann sie einen Termin für uns hat.“
Alana konnte nicht anders, sie musste lachen. Die Anspannung, die sie gerade noch Pascal gegenüber empfunden hatte, war wie weggeblasen. „Das ist doch Unsinn, Pascal! Wir Iren sind abgehärtet und widerstandsfähig. Ein paar Stunden auf einer kalten Bank zu sitzen, wird weder frühzeitige Wehen, noch eine Lungenentzündung auslösen.“
„Trotzdem …“ Sie rollte mit den Augen, griff nach seiner Hand und legte sie auf ihre Stirn. „Hier, siehst du? Kein Fieber. Nicht krank.“
Seine Hand fühlte sich warm und stark an. Ihr Körper reagierte sofort. Hastig zog sie seine Hand von ihrer Stirn und trat einen Schritt zurück, um Distanz zwischen ihn und sich zu bringen. Auf Pascal schien die Berührung absolut keinen Eindruck gemacht zu haben.
Dafür wirkte er zufrieden und schien ihr endlich zu glauben, dass alles in Ordnung war. Er ging zurück in sein Arbeitszimmer. „Ich habe einige Besichtigungstermine für uns arrangiert“, rief er ihr über die Schulter hinweg zu.
Froh über die Ablenkung, folgte Alana ihm. „Termine? Was meinst du damit?“
Zum ersten Mal betrat sie sein Arbeitszimmer. Neugierig sah sie sich um. In Regalen, die vom Boden bis zur Decke reichten, stapelten sich unzählige Bücher. In einer Ecke stand ein größerer Tisch, an dem er manchmal Besprechungen abhielt, wie er ihr erzählt hatte.
Er war um seinen Schreibtisch herumgegangen und bedeutete ihr, vor dem Computerbildschirm Platz zu nehmen.
Ein wenig unsicher folgte sie der Aufforderung. Er drückte auf eine Taste, die Internetseite eines Immobilienmaklers erschien.
„Das alles sind Häuser und Apartments in und um Montmartre, die zum Verkauf stehen. Du hast erwähnt, dass du das Viertel magst.“
„Ich … ja, ich weiß, aber … ich verstehe nicht ganz. Warum soll ich mir die Bilder anschauen?“
„Ich glaube nicht, dass dieses Apartment der ideale Ort für ein Baby ist, meinst du nicht auch? Natürlich, es gibt den Aufzug, aber wir befinden uns immerhin im obersten Stockwerk. Außerdem ist es nicht kindgerecht ausgestattet.“
Alana zuckte zurück. Das flaue Gefühl in ihrem Magen meldete sich wieder. Sie konnte sich vorstellen, dass ihm ein Baby in seinem Apartment nicht passte. Alles in dieser Wohnung schrie: Junggeselle. Hier war kein Platz für ein Baby. Doch die Schnelligkeit, mit der er sie vertrieb, erschütterte sie so sehr, dass sie ihm nur zustimmen konnte. „Vermutlich hast du recht.“
„Gut. Deshalb habe ich für heute einige Besichtigungen verabredet, wenn das okay für dich ist?“ Er wartete eine Antwort gar nicht erst ab, sondern griff nach ihrer Hand und zog Alana aus dem Arbeitszimmer. „Jetzt solltest du aber noch frühstücken. Danach machen wir uns auf den Weg.“
Am Abend drehte Alana sich der Kopf. Sie hatte charmante Apartments im Art-déco-Stil im Latin Quarter gesehen, wunderschöne Stadthäuser in Montmartre mit idyllischen Gärten auf der Rückseite, luftige Studios in der Nähe des Eiffel-Turms. Alle hatten sie eines gemeinsam, sie waren luxuriös und unglaublich teuer. Als sie Pascal darauf ansprach, hatte er nur abgewunken und den Makler gefragt,
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